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0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

Titel: 0,1 % - Das Imperium der Milliardäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Jürgen Krysmanski
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dem steht irgendwie der Gedanke, dass die Souveränität der Aristokratie sich auf die Privatheit der Kapitaleigentümer übertragen habe.
    Auch in den Sozialwissenschaften ist Refeudalisierung wieder einmal zum Thema geworden. Das liegt unter anderem daran, dass Kapital in der Phase seiner »ursprünglichen Akkumulation« auf die Aneignung nichtkapitalistischer Werte, beispielsweise die Kreditierung feudalen Grundbesitzes, angewiesen war. Solche Landnahmen haben unter den Bedingungen der Globalisierung für das heutige Wealth-Management wieder Konjunktur. Und vor diesem Hintergrund ist die Debatte um eine Refeudalisierung auch an die Aussicht gebunden, dass die kapitalistische Dynamik nach der finalen Landnahme in Gestalt der Aneignung des ganzen Planeten endgültig an ihre Grenzen stoßen wird. 30 Was nach diesen Formen einesNeofeudalismus kommt, ist offen. Man kann, wie Immanuel Wallerstein, ein paar Jahrzehnte des Chaos erwarten. Man kann wie Antonio Negri, Fredric Jameson und viele andere mehr auf ein nicht vorhersehbares Ereignis, eine »Singularität«, hoffen, in der sich das alles schlagartig verändert. Milliardäre aus dem Silicon Valley haben schon eine Singularity University finanziert (siehe Seite 242 ff.).
    Sanfte Lehnsherren
    Schon Jürgen Habermas hatte die Verwerfungen der bürgerlichen Öffentlichkeit durch Medienmonopole und so weiter als Refeudalisierung bezeichnet. Auch für Norbert Elias leben Elemente der »höfischen Gesellschaft« mit ihrem Kult der Einmaligkeit und Zelebrität in der modernen Zivilisation weiter. Und wie kann man heute die soziale und kulturelle Dominanz der Geldelite über den zerfallenden Mittelstand und die Heere landloser Armer besser verkaufen als mit Hilfe von Kronen und Krönchen? Der Soziologe Sighard Neckel, der Refeudalisierung zu seinem Thema macht, sagt dazu in einem Interview: »Der Finanzkapitalismus bringt eine Oberschicht hervor, die wie der frühere Adel jeder gesellschaftlichen Konkurrenz enthoben ist. Im bürgerlichen Kapitalismus standen die Klassen stets in wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnissen. Der moderne Geldadel aber existiert ohne Abhängigkeit von einer produzierenden Klasse. Es gibt eine Refeudalisierung gesellschaftlicher Strukturen im Finanzmarktkapitalismus. Natürlich gibt es keine Rückkehr zum Adel mit gepuderten Perücken. Mit dem Begriff Refeudalisierung will ich verdeutlichen, dass es in der gesellschaftlichen Bewegung ›nach vorne‹ zugleich auch eine ›zurück‹ geben kann. Modernisierungen bringen nicht immer ›Neues‹ hervor, sondern führen häufig genug zur Wiederkehr älterer Muster unter veränderten Vorzeichen.« 31
    Auch zu den vieldiskutierten Bilderberg-Konferenzen könnte man in diesem Zusammenhang einiges sagen. Die Bilderberger haben eine interessante Geschichte. Es ging ja in den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts darum, nach den disruptiven Kriegsgeschehnissen neue transatlantische Netzwerke unauffälliger privaterMachtausübung aufzubauen. So unterschiedliche Akteure wie der europäische Adel, große Konzerne (zum Beispiel Unilever), Bankenvertreter, die Superreichen und natürlich auch das politische, wissenschaftliche und journalistische Dienstpersonal mussten wieder miteinander ins Gespräch gebracht werden. Damals gab es anders als heute ja erst wenige solcher informellen, bestenfalls halböffentlichen Foren, die der politischen, ökonomischen und kulturellen Entscheidungsvorbereitung dienen konnten. Die ersten Bilderberg-Konferenzen – Gastgeber und auch »Motor« war Prinz Bernhard der Niederlande – hatten also weniger mit Verschwörung als mit ganz einfachen Gesetzmäßigkeiten des Machthandelns zu tun. Auch im geopolitischen Raum interagieren ja nicht »Freiheit«, »Demokratie«, »Neoliberalismus« oder »Sozialismus«, sondern Menschen, handelnde Individuen, die natürlich nicht auf das ganze historisch gewachsene Arsenal von Kommunikationsmöglichkeiten – und dazu gehören auch Geheimgespräche, Salons, »Geheimgesellschaften« – verzichten möchten. Unter dem Aspekt des »Kennenlernens« der verschiedenen Teileliten sind die Bilderberger dann etwas völlig Normales und wirklich nicht so wichtig. Eher sollte man viele Bilderbergs schaffen und das alles voltairemäßig öffnen.
    Denn in diesem ganzen Gewese stecken ja auch Überwindungspotentiale. Warum sollte beispielsweise die regionale Zeitungspflege nach Gutsherrenart, die Warren Buffett betreibt, nicht auch

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