01 - Der Ring der Nibelungen
sprach sie laut gegen die vielen Stimmen des Sturms an. »Du wirst mich wieder verlassen, so, wie du mich für Fafnir und Hjalmar verlassen hast.« Der Regen, der an ihrem Gesicht herablief, war wie Tränen ohne Salz, ohne Trauer.
Er sank neben ihr auf die Knie. »Und jedes Mal brach mein Herz mehr dabei. Aber Gunther bat mich . . . «
Sie legte die rechte Hand auf seine Lippen, um jede Erklärung abzuweisen. »Ich bin nicht hier, um dich zu schelten, noch um dich von der Erfüllung deines Versprechens abzuhalten.«
Er merkte, wie ihre linke Hand sich in sein Hemd krallte und ihn langsam zu sich zog. »Ich will nur wissen, ob du zum dritten Mal von mir gehst, ohne mich zu deiner Königin zu machen.«
Es folgte ein Kuss, der endlich kein Abschied war. Ihre Lippen entzündeten ein Feuer, den kein Regen mehr löschen konnte. Kriemhilds Finger krallten sich in seine Arme, und er zerrte grob an den Riemen ihres Kleides. Sie bäumte sich ihm entgegen, und als er den nassen Stoff von ihren Schultern zog, trank sein Mund bereits das Wasser von ihrem Nacken. Ihre Hände zerrten an seinem nassen Haar, als wollten sie ihn an Orte führen, die er mit seinen Lippen selber fand.
Ein Hunger, der sie beide umgetrieben hatte, musste nun befriedigt werden. Es war nicht Zeit für lange Spiele mit der Lust, die bereits unerträglich war. Der Kleider entledigt, sah Siegfried nur kurz auf den nassen und zitternden Körper seiner Geliebten, der sich auf dem Moos im Regen wand. Auch Kriemhild war zu sehr in Leidenschaft gefan gen, um den muskulösen Körper, der sich kraftvoll über sie beugte, mehr als einen Augenblick lang zu bewundern, bis sie ihn an sich zerrte.
Siegfried umschlang sie mit den Armen und hob sie hoch auf die Füße. Die feucht schabende Rinde im Rücken war für die Prinzessin wie Zähne in hundert Mündern, die sich in ihr Fleisch verbissen. Sie lehnte sich gegen den Baum, und Siegfrieds warmer Körper presste sich an sie. Sie spürte seinen Willen, seine Kraft und sein Verlangen, im Geben so wild, wie sie selbst im Nehmen war.
Die Blitze schienen nun direkt durch ihre Körper zu fahren, sie voranpeitschend, aufladend, verbrennend. Kriemhilds Schreie gingen im Donnergrollen unter, und der Regen trug das Blut ihrer Liebe in den Wald davon.
Sie waren Wasser und Fleisch. Bereits am Ziel, suchten sie verzweifelt und gierig noch mehr, tief in ihren Körpern und in ihren Augen. Finger fanden zarte Stellen, und Zähne bissen weiche Haut. Und als sich der lustvolle Kampf dem letzten Donner ergab, sanken sie aneinander zu Boden. Salzige Tränen lösten sich im Regen auf.
Sie waren nass auf nassem Grund und doch von der gegenseitigen Liebe gewärmt, die aus der Glut des Verlangens nachschwelte. Kriemhild lag an Siegfrieds Brust, den Kopf auf seine rechte Schulter gelegt und mit den Fingern seinen Körper streichelnd, als müsse sie jede bisher ungekannte Stelle vorsichtig erkunden.
»Bist du nun meine Königin?«, fragte er nach einer Weile, den Blick zum Himmel gerichtet.
»Deine Königin, deine Frau, deine Sklavin«, flüsterte die Prinzessin. »Vom ersten Tag bis zu meinem letzten.«
Er küsste sacht ihre Stirn. »Vom ersten Tag bis zum letzten - wo auch immer ich bin.«
Sie schluckte schwer. »Ich hatte gehofft, die Erfüllung unserer Liebe würde es einfacher machen, dich ziehen zu lassen. Doch nun spüre ich schon Schmerz nur beim Gedanken.«
»Mir geht es nicht anders«, gestand Siegfried.
Sie lächelte mit feuchten Augen. »Der unbesiegbare Held, den keine Klinge schneiden kann, leidet am Herzen? Wie kann das sein?«
Er lächelte ebenfalls. »Nur mein Körper lässt sich nicht verwunden. Fafnirs Blut habe ich es zu verdanken.«
Neugier stahl sich in ihren Blick. »Dann ist mein König unbesiegbar, was auch geschieht?«
Siegfried stemmte sich ein wenig in die Höhe und drehte den Kopf, um einen Blick auf die Stelle unter der Schulter zu erhaschen, an der feine Narben heilten. »Nur hier scheint's nicht gewirkt zu haben. Eine Schuppe des Biests deckte das Fleisch ab.«
Kriemhild küsste den Fleck, ihre Zunge spielte daran, und schließlich biss sie zärtlich zu, dass Blut ihre weißen Zähne befleckte. Siegfried drückte sie lachend von sich, doch nur ein wenig. »Wenn du mich bluten sehen willst, dann sprich nur ein böses Wort, und es wird aus meiner Seele sprudeln.«
Sie drückte ihn sanft zu Boden. »Niemals will ich mit dir streiten. Und niemals mehr dich gehen lassen.«
»Für jeden anderen
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