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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und er hatte sie genommen, ohne ihr dabei in die Augen zu sehen. Es mochte bei Hofe angesehen sein, aber es fühlte sich dennoch falsch an. Er wollte das Herz der Prinzessin nicht als Lohn, sondern als Geschenk. Es tröstete ihn nur wenig, dass sie ihm nie Zweifel an der Wahrhaftigkeit ihrer Liebe gelassen hatte.
    Er fragte sich, wie sie ihn empfangen würde, wenn er ihr gegenübertrat. Hatte man sie überhaupt schon benachrichtigt?
    Siegfried entschloss sich, dem Unbehagen ein Ende zu bereiten, indem er sofort mit Kriemhild sprach. Zwar hätte er lieber einen Bären mit bloßen Händen zu Boden gerungen, aber er wollte zu seiner künftigen Frau aufrichtig sein.
    Eigentlich hatte er gedacht, sie in ihren Gemächern vorzufinden, aber schon als er den Burghof betrat, sah er ihre schlanke Gestalt. Sie sprang gerade mit erstaunlicher Anmut auf den Rücken eines Pferdes, und der Stallmeister reichte ihr die Zügel eines zweiten. Sie sah Siegfried und ritt langsam auf ihn zu. Dann bot sie ihm die Zügel des anderen Pferdes. »Ich hörte, wir sind einander versprochen. Hat mein zukünftiger Gemahl Zeit, mit mir auszureiten?«
    Ihre Stimme verriet weder Empörung noch Freude, nur eine gefasste Gelassenheit, und ihr Blick war ein Geheimnis.
    Siegfried sah stirnrunzelnd zum Himmel auf, der mit Blitz und Donner drohte, wagte aber nicht, die Gelegenheit verstreichen zu lassen: »Mit Freuden.«
    Er saß noch nicht ganz auf der reich verzierten Decke, als Kriemhild bereits vorpreschte und ihr Pferd durch das Burgtor trieb, als gelte es, mit dem Wind mitzuhalten. Gleich hinter dem Tor bog sie nach Westen ab und auf die Wälder zu. Erde spritzte unter den Hufen, und Zweige streichelten mit ihren Blättern Kriemhilds Gesicht.
    Siegfried mühte sich nach Kräften, der Prinzessin zu folgen. Seine Haltung war bei weitem nicht so elegant, und immer wieder riss er hastig an den Lederriemen in seiner Hand, um das Tier unter sich vor dem Sturz zu bewahren.
    Er spürte kühl und stechend, wie die ersten Tropfen sein Gesicht trafen, als sie die Burg hinter sich ließen. In der Ferne grollte Donner. Es wäre klüger gewesen, das Gewitter bei Hofe abzuwarten, doch er hatte nicht die Absicht, Kriemhild davonkommen zu lassen, wo er Fafnir und Hjalmar gestellt hatte.
    Die Blitze erhellten nun den trüben Vormittag, und als sie das Wolkenmeer durchzuckten, ergoss sich aus den Wunden eine wütende Flut, die prasselnd die Erde suchte. Kaum drei Herzschlage später war Siegfried durchnässt, die Erde nur noch Schlamm, und jedes Wort, das er zu schreien suchte, ein Schluck Wasser aus dem Horn.
    Kriemhild schien es nicht zu stören, und sie trieb ihr Pferd noch weiter an, tiefer in den Wald. Sie übersprang Hindernisse auf dem Weg, die Siegfried vorsichtig umreiten musste, und schnell wurde ihre Gestalt ein Schemen im Regen, ein sich entfernender Schatten. Er verlor sie aus den Augen, fand sie wieder, nur um gleich darauf wütend anzuhalten und sich verwirrt im Kreis zu drehen.
    Es war nicht nur die Unvernunft, die ihn ärgerte. Es war das Spiel, das sie trieb. Er hatte wenig übrig für solche Narreteien, wenn ernste Dinge zu besprechen waren. Dinge wie Liebe und Heirat.
    Fast schon war er so weit, umzudrehen, aber dann sah er sie wieder. Das Pferd hatte Kriemhild ein paar Schritte abseits des Weges angebunden, und unter dem Blätterdach einer riesigen Eiche saß sie geschützt auf weichem Moos, den Rücken an den Stamm gelehnt. Ihr helles Kleid klammerte sich zitternd an ihren Körper, und ein Reif um die Stirn hielt das nasse, strähnige Haar. Immer wieder peitschten Blitze zu Boden, die ihre helle Haut aufleuchten ließen.
    Es war ein Anblick, der in Liedern nicht zu besingen war und der Siegfried jeden Groll nahm, den er auf dem Ritt gesammelt hatte.
    Der Platz unter der Eiche war wie ein heiliger Hain, den er nicht zu betreten wagte, und so stand der Schmied und König im Regen, Wasser wie Bäche über die Muskeln rinnend.
    Für eine Weile sah Kriemhild ihn an, schwer atmend von dem Ritt. Blitz und Donner ließen Siegfried riesig erscheinen, wie einen Krieger Gottes, der den Zorn des Herrn brachte. Ein Krieger, der sich alles nehmen konnte und dennoch nichts zu fordern wagte.
    Sie streckte ihre Hand aus. »Komm zu mir.«
    Siegfried machte zwei, drei unsichere Schritte, begleitet vom Krachen eines nahen Baums, der unter einem Blitz zerbarst.
    »Du wirst mit Gunther nach Island reisen, um an seiner Seite zu sein, wenn er um die Königin wirbt«,

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