Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Siegfried als auch Hagen waren sich dessen bewusst. Kaum hatte der Mast das Deck berührt, zog die Hand des alten Ratgebers auch schon einen Dolch und durchschnitt das Leder, das ihn band.
    »Nein!« Siegfried schrie gegen den Sturm, doch Hagen warf sich in den Wind und auf das Ruder zu. Es war ein Kriechen und Springen, ein Tasten und Stolpern. Um das Steuerruder wieder unter Kontrolle zu bekommen, musste er über die Reste des Segels und des Masts klettern, was seinen Schritt noch zusätzlich verunsicherte. Jede Böe konnte ihn davonreißen.
    Siegfried hatte schnell die eigene Klinge in der Hand, um ebenfalls der Gefahr zu trotzen. Er hielt den Körper geduckt, als er im peitschenden Regen versuchte, sich zum Heck des Schiffes zu kämpfen. Hagen war ihm voraus und vom Steuerruder nur noch ein paar Schritte entfernt. Der eiserne Wille trieb Kraft in seine alten Muskeln, und er richtete den hageren Leib auf, um das schlingernde Holz zu packen.
    Er sah weder die Welle, die von der Breitseite her gegen das Schiff schlug, noch den losgerissenen Mast, der wie aus einem Katapult geschossen über das Deck auf ihn zuflog.
    Es war keine Zeit mehr, den alten Mann zu warnen oder ihn aus der Bahn zu stoßen. Siegfrieds Gegner war das Holz selbst, und er stellte sich ihm mutig in den Weg. Die rechte Schulter senkte er und drehte den Kopf nach links weg, damit der Mast ihn am starken Nacken traf, wie einen Sack Mehl, den man zum Transport auflegte. Im Licht eines neugierigen Doppelblitzes sah Hagen von Tronje, wie Siegfried von Xanten das zersplitterte Holz, groß wie ein Baumstamm, gegen sich prallen ließ, und es ging ihm auf, weshalb er das tat. Der Körper des muskulösen Kriegers wurde um einige Schritte nach hinten geschoben, und er schrie wie ein sterbender Ochse, aber seine Füße blieben auf dem Boden und seine Arme packten den Mast, als müsse er ihn vor dem Sturm bewahren. Viele Splitter, spitz wie Dolche, brachen an seiner Haut, als er das Holz schließlich zur Reling schob und samt Segel in den Sturm hievte, der es gierig mitnahm.
    Siegfried klammerte sich keuchend an die Reling und warf einen Blick zu Hagen, dessen Augen aus so vielerlei Gründen Entsetzen widerspiegelten.
    Gunther kam mit zwei Ruderern an Deck, vom Geräusch berstenden Holzes aufgeschreckt. Gegen Wind und Regen kämpften sie sich zum Heck zurück, wo sie Hagens Arme entlasteten. Mit vier Mann konnten sie das Steuerruder mühsam halten, während ein neues Seil herbeigeschafft wurde.
    Gunther warf Siegfried einen dankbaren Blick zu, was Hagen nicht entging. Der Ratgeber machte sich auf den Weg unter Deck, um seine müden Knochen nicht noch weiter zu riskieren. Er fiel abseits der anderen Männer hin, kaum glücklich über sein soeben gerettetes Leben. Seine Glieder schmerzten, und seine Seele stand in Flammen.
    Wenn die Tat des Xanteners etwas deutlich gemacht hatte, dann dies: Durch welchen Pakt und welche List Siegfried auch zum Freund Burgunds gemacht werden konnte - seine Kraft ließ ihn auf immer der Erzfeind sein. Solange Siegfried lebte, dessen war sich Hagen sicher, konnte Burgund nicht in Frieden gedeihen.
    Als sei eine ungenannte Prüfung überstanden, ebbte der Sturm langsam ab. Die Wolken wurden nicht länger von Blitzen durchzuckt und schrien nicht mehr ihren Donner in die kalte Nacht. Der Regen fiel nun direkt in das Meer, ohne von Wirbelwinden über die Wellen getrieben zu werden. Dafür wurde es fast schlagartig kälter, und aus Tropfen wurden bald beißende Perlen. Der Atem stand den Männern vor dem Mund, und die Nässe in ihrer Kleidung wurde schnell zu Eis.
    Gunther gesellte sich zu seinem Freund, der erschöpft an der Reling stand. »Man kann mein Gespür als König kaum in Frage stellen - wieder einmal hast du dich an meiner Seite bewährt.«
    Siegfried sah ihn an und lächelte müde. »Alles für Burgund.«
    Er sprach vom Reich und meinte doch Kriemhild.
    »Ich will nur hoffen, dass diese Brunhilde die Mühen wert ist«, meinte Gunther. »Ich bin ja gerne bereit, um ihre Gunst zu kämpfen - aber wenigstens zur Arena sollte man mich lassen.«
    Der künftige König von Xanten legte ihm den Arm auf die Schulter. »Und müsste ich das Schiff hinter mir herziehen - ich bringe euch nach Island und zurück.«
    Gunther sah sich um, und Sorgenfalten gruben sich in seine Stirn.
    »Was ist?«, fragte Siegfried.
    Der König presste die Kiefer aufeinander. »Unser zweites Schiff ist fort.«
     
    Ein Horn wurde geblasen, dann noch eins und

Weitere Kostenlose Bücher