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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Er dachte einen Moment lang daran, Nothung wegzuwerfen und um sein Leben zu laufen. Aber selbst in bester Form waren seine Beine dem Feuerodem seines Gegners unterlegen.
    Fafnir brüllte, der faulige Atem so stürmisch, dass Siegfried fast zu Boden fiel. Es war ein Siegesschrei, die Verkündung des Todesurteils. Die Kiefer des Drachen schlossen sich langsam, während sich im Innern des Schädels die Flammen sammelten.
    Einer Eingebung folgend und seine gewisslich letzte Chance nutzend, sprang Siegfried nach vorn, direkt auf den Rachen des Untiers zu. Ein schneller Hieb des Schwerts durchteilte an beiden Seiten des Mauls Haut und Muskeln, wo die Kiefer sich trafen. Es gelang Siegfried, seinen ganzen Körper wie zur Speise in die Schnauze des Drachen zu schieben, die rechte Schulter gegen den Gaumen drückend, beide Beine weich in die Zunge gestemmt.
    Schmerz und Überraschung ließen Fafnir das Maul wieder aufreißen, und der junge Krieger konnte sich fast zu voller Größe darin aufrichten. Wie ein quer liegender Knochen sperrte er die Kiefer des Lindwurms.
    Speichel, Reste faulenden Fleisches und von Würmern übersäte Reißzähne waren alles, was Siegfried sehen und riechen konnte. Tief in Fafnirs Rachen meinte er, das Schlagen des Drachenherzens zu hören.
    »Das Maul musst du pressen, um Flammen zu gebären, richtig?«, schrie er.
    Doch die blutenden Kiefer des Ungeheuers waren stark, immer noch stärker als jeder Mann, der sie forderte. Siegfried spürte, wie seine Waden zitterten und die Beine nachgaben. Ihm blieben nur noch wenige Herzschläge, wenn überhaupt.
    »Du magst die Gecken von Burgund gefressen haben«, knurrte er ächzend, »aber den Sohn Xantens werden deine Säfte nicht verdauen!« Er nahm Nothung und klemmte den Griff mühsam zwischen seine Füße, die Klinge nach oben zeigend. Er wartete genau so lange, bis Fafnir das Maul weit genug geschlossen hatte, dass die Spitze des Schwerts den Gaumen ritzte. Dann gab Siegfried den Widerstand auf und drückte sich rückwärts aus dem Drachenschlund.
    Fafnir merkte, dass seine Mahlzeit ihm entkam, und mühte sich, die Kiefer zu schließen - sei es, um Siegfrieds Körper zu zermalmen oder um den Kampf endlich durch einen weiteren Feuerstoß zu beenden. Doch Nothung tat den Dienst, den Siegfried ihm zugedacht hatte, und stach schmerzhaft in das Fleisch des Drachen.
    Der Krieger nutzte nun die Gunst des Augenblicks und sprang nicht etwa vom Kopf des Untiers zurück zum Boden. Stattdessen stellte er die Füße gegen die Hauer des Unterkiefers, während seine nun freien Hände das weiche Fleisch der Nüstern packten.
    Hätte das einsame Duell einen Beobachter gehabt, dieser wäre sicherlich von dem erstaunlichen Bild, das sich ihm bot, am Platze versteinert - Siegfried hockte auf der Schnauze des Drachen, der weder zuschnappen noch Feuer speien konnte, und verhöhnte die Geißel Burgunds nach Kräften. »Fafnir, war das dein ganzes Aufgebot?«, schrie er. »Eine Klinge und ein Schmied sind alles, was es braucht, um deine Herrschaft zu beenden?«
    Der Lindwurm wollte brüllen, beißen, Flammen spucken - doch das Schwert zwischen seinen Kiefern ließ nur ein wütendes Krächzen zu. Er warf den Kopf hin und her in dem vergeblichen Versuch, Siegfried abzuschütteln.
    »Hätte ich gewusst, dass du es mir so einfach machst, wäre ich schon vor Wochen gekommen, dich zu bezwingen«, rief Siegfried nun. Die blutenden Wunden, die schmerzenden Glieder - alles war vergessen im Rausch der Macht, die er über Fafnir besaß. Er sah dem Untier direkt in die Augen, die schwarz und rot zu flackern schienen. »Sieh mich an! Ich bin Siegfried - Drachentöter!«
    Eine dunkle Welle vibrierte durch den Drachen, der in ungezähmter Wut seinen Gegner zu vernichten trachtete. Sein Hals ruckte nach vorn, alle Stärke in die Bewegung legend, und sein Schädel prallte krachend auf den Boden.
    Ein Trick, um sich von Siegfried zu befreien - ein Fehler, den der junge Krieger genau so erhofft hatte. Als der Unterkiefer Fafnirs wie ein schwerer Hammer auf das Erdreich schlug, krallte Siegfried seine Hände mit aller Kraft in die Nüstern des Drachen.
    Fafnirs Kiefer schlossen sich endlich - und Nothungs Klinge tauchte zwischen seinen Augen auf, als würde sie aus Drachenfleisch geboren. Vom Gaumen bis zur Stirn hatte das Schwert den Kopf des Drachen von innen durchstoßen!
    Siegfried spürte endlich die Möglichkeit des Sieges, und er machte nicht den Fehler, zu früh von seinem Gegner

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