01- Die Normannenbraut
würde.
***
Pflichtbewusst aß Erin die Suppe, die ihre Mutter vorbereitet hatte, und zog sich dann in ihr Zimmer zurück. Dort war es warm und gemütlich. In einem dünnen Nachthemd setzte sie sich vor den Kamin und zog die Beine an. Sie versuchte, die Angst zu verdrängen, Olaf würde niemals kommen. Aber wäre es nicht besser, sie würde ihr Kind zum Iren erziehen - hier auf dem königlichsten Grund und Boden der ganzen Insel? Umgeben von Menschen, die sie liebten und auch ihr Baby lieben würden? Nein, sagte sie sich seufzend, mein Mann will seinen Erben haben. Und er wird kommen.
Sie malte sich aus, wie sie ihn begrüßen würde - kühl und würdevoll, in ihrer schönsten Robe, in einem weiten Umhang, mit Fuchsfell gesäumt, der ihre unförmige Gestalt verhüllen würde. Versonnen schloss sie die Augen, legte sich die Worte zurecht, die sie sagen würde. »Willkommen in Tara, mein Gemahl. Sei versichert, dass im Reich des Ard-Righ alle deine Wünsche erfüllt werden … «
Plötzlich wurde sie aus ihren Träumen gerissen und öffnete die Augen. Schritte erklangen im Flur, und dann wurde auch schon die Tür aufgerissen. Ungläubig starrte sie den Wolf von Norwegen an. Da stand er auf der Schwelle, die Hände in die Hüften gestemmt, ein königsblauer Mantel kämpfte mit dem Eisblau in seinen Augen. Wie majestätisch er in seinem Staat wirkte .
Sie sah so schutzbedürftig aus, wie sie da vor dem Kamin kauerte, die grünen Augen voller Verwirrung. Unter dem Saum ihres Hemds schauten die nackten Zehen hervor. Er wollte zu ihr laufen, sie sanft umarmen, über ihren. Bauch streichen, in dem sein Kind wuchs. Doch er konnte es nicht. Wie festgewurzelt blieb er stehen, malte sich aus, dass sie seine Berührung in kaltem Zorn erdulden würde, steif und angewidert. Sogar seine Zunge schien gelähmt zu sein. Nun hatte er eine so weite Reise hinter sich, und plötzlich vermochte er, keinen Schritt weiterzugehen.
Hastig stand Erin auf. Die Begrüßungsrede, die sie sich eben noch ausgedacht hatte, war vergessen. Bissig fuhr sie ihn an: »Soeben hast du ein irisches Königshaus betreten, mein Gemahl. Hier pflegt man anzuklopfen, ehe man Türen öffnet.«
Der Klang ihrer Stimme riss ihn sofort aus seiner Erstarrung. Spöttisch hob er die blonden Brauen. »Sogar in einem irischen Haushalt müsste die Tür der Ehefrau auch die Tür des Ehemanns sein. Aber selbst wenn es nicht so ist, musst du mir verzeihen. Wir Norweger pflegen einfach einzutreten. Wir sind nun mal ungehobelte Kerle. Aber vielleicht darf ich zu meiner Entschuldigung vorbringen, dass der irische Ard-Righ mich persönlich hierhergeleitet und beteuert hat, alle Türen seines Hauses stünden mir offen.«
Mühsam rang sie nach Atem, als er langsam auf sie zuging. »Es überrascht mich, dich hier zu sehen. Die Versammlung der Könige hat noch nicht begonnen, und die Geschäfte in Dubhlain erfordern sicher deine ganze Aufmerksamkeit.«
Sanft berührte er ihre Wange, dann wanderte seine Hand über ihr vollen Brüste und ihren gewölbten Bauch. »Ich fürchte, wir müssen vor der Regierungsversammlung nach Hause reisen.«
»Warum?« flüsterte sie unbehaglich.
»Das Baby … «
»Es kommt erst in zwei Monaten zur Welt.«
»Es war ein Fehler, dir die Reise hierher zu erlauben. In den letzten Wochen darfst du nicht mehr reiten. Deshalb müssen wir uns nun beeilen. « Plötzlich nahm seine Stimme einen rauhen Klang an. »Ich werde keinen Widerspruch dulden, Erin. Heute nacht werde ich mit deinem Vater alles Nötige bereden, und morgen früh brechen wir auf.«
Sie senkte den Blick, betrachtete Olafs Hand ‘ die noch immer auf ihrem Bauch lag, wollte gar nicht widersprechen, war unendlich froh, dass er gekommen war. Wo immer er sein mochte, sie würde ihm nur zu gern folgen.
Das Baby schien diese Freude zu teilen, denn es trat heftig gegen die Hand seines Erzeugers. Verwirrt hob Olaf den Blick zu ihrem Gesicht, und sie lächelte. »Er ist stark, unser Sohn«, meinte er leise, fast ehrfürchtig.
»Vielleicht ist es eine Tochter.«
»Nein, ein Sohn«, versicherte er im Brustton der Überzeugung, und als er sah, wie sie eine Grimasse schnitt, lachte er. Spielerisch strich er über ihr schwarzes Haar. »Ich glaube, du würdest sogar das Gegenteil behaupten, wenn ich im hellen Sonnenschein sagte, nun sei Tag.«
Da irrst du dich, wollte sie erwidern, doch sie konnte es nicht - ebenso wenig, wie sie dem Befehl ihres Herzens zu folgen vermochte, sich in
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