01 - Gnadenlos
Angelo die etwa zweieinhalb Meter auf den Grund zu versenken. Das Wasser war hier ziemlich klar, was Eddie etwas beunruhigte, bis er all die Krebse sah. In weniger als zwei Wochen würde von Angelo nichts mehr übrigbleiben. Es war ein großer Fortschritt gegenüber der Art, wie sie solche Geschäfte üblicherweise erledigten, etwas, das er sich für die Zukunft merken sollte. Das kleine Segelboot loszuwerden, würde nicht ganz so einfach sein. Er würde eine tiefere Stelle finden müssen, aber er hatte den ganzen Tag Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.
Kelly änderte den Kurs auf Steuerbord, um einer Schar Sportboote auszuweichen. Die Insel war jetzt etwa fünf Meilen voraus in Sicht. Sie machte nicht viel her, nur ein kleiner Buckel am Horizont, nicht einmal mit einem Baum, aber sie gehörte ihm und war so abgeschieden, wie es sich ein Mann nur wünschen konnte. So ziemlich der einzige Nachteil war der schlechte Fernsehempfang.
Battery Island hatte eine lange und unauffällige Geschichte. Ihr derzeitiger Name, eher ironisch als zutreffend, stammte aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert, als einige kühne Bürgerwehrler beschlossen hatten, hier an einer Engstelle in der Chesapeake Bay eine kleine Geschützbatterie gegen die Briten aufzustellen, die auf Washington, D.C., zusegelten, um die neue Nation für ihre Vermessenheit zu bestrafen, die Macht der stärksten Marine der Welt herauszufordern. Ein britischer Bataillonskommandant hatte ein paar harmlose Rauchwölkchen auf dieser Insel entdeckt und wohl eher zum Spaß als aus Böswilligkeit ein Schiff in Schußweite gebracht und dann ein paar Salven aus den Kanonen vom Unterdeck abgefeuert. Die Bürgerwehrsoldaten der Batterie hatten keine weitere Aufforderung gebraucht, um zu ihren Booten zu rennen und eiligst aufs Festland überzusetzen. Kurz darauf war ein Landungstrupp mit Teerjacken und ein paar königlichen Marinesoldaten in einer Pinne an die Küste gerudert, um Nägel in die Zündlöcher zu treiben, was als »Kanonen spicken« bezeichnet wurde. Nach dieser kurzen Ablenkung waren die Briten in aller Gemütsruhe den Patuxent River hinaufgesegelt, von wo aus ihre Armee nach Washington vorgerückt war, wo sie Dolly Madison zur Evakuierung des Weißen Hauses gezwungen hatten. Der britische Feldzug war danach auf Baltimore zumarschiert, wo die Sache dann ein ganz und gar anderes Ende genommen hatte.
Battery Island, ein eher lästiger föderaler Besitz, wurde zu einer peinlichen Fußnote in einem einzigartig sinnlosen Krieg. Ohne auch nur einen Verwalter, der die Erdbefestigungen gepflegt hätte, wucherte die Insel zu, und dabei war es fast einhundert Jahre lang geblieben.
1917 kam Nordamerikas erster echter internationaler Krieg, und die US-Marine, die sich plötzlich von U-Booten bedroht sah, brauchte einen abgelegenen Ort, um ihre Geschütze zu testen. Dafür schien Battery Island ideal, nur ein paar Dampfersrunden von Norfolk entfernt, und so hatten einige Monate lang im Herbst jenes Jahres 12- und 14-ZollSchlachtschiffgeschütze gekracht und gedonnert, bis sie schließlich fast ein Drittel der Insel unter den mittleren Ebbestand versenkt hatten, sehr zur Verärgerung der Zugvögel, die schon vor langer Zeit erkannt hatten, daß hier nie Jäger auf sie schossen. Das einzige, was sonst noch passierte, war die Versenkung von über hundert Frachtschiffen aus dem Ersten Weltkrieg ein paar Meilen südlich, die bald auch von Unkraut überwuchert wurden und rasch selbst das Aussehen von Inseln annahmen.
Ein neuer Krieg und neue Waffen hatten das verschlafene Eiland wieder zum Leben erweckt. Der nahegelegene Marinefliegerhorst brauchte einen Platz, wo die Piloten Waffen testen konnten. Da traf es sich gut, daß Battery Island und die versenkten Schiffe aus dem Ersten Weltkrieg hier zusammenlagen; das Gebiet eignete sich ideal als Bombenabwurfgelände. Also baute man drei wichtige Beobachtungsbunker aus Beton, von denen aus Offiziere TBFs und SB2C-Bomber beobachten konnten, wie sie Ziele ins Visier nahmen, die wie schiffsförmige Inseln aussahen - wobei sie etliche in die Luft jagten, bis eine Bombe gerade so lange im Schacht hängenblieb, daß sie statt dessen einen der Bunker vernichtete. Glücklicherweise hatte sich dort gerade niemand aufgehalten. Das Gelände des zerstörten Bunkers war ordnungsgemäß geräumt worden, und die Insel wurde zu einer Rettungsstation umgewandelt, von der aus die Luftnotrettung nach einem Flugzeugabsturz mit einem Boot
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