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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Daß nichts ... daß es dir gutginge. Du warst nicht wie Mama. Es ging dir gut.«
    »Wie Mama?«
    »Ja, wie Mama. Ich war wie sie. Ganz genau wie sie. Ich konnte es an den Fotos sehen. Aber du hattest keine Ähnlichkeit mit ihr. Und darum konnte dir nichts passieren.«
    »Was bedeutete es denn, wie Mama zu sein?« fragte Samuels.
    Gillian erstarrte plötzlich. Ihr Mund formte dreimal in rascher Folge das Wort »nein«. Es war zu grauenhaft. Sie konnte nicht weiter.
    »War Bobby vielleicht doch wie Mama, obwohl Sie es nicht glaubten?«
    Nein!
    »Antworte ihm nicht, Nell«, flüsterte Jonah Clarence. »Du brauchst ihm nicht zu antworten. Du bist hier nicht die Patientin.«
    Gillian starrte auf ihre Hände. Die Last der Schuld lag ihr schwer auf den Schultern. Es war still im Zimmer bis auf das Knarren des Stuhls, auf dem sich ihre Schwester wiegte, bis auf ihr eigenes Atmen und das Dröhnen ihres Herzens. Sie meinte, nicht weiterzukönnen. Doch sie wußte gleichzeitig, daß sie nicht umkehren konnte.
    »Du weißt doch, warum ich dich allein gelassen habe?« sagte sie dumpf. »Es war wegen des Geschenks an meinem Geburtstag, wegen des besonderen Geschenks, das -«
    Sie hob die Hand zu den Augen. Sie zitterte. Sie mußte sich beherrschen.
    »Du mußt mir die Wahrheit sagen. Du mußt mir sagen, was passiert ist. Du kannst doch nicht zulassen, daß sie dich für den Rest deines Lebens einsperren!«
    Schweigen. Sie konnte nicht. Es gehörte der Vergangenheit an. Es war einer anderen geschehen. Außerdem war die kleine Achtjährige, die ihr überall gefolgt war, die anbetend jeden ihrer Handgriffe verfolgt hatte, tot. Dieses dicke, unförmige Geschöpf vor ihr war nicht Roberta. Es war unmöglich weiterzugehen. Roberta war nicht mehr da.
    Gillian hob den Kopf. Robertas Blick hatte sich bewegt. Er hatte sich zu ihr bewegt, und daran erkannte Gillian, daß sie zu ihr durchgedrungen war, daß sie sie erreicht hatte. Aber diese Erkenntnis brachte ihr kein Gefühl des Triumphs. Sie brachte ihr die Verurteilung, sich ein letztes Mal der unabänderlichen Vergangenheit zu stellen.
    »Ich verstand nicht«, sagte Gillian mit brüchiger Stimme. »Ich war ja erst vier oder fünf Jahre alt. Du warst damals noch gar nicht auf der Welt. Er sagte, es wäre etwas ganz Besonderes. Eine besondere Freundschaft, die Väter immer mit ihren Töchtern hätten. Wie Lot.« »O nein!« stöhnte Jonah.
    »Hat er dir aus der Bibel vorgelesen, Bobby? Mir hat er sie vorgelesen. Er kam abends rein und setzte sich auf mein Bett und las mir die Bibel vor. Und während er las -« »Nein, nein, nein!« jammerte Jonah. »- kam seine Hand zu mir unter die Decke. ›Magst du das, Gilly?‹ fragte er dann. ›Macht es dich glücklich? Es macht Papa sehr glücklich. Es ist so schön. So weich. Magst du es, Gilly?‹«
    Jonah preßte die Faust an die Stirn und krümmte sich zusammen. »Nein, bitte!« stöhnte er.
    »Ich wußte nicht, was es bedeutete, Bobby. Ich verstand es nicht. Ich war erst fünf, und es war immer dunkel im Zimmer. ›Dreh dich um‹, sagte er. ›Papa will dir den Rücken rubbeln. Magst du das? Wo hast du es am liebsten? Hier, Gilly? Ist es hier ganz besonders schön?‹ Und dann nahm er meine Hand. ›Papa hat es am liebsten hier, Gilly. Rubbel Papa da.‹« »Wo war Mama?« fragte Samuels.
    »Mama hat geschlafen. Oder sie war in ihrem Zimmer. Oder sie las. Aber das war im Grund unwichtig, denn das war ja etwas Besonderes. Das war etwas, was Väter nur mit ihren Töchtern teilen. Mama durfte davon nichts wissen. Mama hätte es nicht verstanden. Sie las ja nicht mit uns in der Bibel, darum hätte sie es auch nicht verstanden. Und dann ging sie fort. Ich war acht.«
    »Und dann waren Sie allein.«
    Gillian schüttelte wie betäubt den Kopf. Ihre Augen waren groß und dunkel.
    »O nein«, sagte sie mit dünner, rissiger Stimme. »Da war ich dann Mama.«
    Bei ihren Worten schrie Jonah Clarence auf. Helen warf einen Blick auf Lynley, sah sein unbewegtes Gesicht und legte ihre Hand auf die seine. Er drehte die Hand und umschloß fest ihre Finger.
    »Papa stellte alle Bilder von ihr im Wohnzimmer auf, damit ich sie jeden Tag anschauen konnte. ›Mama ist fort‹, sagte er, und dann mußte ich mir alle Bilder anschauen, damit ich sehen konnte, wie hübsch sie war und wie schwer ich gesündigt hatte, nur dadurch, daß ich auf die Welt gekommen war und sie vertrieben hatte. ›Mama wußte, wie sehr Papa dich liebt, Gilly. Darum ist sie fortgegangen. Du

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