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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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murmelte Gillian, als sie ihre Schwester durch das Glas sah.
    »Hier im Zimmer sind Stühle, wie du sehen kannst, Roberta.« Samuels Stimme drang klar über die Lautsprecher zu ihnen. »Ich werde gleich gehen und deine Schwester holen. Erinnerst du dich an deine Schwester Gillian, Roberta?«
    Das Mädchen, das sich gesetzt hatte, begann sich zu wiegen. Sie antwortete nicht. Die beiden Pflegerinnen gingen hinaus.
    »Gillian ist extra aus London gekommen. Aber ehe ich sie hole, möchte ich, daß du dich im Zimmer umsiehst, damit du dich daran gewöhnen kannst. Hier haben wir uns noch nie gesehen, nicht wahr?«
    Schweigen. Die glanzlosen Augen des Mädchens blieben unbewegt; ihr Blick war auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand gerichtet. Ihre Arme hingen leblos herab wie große, dicke Würste. Samuels ließ sich durch ihr Schweigen nicht aus der Ruhe bringen, ließ es dauern, während er das Mädchen freundlich beobachtete. Zwei endlos lange Minuten verstrichen auf diese Weise, ehe er aufstand.
    »Ich hole jetzt Gillian, Roberta. Ich bleibe im Zimmer, solange sie bei dir ist. Du bist ganz sicher.«
    Die letzten Worte schienen völlig überflüssig. Wenn das große, dicke Mädchen Angst empfand - wenn sie überhaupt etwas fühlte -, so war ihr davon nichts anzumerken.
    Gillian stand im Beobachtungsraum auf. Ihre Bewegungen wirkten zögernd und unnatürlich, so als würde sie von einer fremden Macht geführt.
    »Liebes, du weißt, daß du da nicht reinzugehen brauchst, wenn du Angst hast«, sagte Jonah.
    Sie antwortete nicht, sondern streichelte ihm nur mit dem Handrücken, auf dem die brandroten Male der Stahlbürsten leuchteten, über die Wange. Es war, als sagte sie ihm Lebwohl.
    »Fertig?« fragte Samuels, als er die Tür öffnete.
    Mit scharfem Blick unterzog er Gillian einer raschen Musterung, vermerkte, wie es schien, ihre Schwächen und ihre Stärken.
    Als sie nickte, sagte er ruhig: »Sie brauchen keine Angst zu haben. Ich bin da, und es sind mehrere Pflegerinnen in Hörweite für den Fall, daß sie schnell beruhigt werden muß.«
    »Sie reden, als glaubten Sie, Bobby könnte allen Ernstes jemandem etwas antun«, sagte Gillian und ging ihm voraus ins Nebenzimmer, ohne auf eine Erwiderung zu warten.
    Die anderen sahen angespannt durchs Glas, warteten auf eine Reaktion Robertas, als sich die Tür öffnete und ihre Schwester eintrat. Es kam keine. Das unförmige Mädchen wiegte sich ohne Unterbrechung hin und her.
    Die Hand an der Tür, blieb Gillian stehen.
    »Bobby«, sagte sie klar. Ihre Stimme war leise, aber ruhig. Sie sprach vielleicht so, wie eine Mutter mit einem widerspenstigen Kind sprechen würde.
    Als sie keine Reaktion erhielt, nahm sie einen der drei Stühle und stellte ihn dem ihrer Schwester gegenüber, so daß sie sich direkt in Robertas Blickfeld befand. Sie setzte sich. Roberta starrte durch sie hindurch auf den Punkt an der Wand.
    Gillian sah Samuels an, der seinen Stuhl auf die Seite gerückt hatte, außerhalb von Robertas Blickfeld.
    »Was soll ich -«
    »Erzählen Sie von sich. Sie kann Sie hören.«
    Gillian zupfte an ihrem Kleid. Sie hob den Blick zum Gesicht ihrer Schwester.
    »Ich bin aus London gekommen, um dich zu besuchen, Bobby«, begann sie. Ihre Stimme war schwach und zitterte. Doch beim Weitersprechen gewann sie allmählich an Stärke. »Da wohne ich jetzt. Mit meinem Mann. Ich hab' letzten November geheiratet.«
    Sie sah zu Samuels hinüber, der ermutigend nickte.
    »Du findest das bestimmt komisch, aber ich hab' einen Geistlichen geheiratet, einen Pastor. Kann man sich kaum vorstellen, daß ein Mädchen, das so streng katholisch erzogen worden ist, einen Pastor heiratet, nicht wahr? Was würde Papa dazu sagen.«
    Schweigen. Das leere Gesicht zeigte weder Ablehnung noch Interesse. Gillian hätte ebensogut an die Wand reden können. Sie leckte sich die spröden Lippen und sprach stolpernd weiter.
    »Wir haben eine Wohnung in Islington. Sie ist nicht sehr groß, aber sie würde dir gefallen. Erinnerst du dich, wie gern ich immer alle Pflanzen hatte? Jetzt hab' ich in meiner Wohnung ganz viele, weil sie da gerade das richtige Licht bekommen. Auf dem Hof sind meine Pflanzen nie was geworden, weißt du noch? Weil das Haus zu dunkel war.«
    Roberta wiegte sich hin und her. Der Stuhl knarrte unter ihrem Gewicht.
    »Ich habe auch eine Arbeit. Ich arbeite für eine Organisation, die Testament House heißt. Du weißt, was das für eine Organisation ist, nicht? Sie kümmern sich um

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