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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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dich?«
    Byrnak war vollkommen still. Jede Furcht war plötzlich verflogen, und er zitterte, als eine tief vergrabene, brüchige Erinnerung sich mühte, an die Oberfläche seines Bewusstseins zu gelangen. Er sah einen finsteren Berghang, davor eine schmale Schlucht, dann einen Hain, der von Bäumen umschlossen war. Die Erinnerung wurde immer deutlicher. Er war sich beinahe gegenwärtig, wie er über ein vereistes Becken an das Ufer stolperte, nein kroch. Und davor? Die strotzende, Lungenversengende Ekstase des ersten Atemzuges, die eiskalte Luft, die ihre Klauen in seine nackte Haut grub. Noch weiter zurück, die Reise durch die Leere, und jenseits davon …
    Das Grauen schleuderte ihn von der wuchernden Schwärze der gähnenden Gruft des Wissens zurück. Er sah hoch und bemerkte, wie die drei Reiter ihn beobachteten. Er schmeckte Blut in seinem Mund. »Steigt ab, ihr elendes Gewürm!«, knurrte er. »Steigt ab, befreit mich und ich reiße Euch mit den Zähnen die Masken herunter!«
    Die Reiter sahen sich an. »Er wird es nicht akzeptieren!«, versetzte einer.
    »Dann muss es ihm klargemacht werden«, fuhr der Zweite fort. »Die Zeit rückt rasch näher.« »Er ist ein ignoranter Barbar«, erklärte der Erste. »Wie könnte er einer von uns sein?« »Warum sollte er es nicht sein?«, erkundigte sich der Dritte. »Der Schwarze Priester ist auf seine Art ebenso primitiv. Wir alle sind Fragmente des Weltengeistes, und seine Wut war ebenso mächtig wie sein Verstand.« Er versetzte seinem Pferd einen Hieb auf den Kopf. »Ist das etwa nicht so?«
»Als das Gewebe der Seelen zerfetzt wurde«,
erwiderte das Ross mit einer ehernen Stimme, bei der Byrnak die Zähne vor Furcht zusammenbiss,
»waren die fünf Gefäße bereits bis zum Rand mit seiner Essenz gefüllt. Stärke hält zu Stärke, sodass jedes dieser fünf einen Aspekt des Herrschers des Zwielichts enthielt. Er lebt, auch wenn er nicht mehr im Haus der Toten residiert. Das Zwischenreich hält ihn gefangen und
…«
    »Das genügt!«, stieß der dritte Reiter hervor und musterte Byrnak. »Verstehst du, was gesagt wurde?« »Euer Geschwätz bedeutet mir nichts!«, erwiderte Byrnak heiser. »Ich muss verrückt sein oder träumen oder beides!« Doch das Wissen regte sich wie ein vergifteter Keim unter seinen Gedanken. »Dann sieh!«
    Aus dem Nebel lösten sich feine Ranken, die sich auf seine Augen pressten. Er schnappte vor Furcht nach Luft, unterdrückte jedoch den Schrei, der aus seiner Kehle steigen wollte. Bilder formten sich aus dem Weiß, eine gewaltige Flotte von Schiffen in allen Größen und Formen. Ihre Decks waren überfüllt, ihre Segel mit wilden Symbolen bemalt und ihre Flaggen kaum mehr als zerfetzte Tücher, die irrlichternd in der steifen Brise flatterten, welche die Flotte voranpeitschte. Der Blickwinkel veränderte sich. Byrnak sah, wie eine gewaltige Armee ins Landesinnere vordrang und auf ihrem Vormarsch verbrannte und plünderte. Dann sah er dieselbe Armee, die über eine flache Ebene auf strahlende, ordentlich ausgerichtete Reihen Gepanzerter zuströmte.
    Byrnak verfolgte das Geschehen mit einer Mischung aus Ärger und Unbehagen. Das Grauen war verblasst, doch der Chor der Stimmen war wieder da, und der erwartungsvolle Unterton in den klangvollen Silben ihres Gesanges war unverkennbar. Die Kälte drang bis zum Mark in Byrnaks Knochen, und sein Herz hämmerte, als die Schlachtszene verblasste und unter ihm hinwegglitt. Hände waren nun zu sehen, die eine Schüssel mit einer Flüssigkeit hielten. Die Schlacht hatte sich wie eine Vision auf dieser Flüssigkeit entfaltet, das wurde Byrnak jetzt klar. In Roben gehüllte Gestalten bewegten sich neben ihm. Er befand sich im Inneren eines gewaltigen, höhlenartigen Tempels, dessen immense Pfeiler an ihren Sockeln lodernde Fackeln trugen.
    »Die Zeit ist nah«, dröhnte eine Stimme. »Schafft die Gefäße heran.«
    Die Kälte in dem Raum glich der in Byrnaks Gliedern, und sein Unbehagen hatte sich zu einer schrecklichen Beklemmung verdichtet, die seine Gedanken zu verzehren drohten. Fünf Männer in einfachen Lendenschürzen wurden in den Tempel geführt. Sie schlurften, ihre Arme hingen schlaff an ihren Seiten herunter, und ihre Augen schienen blicklos. Sie alle waren jung, hatten kräftige, muskulöse Körper, und Byrnak schrie entsetzt auf, als er in das Gesicht des Jungen in der Mitte blickte.
    »Herrscher des Zwielichts, Fürst des Reiches der Finsternis, Überbringer des Ruhmes«, hub einer der in

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