01 - Wie Feuer im Blut
Jetzt drang er bis zu
seinem Bewusstsein durch und holte ihn in die Wirklichkeit zurück, während
Marianne unter ihm alle Muskeln anspannte. Er hörte die hastigen Schritte
draußen im Flur, und die Magd, Jewel, rief ihn noch einmal, ehe sie die Tür
aufstieß. Ihr schrilles »Mylooorrr…« brach abrupt ab, als Damien sich von einer
hysterisch lachenden Marianne herunterrollte und die Decke über sich warf. Er
brüllte die puterrote Haushälterin, die ihn versteinert anstarrte, an: »Sie
müssen einen verdammt guten Grund haben, hier einfach so hereinzuplatzen!«
Jewel,
deren Häubchen leicht verrutscht war, wickelte nervös den Stoff ihres
schwarzen Rocks um die kurzen dicken Finger, knickste und wies mit dem Kopf zur
Seite. »Pardon, Mylord; aber da ist ein Kind -« Damien zog die Decke über
seinem Bauch straffer -, »ein schmächtiges, armes Bürschlein, Mylord.
Kam einfach durch die Vordertür, ohne anzuklopfen, und fiel nass und zitternd
auf die Dielen wie ein neugeborenes Lamm. Er hat hohes Fieber, darauf könnte
ich wetten.«
Als
Damien sich anschickte, das Bett zu verlassen, knickste Jewel wieder und eilte
aus dem Zimmer. Wütend fuhr Damien in seine Hose, riss sein weißes Hemd von der
Stuhllehne und zog es an. Als Marianne sich auch erheben wollte, wirbelte er
zu ihr herum" deutete mit dem Finger auf ihr Gesicht und befahl: »Du
bleibst, wo du bist.« Dann machte er auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem
Zimmer.
Als er
die Treppe herunterkam und die mit Marmor geflieste Vorhalle betrat, hatten
sich dort bereits alle Dienstboten des Hauses eingefunden. Sie standen im
Halbkreis um das Kind herum. Damien drängte die Neugierigen beiseite, bis sein Blick
auf den ausgemergelten, triefendnassen Jungen fiel. Das Gesicht des Jungen war
hochrot und glühend, und sein Körper wurde von Krämpfen geschüttelt.
Damien
vergaß sogleich seine Wut, ließ sich auf ein Knie nieder und legte seine starke
Hand behutsam auf die glatte, heiße Stirn des Jungen. Dann schlug der Knabe die
Augen auf, und Damien wurde von einem Blick aus so intensiven blauen Augen
getroffen, dass er den Atem anhielt.
»Helfen
Sie mir«, flehte die leise, helle Stimme. »Sie dürfen mich nicht ergreifen.«
»Wer?«
wollte Damien wissen. »Wer ist hinter dir her, Junge?«
»Die
Wärter. Lassen Sie es nicht zu, dass sie es machen. Nicht das.«
Damien
tastete den dünnen Körper des Jungen ab. Auf dem Rücken entdeckte er dicke rote
Striemen.
Er
blickte über die Schulter und rief Jewel zu. »Hol mir ein paar Decken herbei,
und wärm die Lammbrühe auf, die wir zum Dinner hatten.«
»Ja,
Mylord.«
Damien
hob das Kind sacht auf seine Arme und wandte sich der Treppe zu.
Marianne
stand am Fuß der Treppe, mit einem scharlachroten Morgenrock bekleidet. Ihre
Augen waren groß vor Sorge, als sie den dünnen Jungen sah. Die mageren Schultern
des Jungen zuckten, als er mühsam nach Atem rang.
»Gütiger
Himmel«, flüsterte Marianne. »Damien, wir sollten den Arzt rufen.«
»Gewiss.
Kümmerst du dich darum?«
»Ich
werde sofort jemanden nach Middleham schicken.«
Der
Junge wog kaum mehr als eine Feder. Damien war gerührt, als er seinen kleinen,
mit einer Kappe bedeckten Kopf an seine Schulter legte und sich mit seinen
schmutzigen, bebenden Finger an seinem offenen Hemd festhielt.
»Du
bist jetzt in Sicherheit. Niemand wird dir hier etwas zuleide tun«, tröstete
Damien das Kind, das als Antwort zitterte.
Damien
trug ihn durch ein üppig ausgestattetes Boudoir in das Schlafzimmer, das einmal
seiner Schwester gehört hatte. Dann befahl er dem Diener, der ihm nachgelaufen
war, ein Feuer im Kamin zu machen; denn obwohl der Frühling schon seit
etlicher Zeit auf dem Kalender stand, war das Haus doch feucht und kalt von den
vielen Wolkenbrüchen und nebligen Tagen.
Marianne
kam ins Zimmer und half ihm, das Kind auszuziehen. Sie entfernte die Schuhe,
während Damien das Hemd aufknöpfte. Als seine Finger die Nesseltuchbinde um die
Brust des Kindes mit den Fingerspitzen berührte, hielt er inne und zog das Hemd
nur ein bisschen auseinander, ehe er verwundert zurücktrat und sich fragte,
warum der Junge so einen breiten Verband trug. Hatte er etwa eine gebrochene
Rippe?
Ein
erschrockenes »Ah!« von Marianne brachte ihn dazu, den Kopf zu drehen. Marianne
war gerade dabei, dem Kind die Hose auszuziehen. Plötzlich ergriff sie das
Laken und zog es über die Lenden des Kindes. »Mein Gott«, flüsterte sie.
Damien
betrachtete das Gesicht des
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