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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und unsere Tiere trinken ließen.
    Während die Spur bisher eine fast genau östliche Richtung gehabt hatte, wendete sie sich zur Mittagszeit mehr südlich. Als Hawkens dies bemerkte, machte er ein bedenkliches Gesicht. Ich fragte ihn nach der Ursache und erhielt die Antwort:
    „Wenn es so ist, wie ich vermute, werden unsere Bemühungen wahrscheinlich vergeblich sein.“
    „Aus welchem Grund?“
    „Der Kerl ist pfiffig. Er scheint sich zu den Kiowas wenden zu wollen.“
    „Das wird er doch nicht tun!“
    „Warum nicht? Soll er etwa Euch zuliebe mitten in der alten Prärie stehenbleiben und sich beim Schopfe nehmen lassen? Was Ihr denkt! Er tut sein möglichstes, sich zu retten. Er hat jedenfalls die Augen offen gehabt und gesehen, daß unsere Pferde besser waren als die seinigen. Darum vermutet er, daß wir ihn wohl bald einholen werden, und ist auf den ganz guten Gedanken gekommen, bei den Kiowas Schutz zu suchen.“
    „Ob ihn diese aber freundlich aufnehmen werden?“
    „Daran ist keinen Augenblick zu zweifeln. Er braucht bloß zu erzählen, daß er Intschu tschuna und Nscho-tschi erschossen hat, da jubeln sie ihm zu. Wollen uns recht dazuhalten, daß wir vielleicht noch vor Abend an ihn kommen.“
    „Wie alt schätzt Ihr die heutige Fährte?“
    „Darauf kommt es nicht an. Diese hier hat er in der Nacht geritten. Müssen warten, bis wir dahin kommen, wo er gelagert hat. Dann wollen wir sehen, wie alt seine neue, seine heutige Spur ist. Je länger er ausgeruht hat, desto eher werden wir ihn einholen.“
    Gegen Mittag zeigte es sich, wo Santer haltgemacht hatte. Man sah, daß sich sein Pferd niedergelegt hatte; es war sehr müde gewesen; das hatten wir schon bisher den Spuren angesehen. Wahrscheinlich war er nicht weniger angegriffen gewesen, denn wir schätzten seine neue Spur unter zwei Stunden alt; er mochte länger geschlafen haben, als er gewollt hatte. Der Vorsprung, den er durch den Nachtritt gewonnen hatte, war also eingeholt; ja, wir waren ihm jetzt wohl eine halbe Stunde näher als gestern beim Beginn der Verfolgung.
    Seine Spur strebte nun mehr nach Süden. Er schien das Gebiet des Canadian verlassen und sich dem Red River nähern zu wollen. Wir ließen unsere Pferde nur von Zeit zu Zeit verschnaufen, denn wir nahmen uns vor, ihn, wo nur irgend möglich, noch vor Abend einzuholen. Am Nachmittag hatten wir wieder grüne Prärie, und später trafen wir sogar Buschwerk an. Nach der sorgfältigsten Beurteilung der Fährte konnte der Vorsprung nun nur noch eine halbe Stunde betragen. Vor uns färbte sich der Horizont dunkel.
    „Das ist Wald“, erklärte Sam. „Ich vermute, daß wir auf ein Nebenflüßchen des Nordarmes stoßen. Wollte, wir hätten noch länger Prärie; das wäre besser für uns.“
    Freilich wäre dies besser gewesen, denn auf der Savanne sah man alles vor sich, während man im Wald leicht auf einen Hinterhalt stoßen konnte. Und bei der Eile, mit welcher wir ritten, war es unmöglich, das Terrain zu untersuchen, bevor wir es betraten.
    Sam hatte recht. Es gab einen kleinen Fluß, der aber kein fließendes Wasser führte, sondern nur hier und da welches in einer Vertiefung zeigte. An den Ufern standen Büsche und Bäume, doch gab dies keinen eigentlichen Wald, sondern nur, um mich so auszudrücken, größere oder kleinere Baumgruppen, welche in verschiedenen Intervallen an den Ufern lagen.
    Kurz vor Abend waren wir dem Verfolgten so nahe, daß er jeden Augenblick vor uns auftauchen konnte. Das machte uns eifriger, als wir bisher gewesen waren. Ich ritt allein voran, weil mein Rotschimmel sich am besten gehalten und seine Kräfte noch beisammen hatte. Auch folgte ich, wenn ich mich so an der Spitze hielt, einem innern Trieb. Ich hatte die Ermordeten vor mir liegen sehen und wollte den Mörder haben. Es war nicht das, was man mit Grimm, mit Durst nach Rache bezeichnet, aber doch ein dringendes Verlangen, den Mörder bestraft zu sehen.
    Wir ritten wieder durch eine jener Baumgruppen, welche am linken Ufer des Flüßchens lag. Als ich, den andern voran, die letzten Bäume erreichte, sah ich, daß die Fährte rechts ab, hinunter in das wasserleere Bett führte. Ich hielt einen Augenblick an, um dies den hinter mir Herankommenden mitzuteilen, und dies war ein Glück für uns, denn als ich, einige Augenblicke auf sie wartend, dem Flußbett mit meinen Augen folgte, machte ich eine Entdeckung, welche mich veranlaßte, schleunigst vom Rand des Wäldchens zurückzuweichen und mich zu

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