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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geritten hatte, tief in den Boden gedrungen war. Von diesem sehr deutlichen Eindruck nahm ich mir ein genaues Maß auf Papier. Sam Hawkens schüttelte den Kopf darüber und meinte lächelnd:
    „Gehört das auch zur Kunst eines Surveyors, Pferdefüße abzumalen?“
    „Nein; aber ein Westmann sollte es kennen.“
    „Der? Warum?“
    „Weil es ihm vorkommendenfalls von großem Nutzen sein kann.“
    „In welcher Weise?“
    „Werdet es wohl nachher sehen. Wenn ich eine Pferdespur finde, vergleiche ich die Stapfen mit dieser Zeichnung.“
    „Ah! Hm! Richtig! Ist gar nicht so übel! Habt Ihr das auch aus Euern Büchern?“
    „Nein.“
    „Woher denn?“
    „Der Gedanke ist mir selbst gekommen.“
    „Also gibt es wirklich Gedanken, die sich das Vergnügen machen, zu Euch zu kommen? Hätte das gar nicht gedacht, hihihihi!“
    „Pshaw! Bei mir befinden sie sich jedenfalls wohler als unter Eurer Perücke, Sam!“
    „Recht so, recht so!“ rief Dick Stone. „Laßt Euch nur nichts mehr von ihm gefallen! Man sieht ja stündlich, daß Ihr ihn überflügelt habt, Sir.“
    „Schweig!“ herrschte ihn Sam in komischem Zorn an. „Was willst du vom Fliegen verstehen, und gar vom Überfliegen! Es ist eine Beleidigung, mich immer bei der Perücke zu nehmen; ich kann das gar nicht länger dulden.“
    „Was willst du dagegen machen?“
    „Ich schenke sie dir; dann bin ich sie los, und du erfährst, was für Gedanken darunter wohnen. Übrigens habe ich ja zugegeben, daß die Absicht unseres Greenhorns gar keine so üble ist; nur hätte der den zehn Apachen, welche die Berge auf der andern Seite zu umreiten haben, auch ein solches schönes Pferdefußbild mitgeben sollen.“
    „Ich habe dies nicht getan, weil ich es für unnötig hielt“, antwortete ich.
    „Unnötig? Warum?“
    „Weil es ihnen nicht zuzutrauen ist, eine Hufspur mit dieser Zeichnung zu vergleichen. Sie sind doch immerhin Wilde, denen man eine Zeichnung vergeblich in die Hände geben würde. Und sodann bin ich überzeugt, daß sie gar nicht auf Santers Fährte treffen werden.“
    „Und ich behaupte das Gegenteil. Nicht wir, sondern sie werden sie finden. Es versteht sich ja ganz von selbst, daß Santer westwärts reiten wird.“
    „Das halte ich gar nicht für so selbstverständlich.“
    „Nicht? Seine Richtung, als wir ihn trafen, war ja nach Westen; das ist sie jetzt nun wieder.“
    „Schwerlich. Er ist ein durchtriebener Kerl, wie ich aus seinem spurlosen Verschwinden ersehe und wird sich also sagen, daß wir den Gedanken haben werden, den Ihr jetzt ausgesprochen habt. Das heißt, er wird denken, daß wir ihn westwärts suchen, weil er bei unserer Begegnung nach Westen wollte. Aus diesem Grunde wird er sich nach einer andern Richtung, wahrscheinlich ostwärts retirieren. Das ist doch leicht einzusehen.“
    „Wenn Ihr es in dieser Weise sagt, so ist es freilich leicht einzusehen. Wollen nur hoffen, daß es zutrifft.“
    Nun gaben wir unsern Pferden die Sporen und jagten über die Prärie dahin, so reitend, daß wir die verhängnisvollen Berge stets zur linken Hand liegen hatten. Natürlich suchten wir es so einzurichten, daß wir immer auf weichem Boden ritten, wo Santer, wenn er dagewesen war, eine deutliche Spur hatte zurücklassen müssen. Dabei waren unsere Augen stets zur Erde gerichtet; denn je schneller wir ritten, desto schärfer mußten wir aufpassen, weil die Fährte uns sonst entgehen konnte.
    So verging eine Stunde und noch eine halbe, und wir hatten unseren Halbkreis um die Berge fast zu Ende gebracht, da endlich bemerkten wir einen dunklen Strich, welcher vor unserer Richtung quer durch das Gras lief. Es war eine Fährte, und zwar die Spur eines einzelnen Reiters, also sehr wahrscheinlich die, welche wir suchten. Wir stiegen ab, und ich schritt eine Strecke ihr entlang, um einen recht deutlichen Eindruck zu finden. Als mir dies glückte, verglich ich ihn genau mit der Zeichnung, und beide waren einander so kongruent, daß es Santer ohne allen Zweifel gewesen sein mußte.
    „So eine Zeichnung ist wirklich außerordentlich praktisch“, meinte Sam. „Werde mir das merken.“
    „Ja, merke es dir!“ stimmte Parker bei. „Und merke dir noch eins recht gut dazu!“
    „Was?“
    „Daß es schon so weit gekommen ist, daß der Lehrer, der du ja gewesen sein willst, nun von seinem Schüler lernt!“
    „Willst mich wohl ärgern, alter Will? Das wird dir nicht gelingen, hihihihi!“ lachte Sam. „Es ist doch wohl eine Ehre für den Lehrer,

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