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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß wir den Roten nicht folgen sollen, und gleich darauf behauptet Ihr, daß ihr Gefangener befreit werden soll. Das ist doch ganz so, als ob Ihr einen Esel in einem Atem erst ein Kamel und dann einen Affen nennt! Das mag begreifen, wer will, ich aber nicht!“
    „Es ist schon etwas anderes, denn Eurer Beispiel trifft nicht zu. Die Kiowas wollen nämlich gar nicht nach ihrem Dorf.“
    „Nicht? Wohin denn?“
    „Erratet Ihr das nicht?“
    „Nein.“
    „Hm! Was für alte erfahrene Westmänner ihr doch seid! Da lobe ich mir doch die Greenhorns, welche solche Nüsse knacken, ohne sich die Zähne daran auszubeißen! Die Roten wollen nämlich nach dem Nuggetberg.“
    „Nach – – – dem – – – behold! Sollte das die Wirklichkeit sein, Sir?“
    „Sie ist es; darauf könnt Ihr Euch verlassen.“
    „Zuzutrauen wäre es ihnen wirklich!“
    „Ich traue es ihnen nicht nur zu, sondern ich behaupte es mit Bestimmtheit.“
    „Aber sie dürfen doch das Begräbnis nicht stören!“
    „Das beabsichtigen sie auch nicht. Sie werden warten, bis es vorüber ist. Sie sind uns und den Apachen feindlich gesinnt; sie streben nach Rache. Da war ihnen Santers Ankunft sehr willkommen. Sie erfuhren den Tod Intschu tschunas und seiner Tochter und freuten sich darüber. Wie gern werden sie Winnetou und uns das gleiche Schicksal wünschen. Sie hatten es uns zugedacht, als sie hörten, daß Santer Verfolger hinter sich habe. Wir waren aber vorsichtig und gingen, Sam ausgenommen, nicht in die Falle. Nun versuchen sie es anders. Sie tun, als ob sie die Absicht hätten, nach ihrem Dorf zu reiten; das hält uns ihrer Ansicht nach davon ab, ihnen zu folgen; sie nehmen also an, daß wir zu Winnetou zurückkehren. Wenn sie aber einige Zeit südöstlich geritten sind und dabei, wenn der Zufall es bietet, noch mehr Krieger an sich herangezogen haben, wenden sie um und gehen nach dem Nuggetberg, wo wir, wie sie denken, uns ahnungslos überfallen und abschlachten lassen werden.“
    „Schönes Exempel, jawohl, schönes Exempel! Werden aber dafür sorgen, daß es ein anderes Fazit ergibt!“
    „Ja, das werden wir. Wahrscheinlich ist ihnen dieser Plan von Santer eingegeben worden, welcher diese Gelegenheit benützen will, sich Gold zu holen. Kurz und gut, ich bin vollständig überzeugt, daß der Stock so schwimmt, wie ich es jetzt erklärt habe. Wollt Ihr nun noch hinter den Kiowas her?“
    „Fällt mir nicht ein. Eure Berechnung erscheint mir zwar etwas gewagt, aber solange ich Euch kenne, habt Ihr Euch noch nie geirrt, sondern stets recht gehabt; darum denke ich, daß es diesmal auch so zutreffen wird. Was meinst du dazu, alter Will?“
    „Ich meine, daß es genau so ist, wie Old Shatterhand sagt. Wir müssen fort von hier, augenblicklich fort, um Winnetou rechtzeitig warnen zu können. Seid Ihr einverstanden, Sir?“
    „Ja.“
    „Und den Gefangenen nehmen wir mit?“
    „Natürlich. Wir binden ihn auf Sams Mary, was ihm freilich keinen großen Genuß bereiten wird. Nachdem ihr das besorgt habt, brechen wir gleich auf. Vorher jedoch wollen wir unten im Fluß einen Wassertümpel suchen, um unsere Pferde zu tränken.“
    Eine halbe Stunde später waren wir unterwegs, keineswegs sehr zufrieden mit dem Erfolg unseres Rittes. Anstatt Santer zu fangen, hatten wir Sam Hawkens verloren, aber durch seine eigene Schuld, und wenn meine Voraussetzung sich später bewahrheitete, so stand fast mit Sicherheit zu erwarten, daß wir Sam Hawkens befreien und Santer ergreifen würden.
    Bei der Verfolgung des letzteren waren wir natürlich gezwungen gewesen, auf seiner Spur zu bleiben, und hatten infolgedessen einen Umweg gemacht, weil er von seiner ursprünglichen Richtung abgewichen war und einen stumpfen Winkel geritten hatte. Ich beschloß, diesen Winkel abzuschneiden, und die Folge davon war, daß wir schon kurz nach Mittag des nächsten Tages vor der Schlucht hielten, welche hinauf nach der Lichtung führte, auf der der Überfall und Doppelmord geschehen war.
    Wir ließen die Pferde unter der Obhut eines Apachen unten im Tal und stiegen empor. Am Rande der Lichtung stand ein Wächter, der uns nur mit einer stillen Bewegung der Hand begrüßte. Wir sahen beim ersten Blick, wie fleißig die zwanzig Apachen gewesen waren, um das Begräbnis ihres Häuptlings und seiner Tochter vorzubereiten. Ich sah eine Menge schlanker Bäume liegen, welche mit den Tomahawks gefällt und zum Gerüst bestimmt waren. Sodann gab es große Haufen von Steinen, welche

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