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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Und nun muß ich Euch bitten, mir einen großen Gefallen zu tun.“
    „Gern. Welchen?“
    „Sprecht nicht über das, was hier geschehen ist! Werde es Euch hoch anrechnen.“
    „Unsinn! Etwas, was sich ganz von selbst versteht, braucht gar nicht angerechnet zu werden.“
    „Dieses doch. Möchte die Bande da oben im Lager lachen hören, wenn sie erführe, wie Sam Hawkens zu seiner neuen, holden Mary gekommen ist! Würde ein Gaudium für sie sein, ein großes Gaudium. Wenn Ihr den Mund haltet, werde ich – – –“
    „Bitte, seid still!“ unterbrach ich ihn. „Es ist gar nicht notwendig, ein Wort darüber zu verlieren. Ihr seid mein Lehrer und mein Freund. Mehr brauch ich doch nicht zu sagen.“
    Da wurden seine kleinen, listigen Äuglein feucht, und er rief begeistert aus:
    „Ja, Euer Freund bin ich, Sir, und wenn ich wüßte, daß Ihr mir auch ein klein wenig Liebe schenken wolltet, so würde das für mein altes Herz eine große, aufrichtige Freude und Wonne sein.“
    Ich reichte ihm die Hand und antwortete:
    „Diese Freude kann ich Euch machen, lieber Sam. Ihr könnt versichert sein, daß ich Euch liebhabe, so lieb, wie – wie – na, so, wie man ungefähr einen recht guten, braven und ehrlichen Onkel liebt. Ist Euch das genug?“
    „Vollauf, Sir, vollauf! Ich bin so entzückt darüber, daß ich Euch dafür, womöglich gleich hier auf der Stelle, eine recht große Gegenfreude bereiten möchte. Sagt mir, was ich tun soll! Soll ich – – – soll ich – – – zum Beispiel hier diese neue Mary vor Euren Augen mit Haut und Haaren auffressen? Oder soll ich, falls Euch das lieber ist, mich selber marinieren, frikassieren und verschlingen? Oder soll ich – – –“
    „Haltet ein!“ lachte ich. „In jedem dieser beiden Fälle würde ich Euch verlieren, denn in dem einen würdet Ihr zerplatzen und in dem anderen an einer bösen Indigestion zugrunde gehen, da Ihr doch Eure Perücke mit verschlingen müßtet, die Euer Magen doch unmöglich verdauen könnte. Ihr habt mir schon genug Gefallen getan und werdet mir wohl auch fernerhin noch manche Liebe zu erweisen haben. Laßt also vorderhand die Mary und auch Euch selbst am Leben, und macht, daß wir bald wieder in das Lager kommen. Ich möchte arbeiten.“
    „Arbeiten! Das habt Ihr doch auch hier getan, denn wenn das keine Arbeit war, so weiß ich nicht, was ich Arbeit nennen soll.“
    Ich band Dick Stones Pferd mit dem Lasso an das meinige; dann ritten wir fort. Die Mustangs waren indessen natürlich schon längst entwichen; das Maultier gehorchte seinem Reiter willig, und Sam rief unterwegs mehrere Male freudig aus:
    „Sie hat Schule, diese Mary, eine sehr gute Schule! Ich fühle und bemerke bei jedem Schritt immer mehr, daß ich von heut an vortrefflich beritten sein werde. Sie besinnt sich jetzt auf das, was sie früher gelernt und dann unter den Mustangs wieder vergessen hat. Hoffentlich hat sie nicht bloß Temperament, sondern auch Charakter.“
    „Wenn sie ihn nicht hat, so könnt Ihr ihn ihr noch beibringen. Sie ist noch nicht zu alt dazu.“
    „Wie alt denkt Ihr, daß sie ist?“.
    „Fünf Jahre, mehr nicht.“
    „Das ist auch meine Ansicht. Werde sie nachher genau untersuchen, ob dies richtig ist. Habe das Tier Euch zu verdanken, nur Euch. Waren zwei böse Tage für mich, sehr böse, für Euch aber sehr ehrenvoll. Hättet Ihr geglaubt, die Bison- und auch die Mustangjagd so schnell hintereinander kennenzulernen?“
    „Warum nicht? Man muß hier im Westen auf alles gefaßt sein. Ich hoffe, auch noch andere Jagden kennenzulernen.“
    „Hm, ja. Will wünschen, daß Ihr dann ebenso davonkommt wie gestern und heut. Gestern besonders hing Euer Leben an einem Haar. Habt zu viel gewagt. Ihr dürft nie vergessen, daß Ihr ein Greenhorn seid. Läßt dieser Mensch den Büffel ruhig an sich kommen und schießt ihn dann in die Augen! Hat man je so etwas erlebt! Ihr seid noch unerfahren und habt die Bisons unterschätzt. Nehmt Euch in Zukunft mehr in acht, und traut Euch nicht zu viel zu! Die Jagd auf den Bison ist höchst gefährlich. Es gibt nur eine einzige, welche noch gefährlicher ist.“
    „Welche?“
    „Auf den Bären.“
    „Da meint Ihr doch nicht etwa den schwarzen Bären mit gelber Schnauze?“
    „Den Baribal ? Fällt mir nicht ein! Der ist ein sehr gutmütiges und friedfertiges Viehzeug, welchen man Wäscheplätten und Filetstricken lehren könnte. Nein, ich meine den Grizzly, den grauen Bären der Felsengebirge. Da Ihr

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