010 - Die weiße Hexe
zierte, und nickte. Er wollte die Holzstufen zur Bühne hinauf eilen, um das Eisen zu schmieden, solange es noch warm war, doch plötzlich stutzte er, denn etwas, was nicht im Programm vorgesehen war, passierte.
Die Luft schien auf der Bühne mit einemmal zu brennen.
»Dinsdale!« rief Peggy Desmond verblüfft aus. Sie stand hinter Lamb und wies auf den glühenden Kegel, der sich dort oben bildete. »Was ist das?«
»Keine Ahnung«, stieß Lamb aufgeregt hervor.
Die Menschen im Saal beruhigten sich. Sie glaubten, der Veranstalter würde ihnen eine weitere Darbietung präsentieren.
»Verdammt, woher kommt dieses Brennen?« keuchte Lamb.
In dem flammenden Kegel materialisierte etwas. Noch war es nicht zu erkennen. Die Luft war im Kegel ständig in Bewegung.
Kleine Flammenzungen leckten aus dem Kegelrand.
Ein schreckliches Wesen entstand in dem leuchtenden Rot.
Die Gäste hielten das für einen gelungenen Zaubertrick und applaudierten begeistert.
Doch Dinsdale Lamb schnürte es die Kehle zu. »Mein Gott, wer ist das?« Diese Frage galt niemandem, denn keiner konnte sie beantworten.
Auf der Bühne war Mago, der Schwarzmagier, erschienen!
***
Grauenerregend sah er aus. Er trug ein braunes Lederwams, ähnelte einem Menschen, ohne aber ein Mensch zu sein. Seine Haut war granitgrau, und die Ohren oben gespitzt.
Bei seinem ersten Auftritt auf der Erde hatte ihn der Rocker Andy Graham mit Mr. Spock vom Raumschiff Enterprise verglichen.
Er trat zwei Schritte vor und damit aus dem brennenden Kegel, der hinter ihm in sich zusammenfiel. Eine unheimliche Präsenz ging von ihm aus. Niemand applaudierte mehr. Jeder im Saal spürte mit einemmal eine entsetzliche Beklemmung. Alle wußten, daß die Erscheinung dafür verantwortlich war. Hart und grausam starrte er die Menschen an. Sie begannen ihn zu fürchten, und das gefiel ihm.
Er grinste eiskalt.
»Ich bin Mago, der Schwarzmagier!« rief er mit dröhnender Stimme. Er brauchte kein Mikrophon. Jeder im Festsaal hörte ihn auch so sehr deutlich. »Der Jäger der abtrünnigen Hexen!«
Dinsdale Lamb biß sich auf die Unterlippe. Was für ein schrecklicher Abend. Zuerst hätte ihn Claudia Clooney beinahe erwürgt.
Jetzt erschien dieser Kerl, der geradewegs aus der Hölle zu kommen schien, und hielt hier eine Ansprache.
»Gibt es eine Hexe unter euch?« fragte Mago schneidend. »Wenn ja, kann sie gewiß sein, daß ich sie entlarven werde!«
»Dinsdale!« flüsterte Peggy Desmond aufgeregt. »Wer ist das?«
»Du hast es doch gehört. Er nennt sich Mago.«
»Ja, aber wer ist er wirklich?«
»Einer, der uns eine Menge Ärger machen wird, das spüre ich«, entgegnete Lamb.
»Ihr seid hier, um euch zu vergnügen!« rief Mago. »Und ich bin gekommen, um euch ein Schauspiel besonderer Art zu bieten!«
Immer wieder flatterte aus Magos Mund eine schwarze gespaltene Schlangenzunge.
Die ersten Pfiffe ertönten. Die ersten Buh-Rufe…
Der Schwarzmagier starrte die Menschen gereizt an. »Niemand verläßt den Saal!«
»Wer will uns das verbieten?« rief ein kräftiger Bursche.
»Ich!« sagte Mago. »Jeder bleibt auf seinem Platz sitzen. Ich will, daß ihr an der Hinrichtung zweier Hexen teilnehmt!«
»Verdammt, was soll diese Geschmacklosigkeit?« ärgerte sich der Kräftige. Derek Santelli war sein Name. Er packte seine Freundin bei der Hand, stand auf und sagte: »Komm, Jill, wir gehen!«
»Du kommst hier nicht raus!« tönte Mago.
»Das werden wir ja sehen!« knurrte Santelli. Er stürmte mit seiner Freundin durch den Festsaal, erreichte die Flügeltüren und wollte sie auf rammen. Doch sie gaben nicht nach. Obwohl sie nicht abgeschlossen waren, schwangen sie nicht zurück. Und noch etwas passierte: Derek Santelli erhielt einen brennenden Schlag, der ihn einen Meter zurückschleuderte.
Er stieß einen wütenden Schrei aus, ließ seine Freundin los und kreiselte herum. »Jetzt reichen mir deine Mätzchen, du nachgemachter Zauberer!« schrie er aufgebracht. »Ich will hier raus! Und wenn du die Tür nicht auf der Stelle freigibst, kannst du was erleben!«
»Derek, bitte beruhige dich!« sagte Jill eindringlich. Sie faßte ihren Freund an der Schulter an. Er schüttelte ihre Hände ab.
»Laß mich!« knurrte er. »Gib die Tür frei, Mago!« schrie er.
»Setz dich wieder an den Tisch!« befahl der Schwarzmagier.
»Ich denke nicht daran!«
»Ich will, daß du dir die Hinrichtung ansiehst!«
»Und ich will hier raus!«
»Ich könnte dich wegen deines Ungehorsams
Weitere Kostenlose Bücher