010 - Skandal in Waverly Hall
ihm erlaubt hatte, das Bett zu verlassen. „Beruhige dich. Ich bin unschuldig, erinnerst du dich?" Er wandte sich an Bennet, der auf der Schwelle stand und ebenso nervös war wie Anne. „Fragen Sie den Inspektor, ob er nach oben kommen und mit meiner Frau und mir Tee trinken möchte", forderte er den Butler auf.
„Sehr wohl, Mylord", antwortete Bennet. Er verbeugte sich und verließ das Zimmer wieder.
Sie schwiegen eine ganze Weile. Anne lief besorgt auf und ab. Dominick nahm seine zierliche Tasse aus Wedgwood-Porzellan und trank einen Schluck.
„Wie kannst du jetzt Tee trinken?" fuhr sie ihn an.
„Dies ist genau der richtige Zeitpunkt, Anne. Komm, setz dich hin und trink ebenfalls." Es klang wie ein leiser Befehl.
Anne war die Angst deutlich anzumerken. Trotzdem gehorchte sie und nahm wieder auf der Bergère Platz. Mit zitternden Fingern trank sie einige Schlucke. Dann klopfte es an der Tür, und sie sprang so nervös wieder auf, daß sie die Teetasse umstieß. Die braune Flüssigkeit ergoß sich über das blütenweiße Tischtuch.
„Anne..." sagte Dominick vorwurfsvoll. „Kommen Sie herein, Bennet."
„Inspektor Hopper, Euer Lordschaft", verkündete der Butler und ließ den untersetzten Beamten ein.
Hopper blieb in der Mitte des Zimmers stehen. Sein schlecht sitzender Anzug war von der Reise zerdrückt, und eine leichte Röte stieg ihm vom Hals ins Gesicht.
„Mylord ... Mylady. Bitte verzeihen Sie die Störung. "
Dominick lächelte freundlich. „Sie sei Ihnen verziehen, Inspektor. Kommen Sie, setzen Sie sich zu uns."
Hopper trat näher und nahm auf einem rotgepolsterten Stuhl Platz, dessen Armlehnen und Beine mit Schnitzereien verziert waren. Er winkte ab, als Anne ihm eine Tasse Tee einschenken wollte. Neugierig sah er Dominick an, der einen Hausmantel trug. „Haben Sie sich verletzt, Mylord?" fragte er.
„Ein unglücklicher Schuß", antwortete Dominick so beiläufig, als handelte es sich um etwas Alltägliches. „Ich nehme an, Sie sind gekommen, um mir Vorwürfe zu machen, weil ich London verlassen habe."
„Nein, im Gegenteil", antwortete Hopper.
Anne riß erstaunt die Augen auf.
„Ich habe die große Freude, Ihnen mitzuteilen, daß Sie nicht mehr des Mordes an Fairhaven verdächtigt werden."
„Wie bitte?" rief Anne und sprang auf.
Dominick lächelte befriedigt. „Das ist eine sehr gute Nachricht, Inspektor. Was haben Sie herausgefunden?"
„Ein Zeuge hat sich gemeldet, eine absolut glaubhafte Person, das versichere ich Ihnen. Er sah den gesamten Streit, auch den Sturz, der zu Fairhavens Tod führte."
Anne und Dominick wechselten einen Blick. „Verstehe", sagte Dominick. „Ist Ihnen die Identität des Mörders bekannt?"
„Nein, sie war tief verschleiert."
„Sie?" wiederholte Anne verblüfft und sah Dominick erneut an.
„Ja, erstaunlich, nicht wahr? Offensichtlich hatte Fairhaven einen Streit mit einer Frau. Sie stieß ihn heftig zurück, und er verlor das Gleichgewicht. Wir haben nicht die geringste Ahnung, wer die Frau gewesen sein könnte. Sie war nicht nur verschleiert, sondern mit einer Mietdroschke gekommen. Allerdings haben wir bereits zahlreiche Hinweise zu ihrer Person erhalten." Er strahlte über das ganze Gesicht.
„Nun, das ist wirklich eine gute Nachricht, Inspektor", sagte Dominick und setzte sich gerader. „Danke, daß Sie sie meiner Frau und mir persönlich überbracht haben.
Wir wissen es sehr zu schätzen."
Hopper stand auf. „Es war mir ein aufrichtiges Vergnügen, Mylord. Ich bin hocherfreut, daß sich Ihre Unschuld herausgestellt hat. Und jetzt möchte ich nicht länger stören, sondern mich gleich wieder auf den Weg machen."
„Das kommt nicht in Frage." Anne ging zu ihm und faßte seine Hand. „Sie können heute abend nicht mehr nach London zurückkehren. Übernachten Sie hier. Wir essen um acht und würden uns freuen, wenn Sie sich uns anschlössen, Inspektor. "
Hopper sah sie erstaunt an und betrachte den Raum mit der hohen Decke und dem kostbaren Mobiliar. „Ich habe noch nie in solch einem wunderbaren Haus geschlafen. Vielen Dank, Mylady."
Kurz darauf wurde er von einem Bediensteten in ein Gästezimmer geführt. Anne wandte sich wieder Dominick zu, und sie sahen sich eine ganze Weile schweigend an. Draußen wurde es schon dunkel, und die ersten Schatten krochen herein.
Anne feuchtete ihre Lippen an. „Patrick hat immer bestritten, das Feuer in meinem Schlafzimmer gelegt zu haben. Er leugnete auch, meinem Pferd eine Spritze gegeben
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