010 - Skandal in Waverly Hall
Handschrift ist viel zierlicher! " rief Anne. Nervös zog sie ihre Nachricht aus dem Blusenausschnitt. „Diese Zeilen sehen aus, als hättest du sie geschrieben", stellte sie fest.
Dominick betrachtete das Blatt aufmerksam. „Die Unterschrift ist gut gefälscht", erklärte er. „Aber sie stammt nicht von mir."
Er drehte sich halb um und sah über die Schulter zu dem Haus.
Anne folgte seinem Blick.
Deutlich erkannten sie den Duke of Rutherford, der an einem Fenster des Ballsaales stand und sie beobachtete.
Dominick und Anne sahen sich an. „Meine Güte", sagte er endlich. „Dieser gerissene alte Mann."
„0 Dominick, wenn ich mir vorstelle, daß er das alles eingefädelt hat - daß er uns zusammengebracht hat..." Vor Erregung konnte sie nicht weitersprechen und schmiegte sich enger an ihn. „Ich liebe ihn so sehr", flüsterte sie.
Dominick war ebenfalls tief gerührt. „Hätte er uns an jenern Abend nicht mit einem Trick in den Garten gelockt, wäre ich jetzt wahrscheinlich mit Felicity verheiratet", antwortete er leise. „Zum Glück war er so klug, dies zu verhindern."
Anne hob den Kopf und beugte sich zurück. „Wir stehen beide sehr in seiner Schuld, Dominick. Wollen wir nicht als Dank für alles, was er für uns getan hat, hineingehen und ihm die wunderbare Neuigkeit erzählen?"
Dominick erstarrte unwillkürlich. „Was soll das heißen, Anne?"
Sie strahlte ihn an, und ihre Augen wurden feucht. „Es stimmt, Dominick. Ich bin heute bei Doktor Cobb gewesen. Ich erwarte ein Kind. Der Arzt hat sogar den Verdacht, daß es Zwillinge werden könnten."
Dominick stieß einen Jubelruf aus. Er hob Anne auf und drehte sich mit ihr im Kreis.
Ihre Röcke flogen, und sie lachten und weinten beide zugleich.
Der Duke of Rutherford stand in dem riesigen stillen Ballsaal des Hauses, wo er vor vier Jahren widerstrebend Domi-nicks Verlobung mit Felicity bekanntgegeben hatte.
Er stützte sich auf seinen Stock und beobachtete lächelnd, wie Dominick und Anne sich umarmten. Ihre Liebe war so stark, sie würde sie bis zum Ende ihrer Tage verbinden. Freudentränen stiegen dem Herzog in die Augen.
Ende gut, alles gut, dachte er und seufzte erleichtert. Er war sehr zufrieden. Und Janice war es auch, dessen war er gewiß. Nie hatte er ihre Gegenwart stärker gespürt als jetzt, nicht einmal an der Schwelle des Todes.
„Hab noch ein bißchen Geduld, Darling", sagte er laut. „Erst muß ich meinen Enkel begrüßen. Dann komme ich zu dir."
Federleicht berührte sie seine Wange, und ihm war, als hörte er sie „Ja" flüstern.
Rutherford drehte sich um und kehrte in die Bibliothek zurück. Er wollte die Geburtsanzeige seines Enkelsohnes aufsetzen, auch wenn es noch viele Monate dauern würde, bis er sie drucken lassen konnte. Von der Tür warf er einen letzten Blick nach draußen. Dominick führte Anne tiefer in den Garten. Er hatte den Arm um ihre Taille gelegt, und ihre Hüften berührten sich.
Nie war der Herzog so glücklich gewesen wie heute.
Die Liebe hatte auf der ganzen Linie gesiegt.
- ENDE -
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