010 - Skandal in Waverly Hall
sollten."
„Natürlich habe ich es bemerkt", meinte er breit. In Wirklichkeit war er verärgert, ja bestürzt. „Sie haben erfahren, daß Domimck in Waverly Hall ist. Deshalb kehren Sie nach Hause zurück."
„Selbstverständlich nicht", antwortete sie entrüstet. Es war eindeutig gelogen.
Blake hätte Felicity am liebsten durchgeschüttelt, damit sie zu Verstand kam und seinen besten Freund in Ruhe ließ. „Begreifen Sie doch. Domimck will Sie nicht, Felicity. Er liebt seine Frau."
„Anne?" spottete Felicity. „Das glaube ich niemals."
„Wann geben Sie endlich auf?"
Sie errötete heftig und wollte etwas einwenden.
Blake hob die Hand. „Leugnen Sie es nicht", sagte er.
„Das tue ich ja gar nicht." Sie schob sich an ihm vorüber, eilte zu ihrer Kutsche und hob die Röcke ihres grünen Reisekleides bis zu den Knöcheln an.
Blake sah ihr nach und spürte einen Stich in der Brust. Dies war eine ausgesprochen unangenehme Situation. Entschlossen trat er näher. „Fahren Sie nicht."
Felicity ließ sich von einem Lakai in die Kutsche helfen. Sie setzte sich auf den gepolsterten Sitz und sah Blake durch das Fenster an. Sie sprach kein Wort, sondern schob das Kinn trotzig vor.
Blake erkannte, welch furchtbarer Narr er war. „Adieu, Felicity", sagte er mit belegter Stimme und bekam die Worte kaum heraus. „Ich wünsche Ihnen eine gute Reise."
Felicity wurde blaß. „Wir sehen uns wieder, sobald ich zurück bin", versicherte sie ihm und lächelte endlich. „Ich werde nicht lange auf dem Land bleiben."
„Nein, das ist unter den gegebenen Umständen nicht möglich", erklärte Blake.
Sie riß erschrocken die Augen auf.
Blake klopfte seitlich an die Wand. „Fahren Sie los!" forderte er den Kutscher auf.
Der Mann löste die Bremsen. Er ruckte an den Zügeln, und der Wagen rollte an.
„Blake!" rief Felicity und beugte sich zu ihm hinaus.
Er kehrte ihr den Rücken zu und ging davon.
Zwei Tage waren seit dem unglücklichen Schuß vergangen. Dominick lag im Bett und war verärgert. Obwohl Doktor Cobb sich heute von seiner fortschreitenden Gesundheit überzeugt hatte und sehr zufrieden gewesen war, hatte er darauf bestanden, daß sein Patient einen weiteren Tag im Bett blieb.
Ein Tablett mit Essen stand rechts von Dominick. Anne saß an seiner linken Seite.
„Weshalb ißt du nichts?" schalt sie ihn.
„Meine Güte, ich habe so viel gegessen, daß es für eine ganze Armee gereicht hätte", antwortete er und legte den Arm um ihre Taille. Im nächsten Moment fand Anne sich
neben ihm auf dem Rücken wieder. Dominick beugte sich über sie und ließ keinen Zweifel an seiner Absicht. „Es gibt nur eine Möglichkeit, mich noch einen Tag im Bett zu halten, Darling", verkündete er mit äußerst verführerischer Stimme.
„Du bist noch krank!" protestierte Anne, doch ihr Herz begann zu rasen.
„Kein bißchen", murmelte er und küßte sie zum Beweis.
Es war durchaus kein züchtiger Kuß. Rasch gab Anne allen Widerstand auf. Sie öffnete die Lippen, und er drang mit der Zunge ein und begann ein erotisches Spiel, das Anne zutiefst erregte. Als er den Kopf wieder hob, glänzten seine topasfarbenen Augen. Anne rang nach Luft und wurde von einem heftigen Verlangen erfaßt.
„Dominick, es ist mitten am Tag."
„Ich dachte, solche damenhaften Überlegungen hätte ich dir in Schottland ausgetrieben", zog er sie auf.
Anne entspannte sich und streichelte sein geliebtes Gesicht. „In Tavalon Castle waren wir allein. Hier ist das Haus voller Diener, die sich berechtigte Sorgen um dein Wohlergehen machen. Du weißt ebenso wie ich, daß Bennet und Verig regelmäßig hereinschauen."
„Die Tür hat ein ausgezeichnetes Schloß", versicherte Dominick und wurde ernst.
Plötzlich ließ er sich auf die Matratze zurückfallen. „Übrigens waren wir in Schottland nicht allein, Anne."
Sie setzte sich auf und ergriff seine Hand. „Ich weiß. Zum Glück ist Patrick verschwunden."
„Ja." Dominick blickte an die Decke. „Er müßte inzwischen außer Landes sein."
Anne wünschte, sie könnte seine Sorgen lindern. „Versuchen wir, Patrick zu vergessen, Dominick. Bitte, Wir dürfen nicht mehr an die Vergangenheit denken."
Er betrachtete nachdenklich ihr Gesicht. „Vergibst du mir endlich, Anne? Vergibst du mir, daß ich ein furchtbarer Feigling und ein entsetzlicher Dummkopf war?"
„Und vergibst du mir, daß ich auch nur einen Moment annehmen konnte, du wolltest mir angst machen - und du hättest Matthew Fairhaven
Weitere Kostenlose Bücher