0106 - Der Komet aus der Hölle
das Haselnußgebüsch, in dem das eine Pferd wartete, fast erreicht, da brach auf der Lichtung ein wüster Lärm los. Kubaks Flucht war erst jetzt bemerkt worden.
Die Kosaken brüllten wie eine Horde Teufel, gaben Schüsse in die Luft ab und fluchten. Die beiden Männer verschwanden in dem Gestrüpp, stoßweise ging ihr Atem, und Zamorra band das Pferd los.
Er bemerkte, daß Kubak seinen linken Arm nur mühsam bewegen konnte.
»Du bist verletzt?« fragte er den Ataman.
»Ich habe einen Stich in die Schulter gekriegt, aber das ist nicht so schlimm. Jadwiga und Glafira sind tot, meine Männer erschlagen oder führerlos zerstreut. Zum zweiten Mal hat mir Stenka Badzak alles genommen. Gib mir das Pferd und deinen Säbel, Zamoroff, damit ich so viele wie möglich von den Feinden erschlage und dann falle und das alles nicht mehr zu sehen brauche.«
»Willst du dich feige davonstehlen, Ataman Kubak? Du sollst leben und mir helfen, den Dämon zu vernichten. Ich weiß, wo sein Hauptquartier ist. Wir müssen einige Männer sammeln und schnell hin, solange Stenka Badzak sich noch in Sicherheit wähnt. Er hat dir zweimal alles genommen, aber beim dritten Mal wird er selbst sein dämonisches Leben und alles andere verlieren.«
»Wenn ich das doch nur glauben könnte. Du hast mich überzeugt, Zamoroff, ich will es noch einmal versuchen. Der Tod wäre leicht, denn es ekelt mich, auf einer Welt zu leben, auf der ein Ungeheuer und Dämon wie Stenka Badzak umgehen darf.«
»Nicht mehr lange, Ataman.«
Die beiden Männer hatten sich hastig und flüsternd unterhalten.
Jetzt preschten Reiter an dem Gestrüpp vorbei, in dem sie sich verbargen. Stenka Badzak fluchte und tobte wegen Mihail Kubaks Flucht, er hatte Schaum vor dem Mund und erschlug die beiden Wachen, die nicht aufgepaßt hatten.
Seine Kosaken schwärmten aus wie Hornissen. Zamorra und Kubak mußten höllisch aufpassen, um ihnen nicht in die Hände zu laufen. Reitertrupps streiften in alle Richtungen, Fährten wurden gesucht.
Doch Zamorra und der junge Ataman blieben auf der Hut. Sie führten das Pferd mit fort. Immer wieder mußten sie sich verbergen oder Spuren verwischen. Den ganzen Tag über wurden sie gehetzt and gejagt, und erst bei Einbruch der Dämmerung konnten sie sich etwas sicherer fühlen.
Sie erreichten jenen Bergrücken, auf dem Zamorra und Bill Fleming Dr. Kapnin und Major Techow hatten treffen wollen. Stenka Badzaks Kosaken streiften weiter entfernt umher. Zamorra stieß Pfiffe aus, nicht allzu laut, um die Suchtrupps nicht zu alarmieren.
Pfiffe antworteten vor den zwei Männern. Sie liefen in die Richtung und zogen das Pferd am Zügel nach. Dann sahen sie Gestalten zwischen den Bäumen. Es waren Nikolaj Kapnin, Jurij Techow und einer von Mihail Kubaks versprengten Kosaken. Die Männer waren heilfroh, einander zu sehen und umarmten sich, tauschten nach russischer Art Wangenküsse.
Doch Bill Fleming fehlte. Er kam auch später nicht mehr, Zamorra erschrak tödlich. War der beste Freund, den er je gehabt hatte, tot? Oder gefangengenommen? Bange Sorge und Ungewißheit marterten Zamorra. Er versuchte, mit seinem Amulett einen Kontakt herzustellen, aber es gelang nicht.
War das der Beweis, daß Bill nicht mehr lebte? Zamorra wollte es erst glauben, wenn er Bills Leichnam vor sich sah oder zumindest aus zuverlässiger Quelle eine eidesstattliche Erklärung über seinen Tod hörte. Falls Bill Fleming aber hatte sterben müssen, dann war Mihail Kubaks Rettung sehr teuer erkauft worden.
***
Die Nacht verging, die zweite Nacht, die Zamorra, Dr. Kapnin und Major Techow im 17. Jahrhundert verbrachten. Zamorra schlief trotz seiner Sorgen und Ängste um Nicole Duval und Bill Fleming. Er brachte sich durch Selbsthypnose zur Ruhe, denn er brauchte seinen Schlaf und die Erneuerung seiner Kräfte.
Ein strahlender Sommermorgen brach an, die Vögel zwitscherten, und es war so schön und friedlich im Wald, als ob hier nie etwas Böses geschehen sei. Nach Sonnenaufgang ritt Mihail Kubak mit seinem Kosaken los. Er wollte nachsehen, ob Stenka Badzaks Männer sich noch in der Gegend befanden und nach weiteren Versprengten Ausschau halten.
Kubak und der Kosak kehrten am späten Nachmittag wieder zurück und brachten sieben Männer mit, die alle beritten waren. Einen dieser Männer erkannte Zamorra sofort, er hatte ihn vor zwei Tagen gesehen. In den Kalksteinhöhlen des Kiewo-Petscherskaja Lawra, wo er an seiner Mumie eine Totenbeschwörung vorgenommen hatte.
Die
Weitere Kostenlose Bücher