0106 - Der Komet aus der Hölle
Es schienen keine weiteren Suchtrupps in der Nähe zu sein.
Nach einer Weile öffnete der jüngere Kosak wieder die Augen. Zamorra zog seinen krummen Dolch und setzte dem Gefesselten die Spitze an die Kehle.
»Rede«, sagte er, »sonst stoße ich zu.«
Der Kosak seufzte.
»Erstich mich nur, ich habe keine Angst vor dem Tod. Wenn ich gesagt habe, was du wissen willst, tötest du mich ja doch.«
»Nein, dann lasse ich dich und deinen Gefährten gebunden hier zurück. Ihr werdet euch nach einer Weile befreien können. Falls du aber nicht redest, dann stirbst du.«
Zamorra sah einen Hoffnungsschimmer in den Augen des Gefangenen. Er hätte nie einen wehrlosen Gefesselten getötet, aber das wußte der Kosak nicht.
»Was willst du wissen?«
»Wie heißt du?«
»Pawel Illjitsch.«
»Wie viele seid ihr, und wie habt ihr das Lager des Atamans Kubak und seiner Kosaken gefunden?«
»Wir sind 120 Mann, Stenka Badzak selbst führt uns an. Der Ataman Kubak ist von einem seiner Männer für tausend Goldrubel verraten worden. Das ist die Wahrheit.«
»Wollt ihr lange hei dem zerstörten Lager bleiben und nach Flüchtigen jagen?«
»Nein, wir reiten noch heute wieder ab. Die Hälfte von uns streift durch die Wälder und sucht Flüchtlinge, denn Stenka Badzak zahlt zweihundert Rubel für jeden Kopf, der ihm gebracht wird. Aber es lohnt kaum, denn die Wälder sind groß, nur wenige konnten entkommen.«
»Gab es Gefangene?«
»Nur der Ataman Mihail Kubak ist ergriffen worden. Die anderen wurden alle niedergemacht.«
Zamorra konnte die Sprache seines Gefangenen recht gut verstehen. Dieser hatte bei ihm auch nicht allzuviel Mühe.
»Wo befindet sich Stenka Badzaks Hauptquartier?«
Pawel Illjitsch zögerte, doch dann antwortete er.
»Ich will es dir sagen, aber du mußt mir bei der Schwarzen Muttergottes von Kasachstan und bei deinem Leben und Seelenheil schwören, daß du mir und meinem Kameraden Bogdan Komarovski das Leben schenkst, wie du es versprochen hast. Dann sollst du es erfahren, auch noch mehr. Denn wenn wir uns befreit haben, müssen wir flüchten. Stenka Badzak würde uns grausam umbringen lassen, wenn er von unserem Versagen erführe.«
Zamorra schwor. Er fand es bemerkenswert, daß der Kosak Pawel Illjitsch, der einem Dämon diente, auf einen Schwur etwas gab. Doch wer kannte sich schon mit allen Widersprüchen in einem Menschen aus?
»Beim Waldkloster Podarowske Skoje«, sagte Pawel Illjitsch. »Stenka Badzak hat in diesem ehemaligen Kloster, das zu einer Festung hergerichtet ist, mehrere gefangene Frauen in den Zellen angekettet, die er elend verhungern läßt. Der Grausame Stenka ist durch den Verrat einer Frau ergriffen und hingerichtet worden. Doch obwohl sein Leichnam verbrannt wurde, erwachte er wieder zum Leben. Er haßt die Frauen, wenn er eine findet, die der Verräterin Larissa Czerskaja ähnlich sieht, läßt er sie, wenn möglich, nach Podarowske Skoje bringen, wo sie verschmachten soll.«
Zamorra fragte nach Nicole Duval, aber über sie konnte ihm der Kosak keine Auskunft geben. Er wußte nur, daß Larissa Czerskaja vor nicht ganz vier Wochen in einem Versteck ergriffen und nach Podarowske Skoje verschleppt worden war.
Stenka Badzak hatte die ganze Ukraine nach ihr absuchen lassen. Das Kloster von Podarowske Skoje war in einem scharfen Tagesritt zü erreichen.
Zamorra knirschte mit den Zähnen, er wußte genug. Er knebelte Pawel Illjitsch wieder und ließ ihn und den noch immer bewußtlosen Bogdan Komarovski liegen. Er erzählte Bill alles, der von den russischen Worten nichts verstanden hatte.
»Auf nach Podarowske Skoje«, sagte der. »Wir müssen Nicole so schnell wie möglich befreien. Sie ist zwar immer auf ihre schlanke Linie erpicht, zählt Kalorien und alles mögliche, aber einer so drastischen Abmagerungskur wird sie sich doch nicht lange unterziehen wollen.«
»Wir sehen uns zuerst einmal das Lager an, Bill. Vielleicht finde ich eine Gelegenheit, nahe genug an Stenka Badzak heranzuschleichen, daß ich ihm die Silberkugel in den Kopf jagen kann. Oder es gibt eine Möglichkeit, Mihail Kubak zu befreien. Er ist das Haupt des Widerstandes gegen Stenka Badzak. Ohne ihn fällt alles zusammen, und allein können wir wenig ausrichten. Die Pferde nehmen wir mit, ich glaube, wir können sie gut gebrauchen.«
Bill Fleming stöhnte, diese Aktion im Jahr 1679 war wesentlich schwieriger und gefährlicher, als er sich das vorgestellt hatte. Der Dämon Stenka Badzak beherrschte die gesamte
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