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0106 - Der Komet aus der Hölle

0106 - Der Komet aus der Hölle

Titel: 0106 - Der Komet aus der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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und Entscheidungen zu treffen. So eine sogenannte Wahlregierung kann doch nur Stümperei zustandebringen.«
    Zamorra gab es auf, die Demokratie und den Kommunismus erklären zu wollen. Nikolaj Kapnin mußte einsehen, daß er diesen Vorfahren des Staates der Arbeiter und Bauern die Segnungen der Oktoberrevolution nicht schmackhaft machen konnte.
    Doch dazu war er auch nicht hergekommen.
    Zamorra scheute sich davor, dem Popen Boromir zu berichten, daß dieser laut den Überlieferungen beim Kampf gegen den Dämon Stenka Badzak sterben würde. Diese Überlieferungen, die Svetlana Techowa den Männern berichtet hatte, waren überhaupt sehr ungenau und ließen alle möglichen Schlüsse zu.
    Zamorra konnte siegen oder scheitern. Mit Schrecken vergegenwärtigte er sieh, daß er durch seine Handlungen die Zukunft mitgestaltete. Wenn er im Jahr 1679 einen Menschen tötete, wirkte sich das aus. Zamorra stellte sich die alte Streitfrage, ob er vielleicht die Geschichte verändern konnte.
    Theoretisch hätte es möglich sein können, aber in der Praxis glaubte er es nicht. So leicht ließ sich die Vorsehung nicht ins Handwerk pfuschen. Was geschehen sollte, das geschah, und auf irgendeine Weise würde alles seinen Lauf nehmen. Zamorra sah die Welt nicht als ein Chaos an, in dem alles ohne Sinn und Zweck stattfand und der blinde Zufall regierte.
    Er legte sich unter seine Decken, dachte an Bill Fleming und Nicole Duval und schlief ein.
    ***
    Nicole Duval spürte bohrenden Hunger, und Larissa Czersjaka wurde von Tag zu Tag schwächer. Stenka Badzak riß an diesem Abend die Zellentür auf, ein mit Ketten gefesselter Gefangener wurde von zwei Kosaken hereingestoßen. Der bucklige Grigorij grinste im Hintergrund.
    »Bill!« rief Nicole Duval aus.
    »Ja«, sagte der Dämon grimmig, »das ist dein Freund, der wie du aus einer fernen Zeit stammt. Doch er hat nicht mehr lange zu leben, denn übermorgen lasse ich ihn von wilden Pferden zerreißen.«
    Übermorgen, das war am Sonntag. Nicole Duval dachte wider Willen an das Oistrach-Konzert, das sie an diesem Tag mit Zamorra und Bill Fleming hatte aufsuchen wollen. Sie seufzte, das schien ihr so fern zu sein wie der Mond. Das 20. Jahrhundert war für Nicole Duval im Moment so entrückt wie ein Traum.
    »Zamorra ist unterwegs, Nicole«, sagte Bill. »Gib nur die Hoffnung nicht auf.«
    Der Grausame Stenka lachte und versetzte ihm einen Schlag, daß er in die Knie brach.
    »Hoffen und Harren macht manchen zum Narren«, höhnte er. »Dieser Zamorra oder Zamoroff kann gegen mich nichts ausrichten, wenn er sich herwagt, werde ich ihn wie eine Laus zerquetschen. So, Duvalinska, jetzt hast du Flemskij gesehen, er wird wieder fortgebracht. Aber bei seinem Ende wirst du anwesend sein und ihn schreien hören.«
    »Da kannst du lange warten, dreckiger Teufelsdiener«, sagte der blonde Historiker, der sich wieder erhoben hatte.
    Stenka Badzak schlug ihm ins Gesicht und stieß ihn hinaus.
    »Werft ihn in eine freie Zelle und kettet ihn an. Grigorij, bring mir mein Essen. Die schönen Damen sollen sich am Anblick und am Geruch der Speisen laben und Zusehen, wie es mir schmeckt.«
    Wieder lachte er teuflisch. Sein hünenhafter buckliger Diener beeilte sich, Tisch und Sessel zu bringen und die Speisen aufzutragen. Diesmal fraß der dämonische Ataman mit der roten Enthauptungslinie um den Hals und den glühenden Augen schmatzend eine Okroska-Suppe mit Fleischstückchen, Galuschki und Schaschlik.
    Nicole lief das Wasser im Mund zusammen, ihr Magen schmerzte heftig, in ihren Eingeweiden bohrte und stach es. Larissa Czerskaja zerrte an ihren Ketten und warf sich vorwärts. Stenka Badzak hielt ihr einen Schaschlikspieß hin.
    »Da, willst du essen?«
    Sie antwortete nicht.
    »Wenn du meinen Stiefel küßt, kannst du diese Fleischstückchen haben. Und wenn du mich kniefällig darum bittest. Na, wie ist es?«
    Die abgemagerte Frau drehte sich um und wandte das Gesicht zur Wand.
    »Von dir nehme ich nichts, Stenka Badzak. Lieber verhungere ich. Ich verfluche dich in die tiefste Hölle.«
    »Und du, Duvalinska?«
    »Schmier dir deinen Schaschlik auf die Glatze, du häßlicher Affe!«
    Das Gesicht des Dämons verzerrte sich.
    »Soll ich die Knute holen?« fragte der bucklige Grigorij eifrig. »Wollt Ihr sie peitschen, Herr?«
    »Nein, sie werden schon noch andere Töne singen. Heute sind sie verstockt, aber das gibt sich.«
    Nicole Duval vermied es, die Speisen anzusehen. Stenka Badzak hatte an diesem Abend keinen

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