0108 - Die Wüste des Todes
waren, und die glitzernde Reihe der kleinen Fläschchen mit violettgelben Etiketten dahinter. Er war sich gerade darüber klargeworden, daß er hierauf Lepso mehr eine Marionette zu sein schien als sein eigener Akteur, und jetzt kam schon wieder jemand und wollte ihm sagen, was er zu tun hätte. Das war zuviel. „Nehmen Sie das Zeug wieder mit und trinken Sie es allein", fuhr er mit mühsam unterdrückter Wut das Mädchen an. „Wenn ich etwas trinken will, bestelle ich es mir selbst und dann möchte ich, daß es über die Zimmerleitung geliefert wird Verstanden ?" Das Lächeln verschwand vom Gesicht des Mädchens. Ron sah noch wie es die Augen zusammenkniff und ihn voll unbeherrschten Zorns anblickte. Dann drehte sich die Araukanerin rasch um und verließ eilends den Raum. Ron drückte auf einen anderen Knopf der Schaltleiste und horchte, wie die Tür sich mit dumpfem Schmatzen schloß. Lepso! Was war das doch für eine närrische Welt!
Noch am selben Abend machte Ron Landry ausfindig, wo Dr.
Zuglert sein Büro gehabt hatte, und nahm sich vor, sich im Laufe der Nacht dort umzusehen. Inzwischen hatte er durch ein Telekom-Gespräch mit der nächststehenden terranischen Flotteneinheit erfahren, daß über Zuglerts Verbleib nichts hatte ausfindig gemacht werden können. Zuglerts Personalien dagegen waren, soweit er sie der Polizei auf Lepso, um eine Daueraufenthaltsgenehmigung zu bekommen, hatte angeben müssen, bekannt. Zuglert war Biomediziner der seine Forschungen der Entwicklung neuer Heilstoffe gewidmet hatte Schweizer von Geburt, besaß Zuglert den Doktortitel der Universität Bologna, war zweiundfünfzig Jahre alt und hatte bis zum Zeitpunkt, seines Verschwindens vierzehneinhalb Jahre auf Lepso gelebt.
Währenddessen hatte er, soweit die Polizei wußte, Zanithon nur drei- oder viermal für längere Zeit verlassen. Er besaß ein Büro in der sechsundachtzigsten Straße. Jedermann war sich darüber im klaren, daß ein Forscher wie Zuglert irgendwo auch ein Labor haben müsse. Aber über dessen Lage war nichts bekannt. Im übrigen weigerte sich die Polizei von Lepso, nach dem Verschwundenen zu suchen. Ihr Argument war, daß auf Lepso jeder nach Belieben verschwinden und wieder auftauchen könne und daß Zuglert es vielleicht als Einschränkung seiner persönlichen Freiheit betrachten würde, wenn man nach ihm forsche. Dazu sagte der Offizier, mit dem Ron Landry sich unterhielt: „Das war natürlich weiter nichts als eine faule Ausrede. Major. Die Burschen wollen sich einfach nicht darum kümmern.
Vielleicht käme etwas dabei heraus, was sie lieber begraben wissen." Diese Äußerung ging Ron nicht mehr aus dem Kopf, als er sich auf den Weg zur sechsundachtzigsten Straße machte.
Unten im Foyer stand eine andere Araukanerin hinter der Empfangstheke. Sie war ebenso schön wie die erste, die Ron hatte zum Trinken verleiten wollen. Aber sie lächelte Ron nicht an.
Wahrscheinlich war sie von ihrer Kollegin informiert worden.
Ron ging ein Stück zu Fuß. Die Dunkelheit war hereingebrochen und Lichtquellen aller Arten und Farben hüllten die Stadt in eine Flut verschwenderischer Helligkeit. Ron umrundete den Platz, der den Mittelpunkt der Stadt Zanithon bildete, zur Hälfte und bekam auf diesen zwanzig Minuten Weg soviel verschiedenartige Bewohner der Galaxis zu sehen wie sonst nicht in drei Jahren.
Er hatte unterwegs alle Tricks angewandt, die einem geschulten Agenten beigebracht worden sind, und fühlte sich ziemlich sicher, daß niemand ihm auf den Fersen war. Er nahm ein Taxi, das diesmal von einem riesigen, furchterregenden Naat gesteuert wurde, und ließ sich zur vierundachtzigsten Straße bringen. Die letzten zwei Häuserblöcke ging er wieder zu Fuß. Die sechsundachtzigste Straße erwies sich als typischer Teil eines Büroviertels. Alte Bauwerke aller möglichen Baustile ragten rechts und links in den Himmel, und Tausende von Lichtreklamen machten eine eigentliche Straßenbeleuchtung unnötig. Der Fahrzeugverkehr auf der Straße besaß den üblichen beeindruckenden Umfang. Fußgänger gab es dagegen nur wenige. In dem Haus, in dem Zuglerts Büro lag, waren noch einige Fenster erleuchtet. Irgend jemand, dachte Ron amüsiert, ist so sehr hinter dem Geld her, daß er sogar nachts arbeitet. Er stieg die Reihe flacher, weiter Stufen hinauf, die zu dem riesigen, gläsernen Portal führten und wunderte sich nicht, daß er sich die Tür selbst öffnen mußte. Der Pfortenmechanismus war abgeschaltet worden, als
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