0109 - Broadway-Krieg
auffuhr.
»Spuck ihn schon aus!«, schrie er.
»Chico!«
***
Wir standen vor dem Haus, starrten das Haus an und sahen dann uns an. 420 war ein Hochhaus von sechzig Stockwerken, in dem sich keine Wohnungen befanden, sondern nur die Büroräume von Hunderten von Firmen.
Phil warf mir einen Seitenblick zu. Ich hörte, wie er verächtlich murmelte: »Das wussten wir auch gestern schon. Das nützt uns gar nichts.«
»Aber ich weiß auch die Adresse«, sagte ich langsam. »Houston Street 420.«
Für einen Augenblick war er sprachlos, dann lachte er hart.
»Los, es hilft nichts«, sagte ich. »Cant hat diese Adresse genannt.«
Wir gingen ins Pförtnerbüro.
»Wir suchen ein Unternehmen, dessen Namen wir vergessen haben«, setzte ich dem Pförtner auseinander. »Es ist aber sicher, dass es sein Büro hier im Hause hat.«
»Wenn Sie mir sägen, womit die Firma sich beschäftigt, kann ich Ihnen sicher helfen«, antwortete er diensteifrig.
Ich lachte etwas gequält. Er hob die Brauen.
»Wissen Sie nicht einmal das?«
»Leider nein, aber ich glaube, irgendwo muss die Bezeichnung ›Chico‹ in dem Namen Vorkommen.«
»Chico? Nie gehört! Sie müssen doch wissen, mit wem Sie Geschäfte machen wollen. Wir haben Ärzte, Rechtsanwälte, Export- und Importfirmen, Häuser-Makler, Pelz- und Juwelenhändler.«
»Schon gut! Zeigen Sie mir die Liste der Mieter! Vielleicht erinnere ich mich, wenn ich den Namen sehe.«
Widerwillig gab er uns einen Aktenordner, der einhundertundachtzig Namen enthielt. Wir machten uns an das Studium. Eine verdammt mühselige Arbeit.
Dann stieß ich auf einen Namen, bei dem ich stockte.
»Lawer? Erinnerst du dich an den Namen?«
»Klar, Edsel Lawer, der angebliche Rechtsanwalt, der sich einmischte, als du die Auseinandersetzung mit Tozzo im Yankee hattest. Wir haben bei der Anwaltskammer nachgeforscht, aber dort war er nicht eingetragen. Sie sagten uns, es brauche nichts zu bedeuten. Jeder könne den Anwaltsberuf ausüben, ohne der Kammer anzugehören.«
Ich kaute auf meiner Unterlippe.
»Immerhin seltsam, dass er in dem Hause wohnt, in dem Chico sich aufhalten soll.«
»Wollen wir ihn uns ansehen?«
»Nein. Ich halte es für besser, wenn wir ihn nicht darauf aufmerksam machen, dass wir uns für ihn interessieren. Die Gang nimmt sicherlich an, dass Cant auf der Stelle tot war und nicht mehr sprechen konnte. Wir wollen sie in diesem Glauben lassen.«
Phil hatte Bilder von Tozzo, Cant und Former bei sich. Er zeigte sie dem Pförtner.
»Kennen Sie diese Leute?«
Der Pförtner warf nur einen flüchtigen Blick auf die Bilder und zuckte die Achseln.
»Hier gehen täglich Tausende ein und aus. Ich kann mir nicht jedes Gesicht merken.«
Das Haus Nummer 420 hatte drei Eingänge. Keine halbe Stunde nach unserem Besuch wurde jeder dieser Eingänge von einem G-man überwacht. Jeder von ihnen kannte Ranco Tozzos Bild, und Larry Gonzales und Edsel Lawer beschrieben wir ihnen genau. Phil und ich richteten uns auf dem 6. Revier ein. Die G-men hatten Anweisung, nichts zu unternehmen, was immer in oder vor dem Haus Houston Street 420 geschehen sollte, außer es uns zu melden.
Aber die erste Meldung kam nicht von unseren Kollegen, sondern von dem Bankdirektor der Solender Bank, bei der das geheimnisvolle Konto Nummer 86 433 geführt wurde.
»Ich sollte Sie anrufen, falls auf dem Konto 86 433 etwas abgehoben wird«, sagte er, ziemlich aufgeregt. »Hier ist ein Mann, der das Stichwort kennt und dreißigtausend Dollar abheben will. Kommen Sie schnell. Lange kann ich ihn nicht aufhalten, ohne Verdacht zu erregen.«
Phil blieb im Revier zurück. Ich flitzte allein zur Bank, die zum Glück nur drei Straßen weiter lag.
Als ich die Halle betrat, wurden die dreißigtausend Dollar gerade ausgezahlt, und ich brauchte nicht die Informationen des Direktors oder des Kassierers. Larry Gonzales stand an der Kasse und packte Dollarbündel in eine braune Aktentasche.
Bisher hatte der kleine, schmale Südamerikaner im Schatten der Ereignisse gestanden. Erst als vor O’Neils Drugstore spanische Befehle fielen, erhielt er größeres Gewicht, und jetzt, da ich ihn sah, wie er Geld vom Konto der Bande holte, wurde er zu einer wichtigen Figur.
War er der neue Chef des Broadway? Wohl kaum! Der Südamerikaner, sicherlich älter als vierzig Jahre, mit braunem, fast traurigen Gesicht und dem stark ergrauten Haar war nicht der Typ des Bandenführers. Leute seines Schlages waren selten in schießwütigen Banden. Er schien
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