011 - Sanatorium der Toten
wenn das Gegenteil bewiesen ist…
Die Tatsache,
daß der unheimliche Marquis vor mehr als zweihundert Jahren gelebt hatte,
berührte ihn allerdings eigenartig…
Larry rief
den Polizeichef von Niort an. Der Beamte war erfreut, als er die Stimme von X-
RAY-3 hörte.
»Was für ein
Ergebnis hat die Untersuchung der Tatwaffe erbracht?« wollte Larry wissen.
Der
rätselhafte Mord an der Nachtclub-Besitzerin war ein weiterer Mosaikstein in
dem undurchsichtigen Fall, der ihn immer mehr Zeit und Kraft kostete…
»Tja, das ist
so eine Sache, Monsieur«, klang es am anderen Ende der Leitung. »Wir haben
einen Spezialisten zu Rate ziehen müssen. Das Ergebnis ist ein wenig
merkwürdig. Solche Jagdmesser gibt es eigentlich gar nicht mehr, oder, wenn sie
schon jemand besitzt, dann gehören sie eher in eine kostbare Sammlung. Das
Messer stammt aus dem Jahre 1789, das ist das Jahr der Französischen
Revolution, Monsieur Brent…«
An der
Rezeption wurde ihm eine Depesche überreicht. Antwort von X-RAY-1!
Larry ging
hinauf in sein Zimmer, das im zweiten Stock lag, riß den Umschlag auf und war
erstaunt, eine so kurze Mitteilung zu finden. Sie war verschlüsselt, doch Larry
kannte den Dechiffrierungsschlüssel auswendig.
Vielen Dank
für die Glückwünsche. Wir haben uns sehr gefreut. Wir möchten Dich jetzt gerne
sehen, besonders Jeanny. Ich glaube, daß sie im Laufe des morgigen Tages
unverhofft eintrifft.
Mach Dich auf
etwas gefaßt. Wenn Du schlau bist, hältst Du Dich am besten im Cafe Dumont auf.
Gruß – Papa.
Larry Brent
las die Nachricht ein zweites Mal.
X-RAY-1 gab
ihm keinen Hinweis. Er kündigte die Ankunft einer Spezialagentin an. Die
Computer in New York mußten einen ungeheuerlichen Vorschlag entwickelt haben,
daß sich der unbekannte Leiter der PSA zu einer derartigen Entscheidung
entschlossen hatte.
Mit Jeanny
war niemand anderes als Morna Ulbrandson alias X-GIRL-C gemeint.
Larry hielt
eine Streichholzflamme an die Depesche, und das Papier verbrannte im Ascher.
Dann warf
sich Larry Brent auf das Bett und starrte mit offenen Augen zur Decke. Große
Ereignisse warfen ihre Schatten voraus, und er konnte es kaum erwarten, am
nächsten Tag im Cafe Dumont zu sein. Wenn sich X-RAY-1 nicht äußerte, dann
bedeutete das, daß Morna Ulbrandson ein ganzes Paket Überraschungen mitbrachte.
●
Die
Mittagszeit hatte X-RAY-1 als spätesten Zeitpunkt angegeben.
Um elf Uhr
vormittags saß Larry schon im Cafe Dumont. Es war warm, sonnig, und ein
makellos blauer Himmel spannte sich über Niort. Die Straßen waren belebt, die
Frauen gingen einkaufen, Arbeiter reparierten an der gegenüberliegenden
Straßenkreuzung eine Verkehrsampel.
Das Café war
gut besucht. Viele junge Pärchen saßen bei einer Tasse Kaffee, einem Eis oder
einem Tee beisammen, plauderten, rauchten eine Zigarette oder blätterten im
Figaro oder in der Humanité.
Ein
friedliches Bild, so eine Stadt an einem herrlichen Sommertag, der gar nicht
dazu geeignet war, trübe Gedanken aufkommen zu lassen.
Larry trank
einen Eiskaffee und blickte immer wieder die Straßen hinab. Er hatte von einem
weit nach vorn gestellten Tisch aus eine ausgezeichnete Sicht über zwei
Straßenkreuzungen und auf eine Bushaltestelle. An dem gegenüberliegenden
Geschäft drängten sich die Touristen und betrachteten die Souvenirs. Der
berühmte Wehrturm aus dem 12. Jahrhundert, ein Wahrzeichen der Stadt, das auf
jeder Ansichtskarte zu sehen war, das es in Plastik und Leichtmetall zu kaufen
gab, in Gold- und Silberbronze angestrichen, ging weg wie warme Semmeln. Larry
sah unter den Touristen viele Amerikaner in kurzen bunten Hosen, mit dunklen
Sonnenbrillen auf den Nasen, alles in die Hand nehmend, mit auffallender Mimik
alles beschreibend. Gelächter. Da wurde Geld ausgegeben, für Kitsch, den sie zu
Hause in den Schrank stellten oder auf die Kommode, wo der Kram verstaubte.
Souvenirs aus
dem alten Europa, sie waren ganz versessen darauf. Ein neuer Reisebus der
französischen Eisenbahn – SNCF – traf ein, spie einen Strom von Touristen aus,
die sich in den Straßen, Restaurants und Cafés verteilten. Gruppenfotos wurden
geschossen, weitere Souvenirs gekauft.
Larry hatte
Mühe, seinen Tisch zu verteidigen. »Die Plätze sind besetzt. Ich erwarte ein paar
Freunde!«
Hoffentlich
kam sie bald. Es war kaum anzunehmen, daß sie mit einer planmäßigen Maschine in
Frankreich eingetroffen war. Larry vermutete, daß X-RAY-1 ein Sonderflugzeug an
der französischen
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