011 - Sanatorium der Toten
Atlantikküste hatte wassern lassen, das die Agentin an Land
setzte. Irgendwo in einer der seenahen Städte war ihr dann ein Fahrzeug zur
Verfügung gestellt worden. Auf diese Weise operierten die Agenten der PSA oft,
wenn ein Fall rasch bearbeitet werden mußte.
Larry sah
einen saharagelben 2 CV die Straße herabkommen. Er registrierte diesen Wagen,
ohne sich ihn genauer anzusehen. Ein paar amerikanische Touristen zwängten sich
an den Tischen vorbei, suchten unter den bunten Sonnenschirmen noch Plätze.
Am
Straßenrand entdeckte er eine dunkelgekleidete Gestalt mit einem kahlen
Schädel. Larry mußte unwillkürlich an die Person denken, die Fernand Gourmon
ihm beschrieben hatte, an Marcel, den harmlosen Irren, der wie ein Hund um
Professor Mineau herumzustreichen pflegte. Fernand Gourmon hatte behauptet, daß
Marcel gestern vormittag sogar in der Nähe des Herrensitzes gewesen sei. Marcel
war nicht klar bei Verstand. Und einen solchen Eindruck machte auch der
Dunkelgekleidete vorn auf dem Bürgersteig.
Ein Strom von
Touristen versperrte Larry die Sicht, und als er die Stelle wieder sah, war der
Fremde verschwunden, als hätte ihn der Erdboden verschluckt.
Da legte sich
eine Hand auf seine rechte Schulter. Es war die Hand einer Frau. Larry drehte
sich um und erblickte Morna Ulbrandson.
»Kann ich
hier Platz nehmen?« fragte sie. Sie trug ein gelbes, kurzes Kleid und auf dem
Kopf einen breitkrempigen Sommerhut.
»Bitte.«
Larry rückte ihr einen Stuhl zurecht. »Du bist von der heimlichen Sorte,
verehrte Kollegin«, fügte er gleich darauf leiser hinzu. »Ich guck mir die
Augen nach dir aus, und du tauchst hinter mir auf, als sei das die
selbstverständlichste Sache der Welt.«
Sie lächelte
und strich mit einer beinahe zärtlichen Bewegung die langen, naturblonden
Haare, die ihr ins Gesicht gefallen waren, zurück. Morna war Schwedin. »Dabei
fällt sogar mein Auto auf, Larry. Es paßt in der Farbe fast zu meinem Kleid.«
»Der
saharagelbe 2 CV«, reagierte er sofort.
Sie nickte. »Doch
gut beobachtet.«
»Ich freue
mich, daß du da bist!« Larry Brent strahlte er über das Gesicht wie ein
Schuljunge, dem man gerade ein Fahrrad geschenkt hatte. »Wir werden gemeinsam
essen, den Nachmittag dann…«
Ihr Blick
ließ ihn verstummen. »Wir sind im Dienst, Larry. Wir stecken beide mitten in
der Arbeit.«
Das
Serviermädchen kam an den Tisch. »Bitte?«
»Ein Cassata
und eine anständige Portion Sahne«, bestellte Morna Ulbrandson.
»Mir bitte
einen Noilly Prat«, verlangte Larry.
Als das
Mädchen gegangen war, nestelte die junge Schwedin an ihrer Handtasche herum,
die sie bei sich trug. »Ich habe ein paar Überraschungen für dich parat, Larry«,
sagte sie so nebenbei. »Ein ganzes Paket voll.«
»So schlimm
kann es nicht sein. Deine Tasche nimmt nicht so viel auf.«
»Der äußere
Rahmen täuscht. Das Hauptpaket besteht in mündlichen Mitteilungen, mein Lieber.«
Mit diesen Worten legte sie ein Zigarettenetui auf den Tisch, schob es ihm zu.
Sie steckte ihm gleich darauf zwei goldene Manschettenknöpfe zu. »Der rechte
Knopf enthält ein Mikrofon«, sagte sie kaum hörbar. »In dem Etui ist eine
Sendeempfangsanlage untergebracht. Reichweite gut zwanzig Kilometer. Das ist
mehr als genug. Wir werden es brauchen, denke ich. Und nun zum Wichtigsten: Die
Computer haben festgestellt, daß die Verschwundenen in irgendeiner Form alle
den gleichen Mädchentyp darstellen. Ich passe auch in diese Kategorie.
Ein Test hat
das ergeben. Ich werde aus diesem Grunde gewissermaßen als Lockvogel
eingesetzt.«
»Als
Lockvogel?« fragte Larry leise, dem einiges zu dämmern begann.
»Ich soll mir
das Privatsanatorium von Professor Mineau von innen ansehen«, fuhr sie fort.
In diesem
Augenblick kam das Serviermädchen an den Tisch.
»Keine Angst
wegen der Kalorien, Morna?« fragte Larry, als die hübsche Schwedin Eis und
Sahne zu löffeln begann.
Sie
schüttelte den Kopf. »Ich werde kein Gramm zunehmen, das kann ich dir
versichern. Ich habe das Gefühl, daß ich in den nächsten Stunden und Tagen
einige Pfund abnehmen werde.«
Sie
erläuterte ihm die Zusammenhänge: »Ich bin als Journalistin für die Zeitschrift
Life unterwegs. Seit Tagen reise ich durch Frankreich, heute und morgen bin ich
zufällig in Niort.
Ich soll
einen Exklusivbericht über das weltberühmte Sanatorium des Professors
schreiben.
Mein Besuch
wurde der Klinikleitung bereits angekündigt. Ich bin um vierzehn Uhr dort
verabredet. Ich werde, so
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