0111 - Lockruf aus dem Jenseits
nicht…?
Niemand kümmerte sich darum. Manche wunderten sich wohl, daß weder Conny noch Peter auftauchten, wenngleich sie doch äußerst interessiert an der Materie waren. Doch vielleicht waren sie an diesem Abend auf einer Fete, hauten mal ordentlich auf den Putz…
***
Babsy Castors kleine Zweizimmerwohnung, die sie mit Ina Kirchhain teilte, war in studentischer Gemütlichkeit eingerichtet. Ein paar Bilder eigener Produktion hingen an den Wänden, um einen flachen Tisch gruppierte sich eine Reihe Sitzkissen. Babsy hatte das Klappbett ausgefahren, um zusätzliche Sitzgelegenheiten zu schaffen. Gedämpfte Musik entströmte dem Tonband, und ein paar Kerzen flackerten leicht vor sich hin und erfüllten das Zimmer mit mäßiger Helligkeit.
Franz Wrantisek war der zweite Ankömmling. Knapp nickte er dem bereits anwesenden Wolfgang Ritter zu. »Wo ist Ina?«
»Holt Birgit und die Französin ab«, erklärte Babsy und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Setz dich. Wenn du Tee haben willst, mußt du dich selbst bedienen.«
Wrantisek nickte und griff nach einer dçr Tassen auf dem flachen Tisch. Suchend kreiste seine freie Hand einen Moment, dann hatte er die Teekanne entdeckt.
Aber er griff nicht zu. Ein riesiger Schatten legte sich über ihn und den Tisch.
Irritiert wandte Franz den Kopf. Doch da gab es nichts, was den Schatten werfen konnte.
»Ist was?« fragte Wolfgang.
»Der Schatten«, meinte Franz verblüfft. »Wo kommt der denn her?«
»Was für ein Schatten?« fragte Babsy. Sie erhob sich von dem Kissen, auf dem sie sich im Schneidersitz niedergelassen hatte.
Im gleichen Moment erloschen sämtliche Kerzen. Zwar war es draußen noch hell, doch hatte die Studentin die Klappläden geschlossen, um eine gemütliche Kerzenschein-Atmosphäre zu zaubern. Schlagartig wurde es im Zimmer dunkel. Und auch aus dem Korridor drang kein Licht mehr herein! Babsy stieß einen spitzen Schrei aus. »Was…?«
Franz setzte die noch leere Tasse bedächtig wieder ab. Das, was eben noch ein überdimensionaler Schatten gewesen war, zeichnete sich jetzt als matt fluoreszierende Silhouette ab.
Jetzt sahen es auch die anderen.
»Hier spukt‘s wohl«, stieß Wolfgang hervor. Franz sah, daß seine Augen in der Dunkelheit leuchteten.
Dann sah er nichts mehr. Eine unsichtbare, riesige Hand schien sich um ihn zu legen und seinen Brustkorb zusammenzupressen. Ehe er das Bewußtsein verlor, vernahm er noch den gellenden Angstschrei Babsys. Dann wußte er nichts mehr…
***
Ina Kirchhain stoppte den R 4 auf einem der Parkplätze auf der dem »Arosa« gegenüberliegenden Straßenseite. Das röhrende Geräusch des durchlöcherten Auspuffs verblubberte. Seit zwei Monaten bereits plante Ina, ihn auszuwechseln, aber es fehlte ihr stets an Geld. Und so hoffte sie beständig, keiner Polizeistreife in die Hände zu geraten.
»Wartest du hier?« fragte sie Birgit. Das Mädchen nickte. Ina stieg aus ihrer »Konservendose«, ließ die quietschende Tür lautstark zufallen und eilte über die Straße. Der Parkuhr schenkte sie keinen Blick. Nach neunzehn Uhr bestand keinerlei Verpflichtung mehr, das gefräßige Ding zu füttern.
Augenblicke später betrat die Studentin das Hotel. Ihr Blick kreiste suchend durch die Halle und fand dann die Französin in einem Sessel. Nicole war unruhig, das erkannte Ina sofort. War etwas geschehen?
Sie ging auf die Sekretärin zu. Nicole hörte die Schritte und wandte den Kopf. Dann sprang sie auf. »Ina…«
»Ist etwas passiert?« fragte Ina.
Nicole zögerte. Konnte sie sich der Deutschen anvertrauen, ohne sich lächerlich zu machen? Doch - es hatte schon genug unheimliche Vorfälle gegeben, deren Zeuge Ina auf irgendeine Weise geworden war. Der entflammte Pappdrache, das Verschwinden Zamorras, der Zusammenbruch Birgits…
»Ich hatte dämonischen Besuch«, erklärte sie. »Eine Riesenspinne tauchte in meinem Zimmer auf.«
Ina riß bestürzt die Augen auf.
»Und?«
»Und verschwand Gott sei Dank wieder«, schloß Nicole. »Aber ich hatte einen ganz schönen Bammel. Wer weiß, wann das Unheimliche wieder zuschlägt und ob die nächste Begegnung auch so harmlos ausgeht.«
»Komm erst mal mit«, beschloß Ina und hakte sich bei Nicole unter, um sie mit sich zu ziehen. Nicole wandte sich noch einmal zur Rezeption um.
Sie erschauderte.
Der Portier trug einen Reptilkopf über dem blütenweißen Hemdkragen spazieren…
Unwillkürlich ging die Französin rascher. »He«, wandte Ina ein, »bist du
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