0111 - Lockruf aus dem Jenseits
gefahren, um rechtzeitig zum Stehen zu kommen, und aktivierte die Warnblinkanlage. Sekunden später war der Stau vollkommen, die Straße blockiert.
Die Fahrertür des Admirals flog auf, und ein zitternder Fahrer kletterte heraus, blinzelte ungläubig und starrte die beiden Männer und die vier Mädchen verblüfft an. Zerfetzte, zerlumpte Kleidung, Verletzungen - hatte er sie doch erwischt…?
Zamorra trat auf ihn zu, legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Es ist nichts passiert, mein Junge«, murmelte er. »Es ist nichts passiert, wir haben alle unwahrscheinliches Glück gehabt…«
Seine Hand ließ das Amulett unauffällig in der Tasche verschwinden.
Der Fahrer hatte immer noch weiche Knie. »Mein Gott, wie sind Sie so plötzlich auf die Straßenmitte zu geraten, was…?«
Zamorra lächelte dünn.
»Das«, sagte er langsam und leise, »ist eine zu lange Geschichte, um sie hier auf der Straßenmitte zu erzählen…«
Im nächsten Moment brach er vor Erschöpfung zusammen.
***
Später saßen sie in einem Restaurant zusammen. Viel später, nachdem sie sich gründlich ausgeschlafen und von den Strapazen erholt hatten. Auch Conny Waltmann hatte es geschafft, hatte ihre Schockphase überwunden. Nur die Toten vermochte niemand mehr ins Leben zurückzurufen. Ihr spurloses Verschwinden zu klären, würde noch eine mühevolle, geradezu unlösbare Aufgabe werden. Denn wer würde ihnen jene fantastische Story ihrer Erlebnisse in einer anderen Dimension glauben?
»Wie sind wir bloß in diese wahnsinnige Geschichte hineingerutscht?« murmelte Peter Brandt mit seiner Baßstimme, während sie darauf warteten, daß das Pfeffersteak am Tisch zubereitet wurde, das Zamorra bestellt hatte. Es herrschte eine gemütliche Atmosphäre, ein krasser Kontrast zu den letzten Stunden ihrer Erlebnisse. Sanfter Kerzenschein flackerte und warf faszinierende Schattenspiele über die Menschen. Zamorra vermerkte es mit leicht erhobenen Brauen, daß jeder der Anwesenden einen Schatten warf - auch Birgit.
»Es ist im Grunde ganz einfach«, erklärte Zamorra. »Der auslösende Faktor war Ihr Drehbuch.«
»Was?« Peter beugte sich überrascht vor. »Das Drehbuch?«
Zamorra lächelte.
»Sind Ihnen die Parallelen nicht aufgefallen? Sie behandeln das Phänomen der Möbiusschleife in Verbindung mit einer Reise in eine fremde Dimension, nicht wahr? Wesen von hier gehen nach drüben, und Kreaturen von dort kommen nach hier. Daher hatten Sie doch auch den Saurier gebastelt, der in lodernden Flammen verging.«
Peter nickte. »So langsam beginne ich zu begreifen.«
»Diese Dimension gab es wirklich. Sie wurde von Ghoon und vielleicht auch von jenem Gnom beherrscht, dem ich begegnete. Das war das erste, welches dem Dämon auffallen mußte. Von da an wurde er aufmerksam, verfolgte Ihr Treiben. Und als Sie dann den Saurier konstruierten, wurde es ihm einfach zu bunt. Vergessen Sie nicht, daß er selbst in Gestalt einer Riesenechse auftrat, einem Tyrannosaurus Rex nicht ganz unähnlich. Er nahm diese Konstruktion aus Blech und Pappe als eine Verhöhnung seiner Person hin und handelte entsprechend.«
Ein klatschendes Geräusch ertönte.
Peter Brand hatte sich mit der Faust gegen die Stirn geschlagen. »Sie haben recht«, stieß er hervor. »Das muß es sein, natürlich. Es gibt keine andere Möglichkeit. Darum also der ganze Spuk…«
»Nur eines kann ich mir nicht erklären«, brummte Zamorra unwillg. »Und das ist, was der Gnom mit allem zu tun hatte. Normalerweise sind Dämonen Einzelgänger, schließen sich nur in den seltensten Fällen zu irgendwelchen Schandtaten zusammen, die dann aber schon geradezu weltumspannende Ausmaße haben. Ich kann mir nicht erklären, wie er in die Geschichte hineinpaßt, dazu fehlt mir einfach das nötige Hintergrundwissen. Und da er tot ist, werden wir es wohl auch niemals erfahren…«
»Außer«, grinste Birgit, »wir fragen einen anderen Dämon, der die beiden kennt, danach.«
Peter verpaßte ihr einen Rippenstoß. »Darauf können wir wohl verzichten, glaube ich. Mir langt es.«
»Darauf ja«, schmunzelte Zamorra. »Nicht aber auf mein Pfeffersteak…«
Das war gerade fertiggeworden, und genußvoll begann der Parapsychologe damit, es zu verzehren.
***
Hauptwachtmeister Thomassen klappte die Akte zu. »Wir lassen den Wagen ein halbes Jahr auf dem Polizeihof stehen, dann wird er verschrottet«, entschied er grimmig. »Ich habe es satt, mir mit diesem blödsinnigen Fall die Zeit um die Ohren zu
Weitere Kostenlose Bücher