0112 - Acht Minuten nach Mitternacht
Pistole, zuckte mit den Schultern, schob die Sicherung zurück und wieder vor, nahm die Kammer heraus und äugte, unter Zuhilfenahme einer winzigen Stablampe, in den Lauf.
»Durchgeladen«, meinte er und legte sie vorsichtig auf den Schreibtisch. Dann prüfte er die Patronen in der Kammer und meinte. »Es ist eine ganz gewöhnliche Waffe, wie sie bereits zu tausenden verkauft werden. Natürlich muss ich noch den Treibstoff in der Patrone kontrollieren. Es könnte ja sein, dass man diesen verändert hat. Was man aber in diesem Brief von einem neuen Modell schreibt, ist unter allen Umständen fauler Zauber. Das Modell hat bereits der alte Methusalem benutzt.«
»Seien Sie vorsichtig«, warnte der Chef. »Ich bin noch mehr als vorher der Überzeugung, dass das Ding gefährlich ist.«
»Ich klemme mich sofort dahinter«, sagte Slick, steckte die gefüllte Kammer in die Tasche und ging, die Waffe auf der Handfläche balancierend, hinaus.
»Lassen Sie mich wissen, was damit los ist«, bat der Chef, bevor er ging.
Es dauerte keine zehn Minuten, bis das Haustelefon schnurrte. Es war Mr. Slick.
»Sie haben mehr Schwein gehabt als Verstand, Cotton«, sagte er. »Wissen Sie, mit was die Patronen gefüllt sind?«
»Mit Marmelade«, versuchte ich zu scherzen.
»Nein, mit TNT. Der erste Schuss hätte die Waffe auseinandergerissen. Die restlichen in der Kammer sitzenden Patronen ebenfalls zur Explosion gebracht, und was dann von Ihnen übrig geblieben wäre, hätte man auf einer Schaufel zusammenkehren können.«
»Mahlzeit«, sagte ich, aber ich konnte es nicht verhindern, dass mir der Schreck noch nachträglich in die Glieder fuhr.
»Die Waffe ist im Übrigen in Ordnung. Wenn Sie normale Patronen hineinstecken, ist sie sogar recht brauchbar. Ich habe sie eben ausprobiert.«
»Dann schicken Sie sie mir wieder, Ich werde sie zum ewigen Andenken aufheben.«
Neville kratzte sich hinterm Ohr.
»Dass mir altem Dummkopf auch so etwas passieren muss«, knurrte er. »Dabei hätte ich es doch wissen müssen. Denselben Streich hat einer von Al Capones Leuten vor fünfundzwanzig Jahren gemacht, nur das er damals Dynamit verwendete und einen Captain der City Police in die Luft jagte. Aber so etwas fällt einem immer zu spät ein.«
»Jetzt möchte ich nur wissen, wem ich diese freundliche Aufmerksamkeit zu verdanken habe«, überlegte ich.
Phil meinte:
»Das ist eine Preisfrage. Du hast soviel ›Freunde‹, die dir die Pest an den Hals wünschen, dass es kaum möglich sein wird, den richtigen zu finden. Ich würde auf alle Fälle die Verpackung nach oben geben, aber Fingerabdrücke sind bestimmt nicht darauf, und sowohl Schachtel als auch Papier kannst du in dieser Qualität in jedem Fünf-Cent-Laden kaufen.«
»Wenn ich nicht voreingenommen wäre, würde ich Willets verdächtigen«, brummte ich nachdenklich. »Kantor und seine Genossen sind für derartige Feinheiten nicht zu haben. Wenn sie wirklich wüssten, wer ich bin, und das bezweifele ich, so würden sie mir an einer dunklen Straßenecke mit einem Stück Gasrohr oder einem Sandsack auflauem und mir den Kopf einschlagen. Dieser Scherz trägt eine andere Handschrift.«
»Wenn der Satan einmal besonders gut gelaunt ist, wird er es dir vielleicht verraten«, erwiderte Phil. »Jedenfalls bist du noch einmal davongekommen.«
Die Pistole wurde zurückgebracht und dazu ein Päckchen normaler Munition, die Mister Slick beigelegt hatte. Ich lud und legte sie in die Schreibtischschublade.
Ich konnte es mir nicht verkneifen, Willets anzurufen. Wenn er, obwohl ich das stark bezweifelte, der Absender des Liebespakets gewesen war, so würde er sich wahrscheinlich verraten.
Gaby war am Telefon.
»Ist Sam zu Hause?«, fragte ich nach den üblichen Begrüßungsformalitäten.
»Nein, noch nicht. Ich erwarte ihn jede Minute. Haben Sie etwas Besonderes?«
»Nein, eigentlich nicht. Wissen Sie übrigens, dass er mir heute den dringenden Rat gegeben hat, zu verreisen und Miss Evelyn mitzunehmen?«
Es dauerte einen Augenblick, bis sie antwortete. Ihre Stimme klang dringend.
»Ja, ich weiß es, und ich schließe mich seiner Bitte an. Er ist vollständig durcheinander und sagte, dies sei der einzige Weg, um ein Unglück zu verhüten. Was er damit meinte, weiß ich nicht. Wir haben eine furchtbare Szene gehabt. Jedenfalls habe ich ihm gedroht, ich werde die Verlobung lösen und ihn einfach im Stich lassen, wenn er nicht innerhalb einer Woche ein freier Mann sei. Ich kann unter diesem
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