0112 - Acht Minuten nach Mitternacht
dauernden Druck und Angstgefühl nicht mehr leben. Lieber mache ich Schluss. Ich kann es nicht begreifen, warum er nicht sein Bankkonto abhebt und wegfährt. Dann wäre alles in Ordnung.«
»Vielleicht stellen Sie sich das zu einfach vor, Gaby. Ich fürchte, dass die Macht der Leute, die ihn irgendwie in der Hand haben, sehr viel weiter reicht als bis zu den Stadtgrenzen von New York.«
»Ich jedenfalls kann nicht mehr. Ich bin fertig.« Ich hörte es ihrer Stimme an, dass sie nicht schauspielerte, und sie tat mir unendlich leid, ab er ich konnte ihr nicht helfen.
»Wenn ich Ihnen einen Rat geben dürfte, so tun Sie genau das, was man von mir verlangt hat. Setzen Sie sich ins nächste Flugzeug und machen Sie, dass Sie wegkommen. Ich gebe Ihnen gern einen Brief mit, der Sie des Schutzes der örtlichen Polizei versichert.«
»Wieso können Sie das denn?«, fragte sie konsterniert, und da merkte ich, dass ich mich zu einer Unüberlegtheit hatte hinreißen lassen.
»Ich habe so meine Beziehungen. Ich kenne einen hohen Beamten der Staatspolizei, der mir diesen Gefallen gerne tun wird«, redete ich mich heraus.
»Vielleicht werde ich sie in den nächsten Tagen beim Wort nehmen«, sagte sie. »Soll ich Sam etwas ausrichten, wenn er nach Hause kommt?«
»Ja. Sagen Sie ihm meine Freundin sei mit unbekanntem Ziel abgereist, während ich selber aber hier bliebe. Er kann das den daran interessierten Leuten ausrichten.«
Damit war auch diese Unterhaltung zu Ende. Es war mittlerweile spät geworden. Phil und ich gingen zusammen zum Essen, sahen uns in einem Non-stop-Kino die Wochenschau und einen Disney-Film an, und als es dann halb zehn geworden war, hatte ich keine Ruhe mehr. Ich überließ meinen Freund seinem Schicksal und fuhr nach Hause.
Vor der Tür stand der Hauswart und griente.
»Eine verdammt nette Freundin haben Sie da, Mr. Cotton. Ich habe sie hinaufgefahren und ihr die richtige Tür gezeigt. Nettes Mädel, das muss ich schon sagen.«
Das war natürlich peinlich. Niemals war der alte Knacker zu sehen, und gerade dann, wenn man ihn nicht brauchen konnte, musste er zum Vorschein kommen.
»Hören Sie. Meine Freundin wird ein paar Tage oben bleiben. Ich möchte nicht, dass jemand davon erfährt. Also halten sie den Schnabel, sonst drehe ich Ihnen das Genick um.«
Ich drückte ihm ein paar Dollar in die Hand die er schnell in die Hosentasche verschwinden ließ.
»Ich habe nichts gesehen, Mr. Cotton. Ich weiß von nichts.«
»Sagen Sie der Putzfrau, ich sei verreist. Sie braucht bei mir nicht sauber zu machen.«
»Gewiss, Mr. Cotton. Ich begreife, Mr. Cotton.«
Er grinste so infam, das ich ihm am liebsten eine geklebt hätte.
Evelyn saß in einem schwarzen Hausanzug auf der Couch und studierte ein Magazin. Als ich hereinkam, wurde sie doch tatsächlich rot. Ich tat mein Bestes, um ihr die Verlegenheit zu nehmen.
»Haben sie schon gegessen?«, fragte ich.
»Ja, danke schön. Ich habe sogar noch einiges mitgebracht. Ich kann Ihnen ja nicht einfach auf der Tasche liegen.«
»Das ist halb so schlimm«, erwiderte ich, »ich werde Ihnen meine Rechnung schon präsentieren.«
»Möchten Sie vielleicht noch etwas? Ich mache Ihnen gerne etwas zurecht.«
Das war so verlockend, dass ich nicht widerstehen konnte. Sie eilte geschäftig hinaus und kam in unglaublich kurzer Zeit mit einer Kanne herrlich duftenden Kaffees, und zwei wundervollen Sandwiches zurück. Ich machte es mir bequem, futterte und kam mir fast wie verheiratet vor.
Um elf Uhr begann Evelyn zu gähnen, und so schickte ich sie zu Bett. Allerdings bestand sie darauf, mir mein Lager auf der Couch zurechtzumachen.
Als ich am Morgen aufwachte, roch es bereits nach Kaffee. Ich steckte mir absichtlich mit viel Geräusch eine Zigarette an.
»Ich bin in der Küche«, rief Evelyn. »Wenn Sie fertig sind, so rufen Sie einfach. Das Frühstück ist in fünf Minuten soweit.«
Selten habe ich mich so mit dem Rasieren und Duschen beeilt. Überall im Bad und im Schlafzimmer duftete es angenehm nach Kölnischem Wasser.
Ein Frühstück, das man nicht selbst zusammenbauen muss, schmeckt immer besser. Wir saßen einander gegenüber am Tisch und waren beide etwas befangen. Dann schärfte ich ihr nochmals ein, die Wohnung nicht zu verlassen und niemanden zu öffnen. Neben den Fernsprecher legte ich einen Zettel mit der Officenummer.
»Wenn Sie mich brauchen, so rufen Sie an.«
»Ein Mr. Shaw hat gestern abend angerufen und darum gebeten, Sie möchten ihn heute im
Weitere Kostenlose Bücher