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0112 - Das Hexendorf

0112 - Das Hexendorf

Titel: 0112 - Das Hexendorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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Landschaft. Weite Weizenfelder und tiefe Wälder dehnten sich. Hügel ragten auf, und Flüsse durchströmten das fruchtbare Land, das die Karpaten einrahmten und nur zur ungarischen Tiefebene hin offen ließen.
    Blau war der Himmel, und Lerchen zwitscherten in der Luft. Ab und zu tauchten kleine Orte oder Städte auf, die ganze Landschaft bot ein Bild des Friedens.
    »Eine schöne Gegend«, sagte Bill Fleming. »Hier könnte man heimisch werden.«
    Er hielt Zamorra einen Vortrag über die Geschichte Transsylvaniens, dieser Name war neben Siebenbürgen am gebräuchlichsten. Das Land hatte eine wechselvolle Geschichte, es war von den Römern, den Bulgaren und den Ungarn beherrscht worden, hatte sich 1526 nach der Schlacht von Mohacs vom Königreich Ungarn gelöst und war bis 1848 trotz aller Feinde und Wirren der Zeitläufe autonom geblieben. 1848 wurde die Union mit Ungarn vollzogen, seit 1920 gehörte Siebenbürgen zu Rumänien.
    Viele Ungarn und auch einige Deutsche lebten noch hier. In den Türkenkriegen im späten 16. und im gesamten 17. Jahrhundert waren die transsylvanischen Fürsten Hauptgegner der Muselmanen gewesen. Neben Freiheitshelden hatte Transsylvanien auch so berüchtigte Persönlichkeiten wie den Fürsten Vlad Drakul, Vlad den Pfähler und die Blutgräfin Elisabeth Bathory hervorgebracht.
    Vlad der Pfähler war unter seinem Dämonennamen Drakula allgemein bekannt geworden als der berüchtigste Vampir aller Zeiten.
    »In diesem Land gibt es eine alte Tradition des Dämonischen und des Schreckens«, sagte Zamorra. »Wir können uns hier auf allerhand gefaßt machen.«
    Auf schroffen Hügeln standen alte Burgruinen und schauten düster auf das im Sonnenglanz liegende Land herab.
    Wenige Kilometer vor Czerkössy sahen Zamorra und Bill einen Anhalter am Straßenrand. Es war eine malerische Erscheinung, ein Landstreicher mit einem zotteligen Haar- und Bartgestrüpp und einer karfunkelroten Nase.
    Er hatte einen nicht zu übersehenden Bauch. Hemd und Jacke wiesen Löcher auf, die Hosen waren unten ausgefranst, und die Schuhe hatte das Individuum mit Draht geflickt. Der Landstreicher hatte sein Bündel hinten an den Knotenstock gebunden, den er über der Schulter trug.
    Sein rechter Daumen zeigte mit der Anhaltergeste in Richtung Czerkössy. Zamorra und Bill hatten inzwischen eine Landstraße erreicht. Es war drückend heiß, die Luft flimmerte über dem Asphaltband, und in der Feme schienen Pfützen auf der Straße zu stehen.
    Zamorra verlangsamte das Tempo.
    »Willst du diesen Kerl tatsächlich mitnehmen?« fragte Bill Fleming. »Er sieht aus wie Lumpazivagabundus persönlich.«
    »Warum nicht?« sagte der Professor. »Er macht einen zünftigen Eindruck. Irgendwie gefällt er mir.«
    Er stoppte, und der Landstreicher ging ohne Eile zum Wagen. Er zog seinen speckigen Hut, der abenteuerliche Formen und Farben angenommen hatte, und senkte ihn. Er redete auf rumänisch. Zamorra und Bill verstanden nur den Namen Frantisek Gabö und das gewünschte Ziel, Czerkössy.
    »Dorthin fahren wir«, antwortete Zamorra auf Französisch.. »Parlez vous francaise? Do you speak Englisch?«
    »Englisch, Französisch, Rumänisch, Russisch, Ungarisch und einige Dialekte, Monsieur. Natürlich auch Deutsch. Darf ich einsteigen?«.
    »Bitte«.
    Der Landstreicher setzte sich in den Fond des Wagens, die Tür schlug zu. Frantisek Gabö nahm den speckigen Hut ab. Seine kleinen Äuglein blitzten vergnügt und pfiffig, er grinste Zamorra und Bill an. Er saß so bequem und lässig auf dem Sitz wie ein englischer Lord.
    »Sie reden zufällig nicht auch Deutsch? Das ist nämlich meine Muttersprache.« Frantisek Gabö wechselte in ein breites Sächsisch über. »Ich bin nämlich een waschechter Siebenbürger Sachse, müssen Sie wissen. Ei fordibscht.«
    »Wir reden beide Deutsch«, sagte Zamorra und fuhr los. »Ich verstehe die Sprache zwar besser, als ich sie rede, aber das schadet nichts.«
    »Nee, nee, machen Sie da man gor keene Sorgen. Reden Sie nur, wie Ihnen der werte Schnabel gewachsen ist. Der Gabö Franz sortiert es schon.«
    »Ich dachte, die Siebenbürger Sachsen wären nach 1945 hauptsächlich nach Österreich und West-Deutschland deportiert worden?«
    »Da gibt es schon noch welche. Natürlich nicht mehr so viel wie früher, de Gommunisten setzen uns ooch ganz ordentlich zu. Aber ganz weg krichense uns nich, da müßten wer geene Sochsen sein. Seit 1150 sind wir im Land, und wir gommen ooch mal wieder ganz groß raus,

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