0114 - Der Würfel des Unheils
die Ränder verteilte.
Schon einmal – es war inzwischen Jahre her – hatte ich einen Gegner durch die Abwässerkanäle gejagt. Dämonos, einen ähnlichen Verbrecher wie Dr. Tod.
Ich schaute nach links.
In unregelmäßigen Abständen brannten unter der gewölbten Decke kleine Lampen. Sie allesamt waren durch Drahtgitter geschützt, und ihr Schein reichte aus, um die Dunkelheit tief unter der Erde notdürftig zu erhellen.
Deshalb sah ich auch Dr. Tod.
Er hatte einen verdammt großen Vorsprung, rannte weiter und schaute sich immer wieder um.
»Bleib stehen!« brüllte ich. »Du hast keine Chance!«
Er warf mir nur sein höhnisches Gelächter entgegen und lief weiter.
Ich hinterher.
Es war gar nicht so leicht, am Rand des Abwasserstroms die Balance zu halten und dabei noch Tempo zu machen. Die Steine waren nicht regelmäßig gelegt, außerdem durch das Wasser ziemlich glitschig geworden. Zudem hatte sie eine Moosschicht noch glatter gemacht, und ich mußte höllisch aufpassen, nicht in der Brühe zu landen und dadurch wertvolle Zeit zu verlieren.
Dr. Tod hatte mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Er wurde ebensogut damit fertig wie ich.
Im Klartext hieß dies: Ich holte nicht auf. Der Abstand zwischen uns blieb gleich.
Und dann war er verschwunden.
Ich blieb stehen, schaute angestrengt nach vorn und sah, daß der Hauptfluß von einem schmalen Bach gekreuzt wurde. Dr. Tod hatte sich nach links gewandt.
Wenig später erreichte auch ich die Stelle.
Hier stank es erbärmlich. Meiner Ansicht nach wurden frische Abwässer in den Hauptfluß geleitet. Am liebsten hätte ich mir die Nase zugehalten.
Vorsichtig lugte ich um die Ecke. Man konnte nie wissen, welche Überraschungen Dr. Tod noch für mich parat hielt.
Es gab keine, auch er dachte nur noch an die Flucht, denn wenn ich ihn allein zu packen bekam, dann hatte er keine Chance. Und das wußte der Kerl genau. Deshalb verließ er sich immer auf seine willenlosen Werkzeuge.
Ich sah ihn auch.
Aber im Wasser.
Er watete durch die Strömung, die seine Hüfte umspülte und hatte beide Arme erhoben, um die Balance zu halten.
Wenig später mußte auch ich in die Brühe, denn der Weg an der Seite war zu Ende.
Ich sprang hinein.
Das Wasser spritzte auf, ein paar Tropfen gischteten mir ins Gesicht, und mich ekelte.
Trotzdem ging es weiter.
Auf einmal wurden meine Augen groß. Gleichzeitig sah ich meine Chancen sinken.
Dr. Tod hatte ein Gitter erreicht, das er bereits hochstemmte, darunter verschwand und es wieder zurückfallen ließ. Das Teuflische jedoch war der Riegel an der anderen Seite des Gitters. Er legte ihn vor, so daß ich die Sperre nicht mehr hochdrücken konnte.
Verdammt auch.
Und Dr. Tod lief weiter.
Als ich das Gitter erreichte, kletterte er bereits aufs Trockene.
Und er lachte mich aus.
Ich klammerte meine Hände um die Stangen, während die Brühe mich umspülte.
»Sinclair, du Hund!« schrie er. »Du hast es nicht verhindern können. Tokata ist erwacht! Du und deine verdammte Clique werdet noch von uns hören!«
Ich wollte die Waffe ziehen, doch Dr. Tod verschwand um eine Gangbiegung.
Das Letzte, was ich von ihm hörte, war sein triumphierendes Lachen.
Ich hätte mich vor Wut selbst irgendwohin beißen können, denn mir blieb nichts anderes übrig, als den Weg zurückzulaufen, den ich genommen hatte. Als Verlierer…
***
Jane Collins hatte den Weg allein gefunden, und sie hatte Hilfe geholt. Suko und Bill traf ich zusammen mit ihr im Keller an.
»Und?« fragte der Reporter.
Ich hob die Schultern. »Er ist verschwunden!«
Bill fluchte, Suko preßte die Lippen zusammen, nur Jane lächelte mir aufmunternd zu. Sie wußte genau, was hinter uns lag.
Ich erzählte den Freunden von den letzten Worten, die mir Dr. Tod entgegengeschleudert hatte.
»Tokata«, meinte Bill, »den Namen müssen wir uns merken.«
»Und wie.«
Jane fragte: »Willst du keine Großfahndung einleiten?«
Ich schüttelte den Kopf. »Dr. Tod ist schlau, den fangen wir nicht. Und ich hätte ihn fast gehabt, verdammt auch!«
Wir gingen wieder in die Schule. Meine Gedanken waren bei Tokata. Noch hatte ich ihn nicht gesehen, aber ich war sicher, daß ich irgendwann mit ihm zusammentreffen würde.
Er, Asmodina und Dr. Tod bildeten ein höllisches Trio. Wieder war einer hinzugekommen. Leute wie Dr. Tod fanden überall ihre Helfer.
Noch wußte ich nichts von der Gründung der Mordliga. Und das war gut so. Denn sonst hätte ich des Nachts wohl kein Auge
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