0115 - Heiße Eisen - kalte Duschen
imponiert.
»Was haben Sie mit Percy gemacht?« fragte sie plötzlich, und ich fühlte, wie sich ihre Hand krampfhaft um meinen Arm schloß. »Haben Sie ihn etwa verhaftet?«
»Das habe ich allerdings, aber daran ist nicht Ihr freundlicher Hinweis schuld. Ich hatte ihn schon kassiert, als ich das Briefjein bekam.«
»Ja, um Gottes willen! Warum denn?«
»Wegen doppelten Mordverdachts«, erklärte ich ihr. »Er hat in einer Apotheke Blausäure gekauft, und zwar gerade zwei Tage, bevor Frank Weaver, und drei Tage, bevor Patrick Grouch vergiftet wurden.«
»Was soll denn Percy für einen Grund gehabt haben, Menschen zu ermorden, die er überhaupt nicht kennt«, sagte sie aufgeregt.
»Er könnte ein sehr einleuchtendes Motiv gehabt haben, aber darüber kann und darf ich Ihnen keine Auskunft geben«, entgegnete ich. »Wenn er unschuldig ist, so wird ihm nichts geschehen, und die paar Tage Gefängnis schaden ihm bestimmt nichts.«
»Wann wurden die beiden Leute vergiftet?« fragte sie.
»Der eine wurde vorgestern morgen und der andere einen Tag vorher aufgefunden.«
Plötzlich strahlte Yvonne.
»Sie müssen Percy sofort loslassen«, forderte sie. »In diesen beiden Nächten war er ohne Unterbrechung bis fünf Uhr morgens hier im Lokal. Ich kann Ihnen zwanzig Zeugen dafür bringen.«
»Jetzt möchte ich nur noch eines von Ihnen wissen«, erwiderte ich lächelnd. »Warum haben Sie mir diesen blöden Brief geschrieben?«
»Ich war wütend. Percy ist jetzt schon zwei Jahre bei mir. Er ist nicht etwa mein Freund, sondern er arbeitet und verdient. Das Unglück ist, daß ich ihn liebe und er nichts von mir wissen will. Es macht ihm einen höllischen Spaß, mich damit zu ärgern, daß er mit anderen Frauen schön tut. Damals war es Ellen, und gestern war es ein anderes Mädchen. Dazu kam, daß ich zuviel getrunken hatte, und da setzte ich mich hin und schrieb Ihnen den Brief. Ich wollte nichts anderes, als ihn bange machen. Daß Sie ihn verhaften würden, konnte ich nicht ahnen.« Sie hatte plötzlich Tränen in den Augen.
»Beruhigen Sie sich«, redete ich ihr zu. »Schicken Sie mir Ihre Zeugen, einen nach dem anderen, so lange, bis ich ab winke. Wenn diese Ihre Aussage bestätigen, so wird Percy morgen mittag entlassen.«
Ich glaubte tatsächlich, sie würde mir um den Hals fallen, aber dieser Kelch ging noch einmal an mir vorüber. Ich winkte Murphy herbei, und nachdem wir vier Kellner, zwei Diener und einen Croupier vernommen hatten, waren wir sicher, daß Percy kaum als Täter in Frage kommen konnte. Er war übrigens nicht nur während der Nacht, sondern auch den größten Teil des Nachmittags dagewesen, so daß auch der Verdacht, er könne sich während der frühen Dunkelheit eingeschlichen haben, wegfiel. Trotzdem unternahm ich noch nichts. Der springende Punkt war das Giftbuch des Apothekers Wolfe. Bevor die Eintragung nicht geklärt war, konnte ich Percy Margard nicht loslassen.
Am Morgen fuhr ich direkt von Hause aus zur Lyons Dispensary.
Vor dem Schaufenster stand ein Menschenknäuel, der sich um ein paar Zeitungsausschnitte und ein mit der Maschine getipptes Blatt drängte. Mir schwante Furchtbares, aber ich hielt mich nicht auf, sondern betrat den Laden, wo Wolfe gerade einen Kunden abfertigte. Als er mich sah, lächelte er gönnerhaft und meinte: »Ich muß die Herrschaften bitten, sich einen Augenblick zu gedulden. Dieser Herr ist ein G-man und möchte mich zweifellos in der bewußten Angelegenheit um Rat fragen.«
Vorläufig sagte ich gar nichts, sondern wartete, bis wir in dem kleinen Büro hinter der Apotheke waren.
»Zuerst muß ich mir energisch verbitten, daß Sie ausposaunen, wer ich bin. Zweitens brauche ich Ihren Rat nicht, und drittens will ich wissen, was Sie da in Ihr Schaufenster gehängt haben.«
»Die Zeitungsausschnitte aus den gestrigen Blättern und einen Bericht von mir selbst, in dem ich schildere, wie es mir gelungen ist, den Verbrecher zu überführen«, sagte er selbstgefällig.
»Nehmen Sie den Mist sofort weg«, befahl ich grob. »Ihre Wichtigmacherei kann Sie teuer zu stehen kommen.«
»Erlauben Sie, G-man«, blies er sich auf, »ich habe nur die Wahrheit geschrieben. Ohne meine Aufmerksamkeit hätten Sie den Kerl nie gefaßt.«
»Wollen Sie tun, was ich Ihnen sage, oder soll ich Ihre Apotheke schließen und Sie selbst wegen Behinderung einer laufenden Untersuchung und Verbreitung unwahrer Gerüchte in Haft nehmen?«
Zuerst dachte ich, er wolle aufbrausen, aber dann
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