0119 - Der Weiße Magier
auch Juan, seinem Bruder, hatten die Schrumpfköpfe nicht aufstöbern können.
Eine Schande, die schnell ausgebügelt werden mußte, denn wenn es sich herumsprach, sank das Ansehen des Magiers.
Bisher hatte Caligro es geschafft, die Inselbewohner unter seiner Knute zu halten. Er war der unumschränkte Herrscher auf dem Eiland. Ihm gehorchten alle, denn er allein beherrschte die Magie des Voodoo.
Der weiße Magier dachte daran zurück, als er noch ein Nichts war. Ein Artist, der von Land zu Land zog und mit Zauberkunststücken sein Publikum mehr oder weniger erfreute. Dann hatte er den alten Medizinmann getroffen. Und dieser hatte einen Narren an Caligro gefressen. Er weihte ihn in die Kunst des Voodoo-Zaubers ein, lehrte ihn die uralten Beschwörungen und berichtete von den Geheimnissen der Hölle und des Jenseits.
Er lockte die dunklen Kräfte, und er erklärte Caligro den unheimlichen Totenzauber.
Das war es, was der Magier gewollt hatte.
Den Totenzauber beherrschen!
Er kaufte die Insel, und der alte Medizinmann starb bald. Damit Caligro sicherging, daß die Leiche nicht wieder zum Leben erweckt wurde, verbrannte er den Toten und verstreute die Asche ins Meer.
Nun begab er sich daran, die Insel zu beherrschen. Die Eingeborenen waren leicht durch seine Magie zu beeinflussen. Caligro sorgte dafür, daß ein kleiner Ort entstand und daß ein Hafen gebaut wurde. Sogar Polizeibeamte setzte er ein, und er ließ auch einen Friedhof anlegen. Dort wurden die Toten begraben. Caligro war sicher, daß er sie eines Tages zurückholen würde, wenn der Totenzauber klappte. Bisher hatte er ihn noch nicht ausprobiert, sondern sich nur mit der Herstellung von Schrumpfköpfen beschäftigt; doch in der nächsten Nacht wollte er die ersten beiden Toten zum Leben erwecken.
Es eilte.
Mit diesem Vorsatz schritt er durch sein großes Haus. Nur an vereinzelten Stellen brannte Licht. Viele Winkel und Ecken lagen im Dunkeln. Eine unheimliche Atmosphäre herrschte hier. Bilder und Figuren an den Wänden zeigten die Totenmasken der Ermordeten, deren Schrumpfköpfe entlang des Gartenweges auf den Stangen hockten. Schwarze Magie hielt sie am Leben, und obwohl Caligro selbst ein Magier des Bösen war, nannte er sich der Weiße Magier.
Das hatte seine Tradition.
Er trug nur weiße Kleidung. Dadurch allein hob er sich von den anderen Magiern ab. Sein weiter Umhang reichte bis zum Boden, und auch die Hälfte seines Gesichts hatte eine kalkige Farbe. Dafür wuchs ein wilder, rotbrauner Bart bis weit über sein Kinn, und die langen Haare berührten seine Schultern.
Um seinen Hals hing eine Kette aus purem Gold, ein Geschenk des verstorbenen Medizinmannes. Diese Kette bestand aus zahlreichen Plättchen, und an ihr hing eine goldene, rechteckige Platte, in die magische Zeichen graviert waren.
Sie entstammten dem Voodoo-Kult und zeigten die vier Elemente.
Feuer – Wasser – Erde – Luft!
Diese Elemente wollte Caligro sich Untertan machen, er wollte sich zum Herrscher aufschwingen und sie unter seine Kontrolle bringen. Das war sein Fernziel.
Vor einer stabilen Tür blieb er einen Augenblick stehen, um zu lauschen.
Die Trommeln wurden geschlagen.
Das ewige Tam-Tam hallte selbst durch die Mauern des Hauses.
Ein böses Lächeln umspielte die Lippen des Magiers. Die Eingeborenen regierten so, wie er es hatte haben wollen.
Sie bereiteten alles vor.
In der Nacht sollten die Toten erwachen. Zuerst zwei, dann würden es mehr sein…
Caligro öffnete die Tür. Dahinter lag eine Treppe, die in den Keller führte. Er barg grausame Geheimnisse, war eine Kammer des Schreckens, in der sich nur Menschen wie Caligro wohl fühlen konnten.
Langsam schritt er die Stufen hinab.
In die Wand waren Nischen gehauen worden. Diese wiederum wurden von brennenden Kerzen ausgeleuchtet.
Caligro ließ die Treppe hinter sich und schritt durch einen langen Gang, der in einem düsteren Gewölbe mündete.
Dort befand sich seine Folterkammer!
Sein eigentliches Reich…
Es war ein Gewölbe des Schreckens, ein unheimliches Laboratorium, in dem all das aufbewahrt wurde, was der Weiße Magier benötigte.
Zangen, Sägen, Pinzetten, geheimnisvolle Tinkturen, rätselhafte Schriften, Tiegel und Töpfe.
All dies war in den Regalen und offenen Schränken verteilt. Sonst stand immer ein großer Tisch in der Mitte des Gewölbes, doch den hatten Diener zur Seite gerückt.
Es mußte Platz geschafft werden.
Platz für zwei Särge!
Sie standen dort und strahlten eine
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