0121 - Das Erbe der Echsen
„Gewonnen!” stellte Gucky trocken fest, während seine geistigen Kraftströme Ras losließen. „Du hättest ein schönes Loch in den Boden gebohrt.” „Kommt herunter”, forderte der Afrikaner sie auf. „Die Insel ist das reinste Paradies. Von Wasser umgeben - wie in meiner alten Heimat. Da gab es auch noch Urwälder und unerforschte Ströme.” „Fühl dich nur wie zu Hause, Ras”, sagte Gucky und teleportierte zu ihm hinab. „Mir gefällt es hier auch.” Tako entmaterialisierte nicht.
Etwas unbeholfen kletterte er am Baum hinab und ließ sich die letzten zwei Meter einfach in das weiche Moos fallen. Er betrachtete es stirnrunzelnd. „Speckmoos”, stellte er dann mißbilligend fest. Gucky bückte sich und löste ein Polster des saftigen Gewächses. Mißtrauisch schnupperte er daran herum.
„Riecht nach überhaupt nichts”, gab er schließlich sein Urteil ab.
„Ich müßte schon einen unverschämten Hunger haben, um es zu essen.” Ras sah in seine Richtung. „Hast du denn keinen Hunger?” erkundigte er sich mit seltsamer Betonung. „Nein”, antwortete Gucky. „Rhodan scheint recht zu haben - man hat auf Azgola keinen Hunger. Was ist mit dir, Ras? Du bist doch für deine Riesenportionen bekannt. Wie wäre es jetzt mit einem Steak?” „Kein Bedarf”, wehrte der Afrikaner ab. „Mir ist, als hatte ich gerade einen halben Büffel verspeist.” „Mir geht es ähnlich”, mischte sich der Japaner ein und strich sich zufrieden über den Bauch. „Eine nahrhafte Luft auf dieser Welt. Man atmet und wird satt dabei.” „Warte nur ab”, meinte Gucky und watschelte in Richtung des nahen Ufers davon. „Wenn du anfängst dick zu werden, wirst du anders darüber denken.” „Ich kann einige Pfund vertragen”, gab Tako schlagfertig zurück. „Du hingegen kaum.” Das war natürlich Guckys empfindliche Stelle. Trotz seiner vegetarischen Ernährung neigte er ein wenig zur Fettleibigkeit.
Jedes einzelne Pfund wurde sich bei ihm bemerkbar machen. Und Gucky legte allergrößten Wert darauf, schlank zu bleiben. Es war sein Privileg, andere „Dicker” zu nennen. Er wurde es niemals verwinden, etwa ausgerechnet von Bully so angesprochen zu werden. Der Fluß führte kühles und klares Wasser. Sie nahmen darin ein erfrischendes Bad und beschlossen, auf der Insel zu bleiben. Da der Planet unbewohnt war, hatten sie keine Waffen mitgenommen. Aber sie führten auch keinerlei Ausrüstung bei sich, keine Lebensmittel und kein Funkgerät. Letzteres hatte wegen der empfindlichen Empfänger auf dem Ernteschiff ohnehin nicht benutzt werden dürfen. Als sie endlich in einer angewärmten Sandmulde hockten und der sinkenden Sonne nachschauten, schlug Ras vor: „Kannst du Verbindung mit Marshall oder Miß Toufry erhalten, oder ist die Entfernung zu groß?” Gucky schnaufte verächtlich. „Du lernst es nie, Ras. Bei Telepathie spielt die Entfernung so gut wie keine Rolle. Naturlich tut sie das im Grunde schon, aber nur wegen der geringeren Chance, die Impulse aufzufangen oder zu richten. Die Intensität bleibt annähernd gleich stark. Ob ich mit Betty Verbindung aufnehmen kann? Na, wollen mal sehen.” Er lehnte sich gegen das Moospolster und schloß die Augen. Die beiden Männer beobachteten ihn, hüteten sich jedoch, seine Konzentration zu stören. Sie ahnten, wie sehr die Prozedur den Mausbiber anstrengen mußte. Plötzlich zuckte Gucky zusammen, dann öffnete er die Augen und zeigte triumphierend seinen Nagezahn. Er nickte heftig, als er die Botschaft des unsichtbaren Sprechers - viele Lichtstunden entfernt - erhielt. „Ausgezeichnet!” sagte Gucky dann laut, damit die beiden Männer ihn auch verstanden. „Sind gut gelandet. Tako hing im Baum wie eine reife Pflaume. Wir fühlen uns wohl und sind satt. Wann kommt das Schiff?” Er lauschte erneut, machte ein betroffenes Gesicht und ließ den Nagezahn wieder verschwinden. Dann nickte er abermals und sah seine beiden Freunde verwundert an. „Befehl von Rhodan”, befriedigte er ihre begreifliche Neugierde. „Ich soll meine Kräfte schonen. Hm, versteht ihr das?” „Wahrscheinlich für die nachfolgende Entfettungskur”, vermutete Tako boshaft. Ras lachte ungeniert und ignorierte die wütenden Blicke des Mausbibers. „Befehl ist Befehl”, stellte er fest. „Bin gespannt, wie es sich unter freiem Himmel schlafen läßt. Meine Vorfahren haben es auch so gemacht.” „Ja”, nörgelte Gucky, immer noch wütend, „du bist ja heute noch ein Halbwilder.”
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