0124 - Die Mörder-Blumen
Jessica? Bitte, lauf nicht fort. Du gehörst doch zu uns. Wir haben alles vorbereitet.«
Jessica warf den Kopf in den Nacken. Ihr Mund öffnete sich, die Hände wurden zu Fäusten. Ein heiseres Stöhnen drang über ihre Lippen. Die Knie gaben nach.
Dann ging sie rückwärts.
Den ersten Schritt, den zweiten, den dritten – bis sie an den Blumen stand.
Clarissa, stand bei den Rosen. Es war ein gewaltiger Strauß, der sich oberhalb des Vasenrandes kelchförmig ausbreitete. Und er verströmte einen betäubenden Duft.
Jessica Parker senkte den Kopf. Ehr Gesicht näherte sich den herrlichen Rosen. Tief sog sie den Duft der Blumen ein, und verdrehte dabei die Augen.
Ja, das tat gut.
Ein zweiter Atemzug.
Schwindel erfaßte sie. Jessica Parker fiel nach vorn, ihr Gesicht berührte die Rosen, aber da waren plötzlich keine Blumen mehr, sondern Arme.
Lange, grüne Arme, die sich aus der Vase reckten und nach ihr griffen. Hände, die über ihr Gesicht fuhren und die Haut streichelten. Und ein Gesicht.
Aus den zahlreichen Blütenkelchen formte sich ein wunderschönes Frauenantlitz, von langen roten Haaren umgeben, mit hochstehenden Wangenknochen und einem sinnlichen Mund.
Jessica wurde gepackt. Ihr Oberkörper schwebte plötzlich über dem Boden, als wäre er leicht wie eine Feder. Das fremde schöne Gesicht befand sich dicht vor dem ihren, der Mund öffnete sich, zeigte perlweiße, makellose Zähne – und zwei spitze Eckbeißer.
Vampirzähne!
Urplötzlich schlugen sie zu.
Jessica Parker merkte noch den Stich an ihrem Hals, und dann fühlte sie die Woge der Leichtigkeit, die alles andere überschwemmte und sie hinwegtrug…
***
Zehn Minuten später
Die Klinke glitt nach unten. Jemand drückte behutsam die Tür von außen auf.
Gabriel Grillo erschien.
Er betrat den Raum, blieb dicht hinter der Schwelle stehen, stemmte beide Hände in die Hüften und schaute sich um. Alles war unverändert, die Blumen standen in den Vasen, das Licht brannte, in der Luft lag der betörende Duft.
Doch der erste Eindruck täuschte.
Es gab eine Veränderung.
Und zwar bei den Rosen.
Dort ragte eine Blume aus dem breiten Strauß, die gar nicht dazugehörte. Es war ein weißviolett schimmernder Fliederzweig.
Eine Frühlingsblume.
Gabriel Grillo lächelte, als er dies sah. Demnach war sein Plan aufgegangen. Er konnte seine Sammlung weiter vervollständigen.
Da sich unter seinen Schuhen dicke Kreppsohlen befanden, hörte man seine Schritte nicht, als er sich der Vase mit den Rosen näherte.
Einige Sekunden blieb er davor stehen.
Sie sahen so prächtig und so harmlos aus, diese herrlichen Blumen. Ihre wahre Kraft erkannte niemand, und deshalb waren sie so ungeheuer gefährlich.
Grillo streckte die rechte Hand aus. Als bestünde die Blume aus kostbarem Porzellan, so vorsichtig faßte er sie an, und hob sie aus der Vase. Das Wasser tropfte noch von ihrem langen Stiel und hinterließ auf dem Boden eine Spur, als Grillo die Blume dorthin brachte, wo die fast leere Vase stand.
Er stellte den Fliederzweig hinein, nahm die Vase und ließ Wasser einlaufen. Dann brachte er sie wieder zu seinem Platz. Der Holzstab hatte sich etwas verklemmt, so daß Grillo ihn herumdrehen mußte, um den Namen zu lesen.
»Jessica«, murmelte er. »Ein wirklich schöner Name für dich!« Er nickte noch einmal und verließ den Raum…
***
Allmählich brach der Tag an. Im Osten erschien ein heller Streifen am Horizont und riß eine Lücke in die Dunkelheit des frühen Morgens.
Fünf Männer lagen an Deck eines Bootes und schliefen.
Zwei davon waren Suko und ich.
Die anderen drei hießen Ernie Swift, Herby Holl und Tom Bridger, der Pilot, der Suko und mich nach Abbey’s Island geflogen hatte. Auf dieser Insel war es zu Auseinandersetzungen mit gefährlichen Riesenechsen und gewaltigen Spinnen gekommen. Tiermutationen, die einem unheimlichen Gift ausgesetzt worden waren. Giftgas, auf das auch Dr. Tod, sein Diener Tokata und die Terroristin Lady X scharf gewesen waren.
Das Gas hatten sie nicht bekommen, dafür jedoch meinen silbernen Bumerang. Ihn war ich los, als Ersatz hatte Tokata seinen linken Arm lassen müssen. Von nun an würde er mich mit noch größerem Haß verfolgen als bisher.
Wir hatten vorgehabt, sofort die Insel zu verlassen, doch nach einem Gespräch mit Suko hatte ich mich entschlossen, noch zu bleiben. Wir wollten die Insel gründlich untersuchen, was wir auch hinter uns hatten.
Monster hatten wir nicht gefunden, wenigstens nicht in
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