0127 - Zwischen den Milchstrassen
rasender Eile, daß die Männer an Bord der JOANN Mühe hatten, sich auf die sich überschlagenden Berichte einen Reim zu machen.
*
Art Cavanaugh war, wie gesagt, ein Mann mit viel Phantasie. Und außerdem war er unvoreingenommen. Er erlebte die neue Lage an Bord der BOB-XXI mit großem Interesse, aber ohne das Gefühl der Panik, in das sich der weitaus größere Teil der Besatzung im Laufe der Stunden hineinsteigerte.
Art hatte, bevor er zum Sergeanten befördert wurde, eine Reihe von Kursen und Vorlesungen besucht.
Von einem Sergeanten der irdischen Raumflotte wurde das verlangt. Niemand konnte in einen der höchsten Unteroffiziersränge ansteigen, ohne eine ausreichende Ausbildung in den verschiedenen Zweigen der modernen Naturwissenschaft und Technik zu besitzen. Art Cavanaugh geriet also nicht in die Gefahr, beim Nachdenken über die merkwürdigen Unsichtbaren ins Spintisieren zu verfallen. Er verstand, das Phantastische vom Möglichen zu unterscheiden. Er glaubte keine Sekunde lang daran, daß hier endlich die Gespenster aufgetaucht seien, von denen Sagen und Märchen auf der Erde seit Jahrtausenden berichteten - eine Ansicht, die unter der Besatzung gang und gäbe war.
Bei Art Cavanaugh war das anders. Es gab zwei Möglichkeiten, entschied er. Entweder kannten die Fremden eine Methode, den Brechungsindex ihrer Körpersubstanz an den der umgebenden Schiffsatmosphäre anzupassen. Das war die klassische Methode. Oder aber, sie produzierten um sich herum eines jener künstlichen R-hochminusneun-Felder, die die Lichtwellen um sie herumbogen. Rhoch minus neun kennzeichnete den Abstand von der Haut (wenn sie eine Haut hatten), in dem das Feld noch wirksam war. Es umgab den Gegenstand, den es unsichtbar machen sollte, in einer Schicht von wenigen Hunderttausendstel Zentimetern Dicke. Das war notwendig, denn die Lichtstrahlen, die um ein Hindernis herumgebogen wurden, legten einen weiteren Weg zurück als die, die auf gerader Linie kamen. Wäre das Feld in noch größerer Entfernung von dem unsichtbaren Körper wirksam gewesen, dann hätte selbst der völlig unbefangene Beobachter merkwürdige Verzerrungen an den Dingen wahrgenommen, die sich hinter dem Unsichtbaren befanden.
Natürlich riefen auch die R-hochminusneun-Felder Verzerrungen hervor. Aber man mußte schon wissen, daß sich da jemand auf diese Weise unsichtbar machte, um darauf aufmerksam zu werden. Art zum Beispiel hielt scharf Ausschau. Aber so sehr er die Augen auch anstrengte, er beobachtete nirgendwo auch nur den geringfügigsten Effekt.
Es konnte auch sein, gab er zu, daß die Fremden eine völlig neue Methode kannten. Dann saß er hier und zerbrach sich umsonst den Kopf. Vielleicht sollte er sich lieber einen Weg ausdenken, auf dem man mit den Unbekannten in Kontakt treten konnte. Wie wäre es zum Beispiel, wen? man das Oszilloskopbild einer ihrer Sendungen auf ein Stück Papier aufzeichnete - mit der typischen, für terranische Techniker unverständlichen Modulation. Für sie mußte das Bild vertraut sein, und sie würden merken, daß jemand etwas von ihnen wollte.
Der Gedanke faszinierte Art. Er machte sich an den automatischen Registriergeräten zu schaffen und spulte eines der schon bespielten Bänder so weit zurück, daß er einen Teil der stundenlangen Sendung, die die BOB-XXI nach den Explosionen der ersten Bomben aufgefangen hatte, wieder ablaufen lassen konnte. Er koppelte das Abspielgerät mit dem Oszilloskop. Dann legte er sich Schreibfolie und einen Kugelstift zurecht. Als das Bild auf dem grünen Leuchtschirm des Oszillographen erschien, betrachtete er es zunächst ein paar Minuten lang. Erst, als er sich das Muster der Modulation eingeprägt hatte, begann er zu zeichnen. Mit langsamen, sorgfältigen Strichen zog er die Sinuslinie der Grundschwingungen und versah sie mit den Kerben und Beulen, die die eigentliche Botschaft bedeuteten. Leise Bedenken kamen ihm dabei. Er versuchte, sich in die Lage der Fremden zu versetzen. Wenn jemand ihm das Oszillographenbild einer terranischen Funkmeldung vorsetzte, womöglich noch einer kodifizierten Meldung, würde er dann wissen, was er sich darunter vorzustellen hatte?
Nicht unbedingt, gestand er sich ein. Er hörte auf zu zeichnen und dachte nach.
Im Funkraum herrschte tiefe Stille. Wenigstens empfand Art Cavanaugh es als Stille; denn das leise Summen der Geräte wurde ihm längst nicht mehr bewußt. In Gedanken verloren, ließ er den Blick an der Reihe der Schalttafeln,
Weitere Kostenlose Bücher