013 - Das MAFIA-Experiment
Giancarlo Parisi erhalten hatten, durch den Scanner und drückten ihre Daumen auf den Fingerprint-Reader. Das Licht über der Lifttür begann zu blinken und zeigte damit an, dass der Automat sie als Fahrgäste akzeptiert hatte und die Kabine auf dem Weg war, sie abzuholen.
Nergaards Verwirrung hatte sich in der abgelaufenen Stunde etwas gelegt. Dennoch kreisten seine Gedanken noch ständig um das vorhin Geschehene und ließen ihm den Schädel brummen. Immer wieder beschäftigte ihn ein Thema: Wer bin ich? Max Nergaard, das Original, oder Max Nergaard, das Duplikat. Was ist mit mir geschehen? Bin ich eigentlich noch ich selbst, oder doch verändert? Nein, verändert nicht! Ich fühle mich genauso wie ich mich vorher gefühlt habe. Ich erinnere mich an alles, was vorher war. Aber sind das reale Erinnerungen? Und was ist mit dem Anderen? Was denkt der? Woran erinnert der sich? Ist er ich, oder bin ich er? Ist der überhaupt auch Max Nergaard, oder nicht? Ach, Scheiße! Wenn ich nicht bald Antworten bekomme, wenn nicht bald eine Lösung gefunden wird, werde ich noch verrückt!
Und dann wiederholte sich seine Gedankenkette, immer und immer wieder und es bereitete ihm schon körperliche Schmerzen, keine Antworten und Lösungen zu bekommen.
Er war so in seinen rotierenden Gedanken gefangen, dass er kaum bewusst registrierte, wie sie mit dem Lift nach oben fuhren. Völlig gleichgültig ließ er die nochmalige Sicherheitsprüfung über sich ergehen. Er bemerkte auch nicht, wie Enzo Natto an eine Tür klopfte und diese nach einem von innerhalb des Raumes energisch gerufenen »Herein!« öffnete. Erst als etwas Weiches seine Knöchel streifte und ein schwarzer Schatten vor den beiden Männern ins Büro huschte, schreckte er aus seinen Gedanken auf.
Er sah Don Alfonso Volpone und Giancarlo Parisi, die sich an einem massigen Schreibtisch gegenüber saßen. Eine schwarze Katze schoss quer durch das riesige Büro und sprang mit einem Satz auf Volpones Schoß, rollte sich dort blitzschnell zusammen und begann laut zu schnurren.
»Felicitas, was machst du denn hier?«, fragte Volpone, dessen Stimme jetzt einen ganz anderen, weichen Klang hatte.
Parisi verzog angewidert das Gesicht, bemühte sich aber sogleich, sich doch nichts anmerken zu lassen.
Vom Gang her ertönte ein lautes Schnaufen. »Verdammt, das Mistvieh ist heute wieder nicht zu bändigen!«, keuchte eine atemlose Stimme. In der Tür erschien schnaufend und völlig außer Atem ein kleiner, dicker Mann, der, als er den Don erblickte, zusammen zuckte und stotterte: »Äh, ich wollte sagen, die Katze, also, äh … Felicitas versucht heute wieder extrem, ihren Willen durchzusetzen. Sie wollte einfach hier her und als ich versuchte sie zurückzuhalten …« Er hielt seine Hand hoch, auf der deutlich einige rote Striemen zu sehen waren, eindeutig von Felicitas Krallen verursacht.
»Ach, Lasso, es ist schon ein Kreuz mit Ihnen«, klang da eine hohe und schrille Stimme von einer zweiten Tür herüber, die in Volpones Privaträume führte. Eine Gestalt, die ebenso lang und dürr war wie der Angesprochene klein und dick, hatte den Raum betreten. Nergaard erkannte Francesco Rosario, Volpones Privatsekretär.
»Sie sind promovierter Veterinärmediziner«, keifte dieser weiter und schaute den Dicken missbilligend an. »Und haben hier nur die einzige Aufgabe, sich um Don Volpones Liebling Felicitas zu kümmern. Und was ist? Den ganzen Tag wird gejammert über das böse, böse Tier. Und meistens wissen Sie gar nicht, wo die Katze überhaupt ist, denn Sie passen ja nie auf und lassen das Tier ständig ausbüchsen. Bis Felicitas mal etwas zustößt. Aber dann gnade Ihnen Gott.«
»Kümmern Sie sich lieber um Ihre eigenen Sachen, Rosario«, entgegnete der Dicke giftig. »Versorgen Sie als Privatsekretär den Don erst einmal so gut wie ich Felicitas, dann reden wir weiter.«
Er ging bei diesen Worten zu Volpone und wollte ihm die Katze vom Schoß nehmen, fuhr aber erschreckt zurück, als diese ihn anfauchte und ihre Krallen ausfuhr.
»Sehen sie, sehen sie!«, schrillte Rosario. »Wenn ich den Don so behandeln würde wie Sie Felicitas, läge meine Leiche längst am Grunde des Hafens von Neapel, mit einem Betonklotz an den Füßen. – Na ja, wer weiß, wie weit Sie noch davon entfernt sind?«
Alfonso Volpone war dem Disput bis hierhin mit einem amüsierten Lächeln gefolgt, wobei er Felicitas hinter den Ohren kraulte. Dann wurde sein Gesicht plötzlich ernst.
»Schluss jetzt,
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