013 - Das MAFIA-Experiment
er mit dem Star Gate – wo hatten die nur diesen dämlichen Namen her? – von Labor A zum Labor B teleportiert worden war. Dass sein ursprünglicher Körper in der Absendestation desintegriert und hier in der Empfangsstation aus den aufgezeichneten Daten und sehr viel Energie neu aufgebaut worden, er also quasi als neue körperliche Existenz wiederauferstanden war. All das wusste er, doch spürbar hatte sich für ihn nichts verändert. Er erinnerte sich an alles, woran er sich auch vorher erinnert hatte. Er dachte so, wie er vorher gedacht hatte. Er fühlte sich genau so, wie er sich vorher gefühlt hatte. Subjektiv hatte für ihn nur ein Ortswechsel stattgefunden. Dennoch war er jetzt mehr als beunruhigt. Irgendetwas musste beim Transportvorgang geschehen sein, was nicht in die Planung passte und es musste etwas Schwerwiegendes sein.
Weshalb sonst hatte man ihn hier festgesetzt, einen karg eingerichteten Laborraum zur Zelle umfunktioniert?
Er verstand die Welt nicht mehr. Er hatte gedacht, dass sich nach der Teleportation die Wissenschaftler mit ihm zusammensetzen würden, um ihn zu befragen und seine Erfahrungen auszuwerten.
Zunächst hatte auch alles danach ausgesehen. Er hatte sich plötzlich in der Empfangskabine wieder gefunden, mit tränenden Augen von dem schmerzhaften Blitz: Die einzige Erinnerung, die er an den Transportvorgang hatte. Und einem eigenartigen Druck im Kopf, den er sich nicht erklären konnte. Und dann war da noch etwas, ganz tief in einem Winkel seines Hirns, etwas Fremdes, Unheimliches, das ihm irgendwie Angst einflößte, das er nicht verstehen und nicht fassen konnte. So, als wäre er doch nicht ganz er selbst.
Langsam tauchte der verdoppelte Nergaard aus seinen schwermütigen Gedanken auf: Was ist hier los, verdammt, warum sperrt man mich hier ein? , schoss es ihm durch den Kopf. Er schaute auf seine Uhr. Seit über zwei Stunden saß er jetzt hier. Irgendwas ist da schief gelaufen. Dass ich hier sitze und nicht bei den Wissenschaftlern bin, hat doch was zu bedeuten. Und wie ich MAFIA kenne, bestimmt nichts Gutes. Ich muss was tun, ich muss hier raus.
Er begann, den Raum zu untersuchen, flüchtig zunächst, dann aber sehr akribisch. Die Tür war natürlich versperrt. Es war, obwohl es nur ein einfacher Laborraum war, eine schwere Stahltür mit einem komplizierten Sicherheitsschloss. Ohne Chipkarte und Fingerprint war die nicht zu öffnen. Nergaard suchte weiter. Ein Tisch, ein Stuhl und ein Schrank, das war die gesamte Einrichtung. Den Schrank hatte er schnell geöffnet, aber er war leer. Offensichtlich wurde dieser Raum nicht regelmäßig benutzt.
Dann untersuchte er die Com-Box neben der Tür. Die Com-Boxen waren eine Weiterentwicklung des Interkoms von FLIBO, die noch nicht auf dem Markt war, aber die MAFIA schon weit im Vorfeld geklaut und hier, in der meist unterirdisch gelegenen, gewaltigen Zentrale, installiert hatte. Natürlich war sie für Nergaards kleines Gefängnis ausgeschaltet.
»Das wäre doch gelacht«, murmelte er vor sich hin, zog seinen linken Schuh aus und drückte auf eine bestimmte Stelle. Der Absatz klappte auf. In einem kleinen Fach lagen einige winzige Werkzeuge. »Schöne Grüße von James Bond.«
Innerhalb weniger Sekunden hatte er die Com-Box aufgeschraubt und machte sich am Innern des Wechselsprechgeräts zu schaffen. Nach einigem Hantieren und Schrauben klang ein Knacken aus der Com-Box, das sich zu einem Knattern wandelte und schließlich in ein Rauschen überging.
»Gleich hab ich dich, Mistding«, zischte der Survival-Spezialist.
»… blem muss dringend gelöst werden«, drang plötzlich eine Stimme aus der Com-Box: Ha, die neue Technik hatte einiges für sich. Mit dem normalen Interkom wäre das heimliche Abhören jedenfalls nicht so perfekt möglich gewesen. Gut, dass die zuständigen Techniker von MAFIA nicht schon auf die Idee gekommen waren, dass FLIBO deshalb die Technik noch nicht als marktreif erklärt hatte: »MAFIA kann es sich nicht leisten, zwei Max Nergaards frei rumlaufen zu lassen.«
Nergaards Atem stockte unwillkürlich: Er erkannte eindeutig Parisis Stimme.
»Aber wie lösen? Wir können ihn doch nicht auf alle Zeiten hier unten gefangen halten.« Diese Stimme war ihm unbekannt. Sie musste einem der Wissenschaftler draußen gehören, die das Projekt in der Empfangsstation leiteten.
»Niemand will ihn hier lange gefangen halten«, zischte Parisi und seine Stimme hatte dabei selbst durch die Wechselsprechanlage einen
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