013 - Das MAFIA-Experiment
gewaltig.
Bereits seit sieben Jahren herrschte Don Alfonso Volpone über das MAFIA-Imperium. Vorher hatte er den Bezirk Sizilien geleitet, ein Amt, das er von seinem Vater geerbt hatte.
Aber Alfonso Volpone war ein fähiger Kopf. Viel zu gut für das Amt eines Bezirkspaten, wie er selbst am besten wusste. Zielstrebig hatte er sich nach oben gearbeitet. Dabei war er bei der Wahl seiner Mittel nie zimperlich gewesen. Manch einer seiner Konkurrenten auf dem Weg an die Spitze hatte ziemlich plötzlich das Zeitliche gesegnet. Meist waren es geschickt arrangierte Unfälle gewesen, welche die Armen ereilten. Wenn das nicht klappte, tat es auch eine Kugel oder ein lautloses Stilett. Der ein oder andere unliebsame Mitbewerber war auch einfach spurlos verschwunden. Die Hafenbecken des Mittelmeeres sind tief und sehr verschwiegen.
Alfonso Volpone selbst war nie in der Nähe gewesen, wenn es einen seiner Feinde erwischt hatte. Nie hatte er sich selbst die Hände schmutzig gemacht. Dazu hatte er stets ergebene Helfer gehabt und die hatten sich auch nie erwischen lassen.
Spätestens als Volpone die Spitze erklommen hatte und Konzernchef bei MAFIA geworden war, musste auch dem Letzten innerhalb der Organisation klar gewesen sein, wer hinter den ganzen Machenschaften gesteckt hatte. Aber jetzt war es zu spät, noch etwas zu unternehmen. Don Alfonso Volpone war unangreifbar geworden – zumindest so lange er keine Schwäche zeigte.
In den sieben Jahren seiner Leitung hatte er es verstanden, die Organisation immer weiter in die Legalität zu führen, aus einer kriminellen Vereinigung zumindest nach außen hin einen fast normalen Konzern zu formen. Heute war MAFIA anerkannt, keiner der ganz Großen im Konzert der weltumspannenden Konzerne, wie etwa Mechanics, Dai-Mi-Su, Freie Seelen oder Flibo, aber immerhin einer, der ein gewichtiges Wort mitreden konnte. Kein Wunder also: Bis heute war Don Alfonso Volpone ein zufriedener Mann gewesen.
Doch jetzt schien dem Konzern die erste große Krise unter seiner Leitung bevorzustehen. Diesen Eindruck hatte der Don jedenfalls bei den Ausführungen Enzo Nattos, der ihn vor einer Stunde völlig verstört angerufen hatte.
Jetzt saß ihm Giancarlo Parisi gegenüber. Nicht freiwillig, aber der Don hatte ihn herbei zitiert.
»Sie waren doch persönlich mit dabei. Was genau ist also passiert?«, fragte der Don.
»Genaues weiß ich auch noch nicht«, antwortete Parisi vorsichtig. »Nur, dass wir jetzt zwei Nergaards haben, Original und Duplikat. Das Duplikat habe ich erst einmal festsetzen lassen.«
»Und das Original?«
»Wird gleich hier sein. Ich habe Nergaard, also den Original-Nergaard und Natto zum Rapport her bestellt; sie müssten gleich hier sein. Ich hoffe, Natto hat in der Zwischenzeit herausgefunden, was da genau vor sich gegangen ist.«
»Sehen Sie zu, Parisi, dass das schnell und genau geklärt wird. Und vor allem, nichts darf nach draußen durchdringen. Höchste Geheimhaltungsstufe! Wenn der Konzern durch diesen Mist Schaden erleidet, dann rollen hier Köpfe.«
»Es ist schon für alles gesorgt, Don Alfonso. Keiner, der an der Sache beteiligt ist, kann bis auf Weiteres eines der Labors verlassen. Und alle Datenleitungen nach draußen sind auch blockiert. Das Gebäude ist bestens abgeschirmt. Kommunikation von und nach Außerhalb ist nur über mich und den engsten Stab meiner Abteilung möglich.«
»Gut«, brummte Volpone.
»Das gilt natürlich nicht für Sie, Don Alfonso«, beeilte sich Parisi hinzuzufügen. »Ihre persönliche Leitung ist natürlich frei verfügbar.« Dass trotzdem alles, was über diese Leitung lief, akribisch aufgezeichnet wurde und Parisi jederzeit zur Verfügung stand, brauchte der Alte ja nicht zu wissen.
»Na gut!« Volpone schien zunächst zufrieden zu sein. »Warten wir also die Ergebnisse der Untersuchung ab.« Sein Blick, der bisher Parisi scharf fixiert hatte, glitt ab und wanderte zu einem imaginären Punkt an der Decke. Ganz beiläufig, wenn auch nicht ohne Schärfe, sagte er dann: »Und noch eins, Parisi, wenn die Sache in die Hose geht und es hart auf hart kommt, dann könnte durchaus auch Ihr Kopf bei denen sein, die rollen.«
Aber das hätte er nicht besonders zu betonen brauchen: Parisi wusste Bescheid. Wenn nicht er, wer sonst?
*
Zur gleichen Zeit trafen sich Nergaard und Natto vor dem Lift, der von dem unterirdisch gelegenen Laborkomplex direkt zu Volpones Bürosuite führte. Sie zogen ihre Sonder-ID-Cards, die sie von
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