013 - Sieben Tote für die Hölle
rothaariges Mädchen mit intensiv grünen Augen. Wunderschön. Eine Traumfrau mit einem makellosen Körper und schier endlos langen Beinen.
Sie trug ein zitronenfarbenes Kleid. Was im Ausschnitt wogte, war sehenswert, und es fiel Lance Selby, dem Parapsychologieprofessor, verdammt schwer, sich auf die Fotos zu konzentrieren, die sich Oda mit ihm ansah. Sie saß in einem bequemen Sessel. Er stand dahinter, beugte sich über sie und roch den herrlichen Duft, der ihm aus der Fülle ihres brandroten Haares entgegenwehte.
»Ja«, sagte er schmunzelnd. »Das bin auch ich. Damals war ich zehn oder zwölf Jahre alt.«
»Nicht wiederzuerkennen.«
»Welcher Lance gefällt dir besser?« fragte der Parapsychologe.
»Der auf dem Foto – oder ich?«
Oda lachte. »Was könnte ich schon mit einem zwölfjährigen Jungen anfangen?«
Er bleckte die Zähne. »Du hast recht. So betrachtet, bin ich dem Jungen auf einigen Gebieten im Vorteil.«
Oda war kein menschliches Wesen, obwohl sie so aussah. Sie entstammte einer anderen Dimension, war eine abtrünnige Hexe, die von Mago, dem Schwarzmagier, und seinen Schergen unerbittlich gejagt worden war. Auf ihrer Flucht war sie nach England gekommen, und Tony Ballard und Mr. Silver hatten sie vor Mago gerettet.
In Tonys Haus hatte sie die Bekanntschaft von Lance Selby gemacht, und es hatte zwischen den beiden sofort gefunkt, wie man so schön sagt. Seither waren sie so oft wie möglich zusammen. Eine innige Freundschaft bahnte sich an. Und noch mehr…
Lance – groß, mit gutmütigen Augen und der Andeutung von Tränensäcken darunter – nahm der weißen Hexe das Fotoalbum aus den Händen. Sie blicken einander tief in die Augen. Auf dem Tisch stand eine Flasche köstlichen andalusischen Weines, fast leer. Zwei Gläser, ganz leer. Der schwere Wein tat bei beiden die erwünschte Wirkung. Sie fühlten sich großartig, entspannt, waren bereit, einander alles zu geben.
Er klappte das Album zu und nahm ihr hübsches Gesicht zwischen seine schlanken, kräftigen Hände. Sie wußten beide, was sie füreinander empfanden, doch es war bisher noch nicht ausgesprochen worden.
Sein Gesicht näherte sich dem der weißen Hexe. »Ich liebe dich, Oda. Vom ersten Augenblick an, als ich dich sah, wußte ich, daß du die Frau bist, auf die ich mein Leben lang gewartet habe.«
Über ihr Gesicht zuckte ein glückliches Lächeln. »Ja, Lance. Du und ich – wir gehören von nun an zusammen.«
»Nichts darf uns trennen.«
»Nichts«, flüsterte sie und schlang ihre Arme um seine Nacken.
Ihr Kuß brannte auf seinen Lippen. Ein wahrer Gefühlsrausch riß ihn mit sich fort. So stark hatte er noch bei keiner Frau empfunden.
Es bestand für sie beide kein Zweifel: sie waren füreinander bestimmt.
Sie lösten sich von allem los, fühlten sich schwerelos. Es gab keinerlei Probleme für sie. Nur grenzenloses Glück. An Gefahren dachten sie nicht. Dennoch gab es sie. Lance Selby war ein erklärter Feind der Hölle. Er bekämpfte die schwarze Macht, wo er konnte.
Und Mago war noch lange nicht geschlagen. Er konnte jederzeit wiederkommen…
Aber daran wollten Oda und Lance jetzt nicht denken.
Es gab nichts auf der Welt, nur sei beide – und das genossen sie mit jeder Faser ihres Körpers, denn tief drinnen im Herzen wußten sie, daß der Rausch auch wieder vergehen würde, und der Boden der Tatsachen war nüchtern und hart.
***
Ein Skelett!
War das eine Halluzination?
Der Knochenmann zuckte zurück, verschwand aus Gus Hustons Blickfeld. Wie vor den Kopf geschlagen stand der Steward da. Die Müdigkeit hatte sich verflüchtigt. Adrenalin kreiste in Hustons Adern. Er war mächtig aufgeregt, vibrierte innerlich.
Was tun?
Sollte er das Skelett einfach vergessen? Es war nicht seine Art, mit Scheuklappen durch die Gegend zu rennen, sich um nichts zu kümmern. Er hegte den Verdacht, daß sich einer der Passagiere einen idiotischen Scherz erlaubte. Dunkel erinnerte sich Gus Huston an einen Film, den er vor vielen Jahren gesehen hatte. In dem Streifen hatte sich ein Mann ein schwarzes Trikot angezogen, auf das ein leuchtendes Phosphorgerippe gemalt gewesen war. Auf diese Weise hatte der Bursche eine Menge zu Tode erschreckt.
Dazu durfte es an Bord der »Empire« nicht kommen.
Wenn einer der Passagiere gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe war und diesem Spaßvogel begegnete, konnte es eine Katastrophe geben.
Huston beschloß, der Sache auf den Grund zu geben, den Scherzbold zu stellen und ihm ins Gewissen
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