0134 - Das Grauen kam aus Grönland
Hälfte der Strecke zurückgelegt. Wir kauerten uns zwischen schroffen Eisfelsen zusammen und aßen. Wir durften auf diese Mahlzeit nicht verzichten. Sie war geradezu lebenswichtig, denn sie gab uns neue Kraft.
Der heiße Tee war ein wahrer Genuß.
Nach dem Essen blieben wir noch einige Minuten in dem geschützten Winkel. Dann setzten wir unseren beschwerlichen Weg fort. Der Wind peitschte uns Eiskristalle ins Gesicht. Er rüttelte und zerrte an uns, aber wir ließen uns nicht unterkriegen.
Stufe um Stufe hackte ich mit meinem Pickel in das Eis.
Ich spürte den Druck der Dynamitstangen, die in meinem Gürtel steckten.
Weiter oben war der Aufstieg dann nicht mehr so beschwerlich.
Wir erholten uns langsam wieder, kamen zügiger voran, und zwei Stunden später waren wir nur noch hundert Yards vom Höhleneingang entfernt.
»Geschafft«, sage ich keuchend. Ole Higar blickte mißtrauisch zum Eingang der Eishöhle. »Ob das Monster weiß, daß wir ihm einen Besuch abstatten wollen?«
»Das nehme ich an«, antwortete ich. »Denken Sie nur an das kleine grüne Ungeheuer, das mich im Airport-Hotel überfallen hat. Unser Gegner weiß über die meisten unserer Schritte Bescheid. Das ist unser Nachteil.«
»Und was ist unser Vorteil?«
»Daß wir zu dritt sind«, sagte ich.
Auch die beiden SD-Agenten besaßen präparierte Dynamitstangen. Wenn wir diese geschickt einsetzten, standen unsere Chancen nicht einmal so schlecht.
»Weiter«, sagte ich.
Die Zwillinge vom Sicherheitsdienst folgten mir. Als wir den Höhleneingang erreichten, fiel mir mein Abenteuer in Österreich ein. Ich hatte einen harten Kampf gegen Eisvampire zu bestehen gehabt, und eine solche Höhle hatte dabei eine große Rolle gespielt.
»Ich schlage vor, wir legen erst mal allen Ballast ab«, sagte ich.
Ich hakte das Sicherheitsseil los, legte den Eispickel weg, warf meinen Schlafsack und einen Teil des Dreimannzelts darauf.
Ole und Eric Higar taten es mir gleich.
Ich öffnete meine Felljacke, damit ich leichter an meine Waffen kommen konnte. Es würde erforderlich sein, daß dies blitzschnell ging, davon war ich überzeugt.
»Gehen wir?« fragte ich die Zwillinge.
Sie nickten.
Ihre Gesichter wirkten blaß. Sie waren sich der Gefährlichkeit der Situation vollkommen bewußt. Dennoch ließ keiner von ihnen mich allein in die Höhle gehen.
Das Eis glitzerte und funkelte, als würde es von innen angestrahlt. Hier konnte uns der Sturm nichts mehr anhaben. Wir empfangen es in der Höhle sofort wärmer als draußen.
Auf dem Boden des blanken Eisstollens waren keinerlei Spuren zu entdecken. Dennoch war ich sicher, daß wir uns auf dem richtigen Weg befanden.
Auf dem Weg zum grünen Monster!
Nach etwa 20 Schritten verästelte sich der Stollen. Drei Hauptgänge boten sich an. Die anderen Äste schienen sich irgendwo in der Tiefe des Eisgebirges zu verlieren.
Immer noch war es sehr hell in der Höhle. Wir konnten unsere Umgebung klar erkennen.
»Was nun?« fragte Eric Higar.
»Wir sollten uns trennen«, sagte ich.
»Einverstanden«, meinte Ole Higar sofort.
Wir vereinbarten ein Signal. Wenn es ertönte, sollten die andern unverzüglich umkehren und zu jenem eilen, der das Signal gegeben hatte.
»Alles klar?« fragte ich.
»Glasklar«, gab Eric zurück.
Ich riet ihnen, auf keinen Fall zuviel zu wagen. Bevor die Lage kritisch zu werden drohte, sollten sie mich zu Hilfe holen, denn ich war besser ausgerüstet als sie.
Ein letztes aufmunterndes Zunicken.
Dann schlug jeder den Weg ein, für den er sich entschieden hatte.
***
Eric Higar tastete sich an der schimmernden Eiswand entlang. Seit vier Jahren gehörte er dem Sicherheitsdienst nun schon an, und er hatte mit seinem Bruder für die Regierung eine Menge Kastanien aus dem Feuer geholt.
Er kannte die Gefahr, und er fürchtete sie nicht, denn er besaß genügend Selbstvertrauen, das ihn stärkte und ihn wissen ließ, daß er imstande war, jegliche Art von Schwierigkeiten zu meistern.
Das bezog sich allerdings auf seine bisherige Tätigkeit und nicht auf das, was er heute machte. Die Dämonenjagd war ihm fremd, und deshalb fühlte er sich zum erstenmal im Leben unsicher.
Nie zuvor hatte er gegen Ungeheuer zu kämpfen brauchen, und er bewunderte insgeheim John Sinclair, der ständig mit solchen oder ähnlichen Kreaturen zu tun hatte. Der Mann mußte überdurchschnittlich begabt sein, sonst wäre er schon längst unter die Räder gekommen.
Higar blieb stehen.
Er hatte das lästige Gefühl,
Weitere Kostenlose Bücher