0135 - Der Rummelplatz-Boß
Wände seines Ateliers entlang. »Sie sehen, ich kenne sehr viele Mädchen. Bin Meister im Fotografieren von Schönheiten. Ich weiß wirklich nicht alle Namen.«
»Ich glaube nicht, daß Leonie Arfield sich von Ihnen fotografieren ließ. Sie wurden verschiedentlich mit ihr in dem Nachtlokal ,Honney-Moon‘ gesehen.«
»Aah, ich weiß. Blonde Lady! Ja, mag sein, ich habe getrunken ein, zwei Cocktail mit ihr.«
»Was hatten Sie mit ihr zu tun?«
Er wackelte mit den runden Schultern. »Oh, nichts, Mr. G.-man. Sprach nur mit ihr hin und wieder. Man geht in Bar, um zu sprechen mit irgendwem. Ich bin sehr einsamer Mann. Keine Freunde! Gehe in Bar, wenn ich Sehnsucht fühle nach andere Menschen.«
Jetzt zeigte ich auf die Bilder. »Danach zu urteilen, müssen Sie aber eine Menge Girls kennen, Mr. Chywer.«
»Diese kenne ich nicht«, antwortete er. »Diese sind Beruf.«
»Nun erzählen Sie mal ein wenig über Leonie Arfield.«
Er zappelte mit Händen und Füßen. »Ich weiß nichts zu erzählen. Ich sprach mit ihr ein- oder zweimal. Sie lachte, weil ich spreche ulkiges Englisch.«
»Stimmt. Das tun Sie. Aus welcher Gegend stammen Sie?«
»Osteuropa. Früher ich hieß Chyweresky, aber ich habe alle Papiere. Ich bin amerikanischer Bürger.«
»Passen Sie auf, daß Sie es bleiben.« Er zerrte an seinem Wollschal.
»Ich bin korrekt! Nie Schwierigkeiten mit der Polizei. Diene der Kunst und Schönheit.« Wieder der Hinweis auf die Bilder. »Außerdem ich bin immer krank.« Er hustete. »Sie hören…«
Ich drehte den Wasserfall seiner Rede mit einer energischen Handbewegung ab.
»Wissen Sie, daß Leonie Arfield ermordet wurde?«
Er riß die kleinen Augen auf.
»Nein…«
Ich reichte ihm ein Bild, das den Kopf der Toten zeigte. Der Meister der Kunst und Schönheit warf einen Blick darauf, verdrehte die Augen und gab es schnell zurück. Er schien den Anblick nicht ertragen zu können.
»Schrecklich…«, murmelte er.
»Das ist doch die Frau, die Sie kannten, nicht wahr?«
»Ja, sie ist es. Schrecklich.«
»Ein Vorschlag, Chywer! Sie überlegen sich zwei Minuten lang, ob Sie mir nicht doch eine Geschichte über Leonie Arfield zu erzählen haben. Wenn Sie freiwillig erzählen, ist es besser für Sie, als wenn ich es später auf anderen Wegen herausbekomme.«
»Was Sie meinen?«
»Noch eine Minute und vierzig Sekunden.«
»Ich weiß nichts. Ein Cocktail wir haben getrunken…«
»Okay, die Cocktails kenne ich nun schon. Sonst etwas?«
»Warum Sie verdächtigen mich? Ich ganz harmloser Mensch. Immer krank…«
Der Wasserfall strömte weiter. Ich ließ ihn strömen.
»Zwei Minuten«, sagte ich und stand auf. »Auf Wiedersehen, Mr. Chywer.«
Er hüpfte vor mir her zur Tür, riß sie auf, verbeugte sich einige Dutzend Male und hörte nicht auf, in immer neuen Versicherungen zu erklären, daß er ein Meisterfotograf, ein Diener am Schönen und der Kunst, harmlos und überdies krank wäre. Die Flut seiner Worte pladderte mir die Treppe hinunter nach.
Der nächste Name auf meiner Liste war Francy Bowers. Sie wohnte in einem Appartementhaus. Sie entpuppte sich als eine steinalte Dame, deren Gesicht derartig geschminkt war, daß es wie eine Maske wirkte. Die Augen unter den gezogenen Brauen glänzten wie schwarzer Jett.
Sie führte mich in einen altmodisch eingerichteten Salon. Mit einer vornehmen Handbewegung bot sie mir Platz an. Dabei glitzerten die Ringe an ihren Händen, daß mir beinahe die Augen schmerzten.
»Sie wünschen?« fragte sie. Ihre Stimme war dünn und zerbrechlich.
»Ich habe erfahren, daß Sie Leonie Arfield kannten. Ich brauche alle Auskünfte, die Sie mir geben können.«
»Ich kann Ihnen keine Auskünfte geben. Ich kenne den Namen nicht.«
Ich zeigte der Frau das Bild, aber Francy Bowers hatte gute Nerven. Unter der Schminkschicht zuckte keine Miene.
»Die Frau ist tot«, konstatierte sie. »Mag sein, daß ich sie schon mal irgendwo gesehen habe, aber im Augenblick kann ich mich nicht genau erinnern.« Ich half der Erinnerung nach, indem ich den Namen der Bar nannte, in der sie Leonie Arfield getroffen hatte.
»Richtig«, bestätigte sie. »Ich glaube, wir haben hin und wieder an einem Tisch gesessen.«
»War noch jemand dabei?«
»Ich weiß wirklich nicht«, antwortete sie vornehm. »Ich merke mir nicht jedes gleichgültige Gesicht.«
»Worüber haben Sie gesprochen?«
»Ich merke mir auch nicht jedes gleichgültige Gespräch.«
Aus der Frau war nichts herauszuholen. Sie schien
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