0136 - Falsche Spuren - echte Mörder
jedoch ›Der Mex‹. Unter Besonderheiten steht: Eitel, trägt immer Lippenbärtchen.«
»Immerhin möglich, dass er es ist«, sagte ich erfreut. »Weswegen ist er vorbestraft?«
Die Antwort ließ sogar Phil hellhörig werden.
»Zweimal wegen Erpressung. Saß insgesamt sechs Jahre. Das erste Mal zwei, das andere Mal vier Jahre.«
»Steht etwas über seinen derzeitigen Aufenthaltsort auf der Karte?«
»Hier steht: Wohnung unbekannt. Verkehrt gern in Ring Beils Bar und im Tabarin.«
»Danke, das war’s für heute«, sagte ich.
Ich legte den Hörer auf und stieg aus. Phil kam nach und fluchte gedämpft vor sich hin. Er bemängelte die Rücksichtslosigkeit gewisser Kollegen. Schließlich knurrte er wütend: »Warum steigen wir überhaupt aus?«
Ich streckte den Arm aus und deutete nach vorn.
Ungefähr sechzig bis achtzig Yard vor uns ragte eine riesige rote Neonreklame in die Nacht. Tabarin flammte es in die Dunkelheit.
Und jetzt war auch Phil munter.
***
Das Tabarin war eines dieser Lokale, wo die Getränke sündhaft teuer sind, weil es alle zwei Stunden eine sogenannte Schönheitsrevue gibt. Die ganze Schönheit bestand darin, dass sich die sogenannten Tänzerinnen Abend für Abend eine Erkältung holen mussten: wegen der spärlichen Kostümierung.
Wir fanden unseren Mann auf Anhieb. Er hockte an der Bar und sah gelangweilt vor sich hin.
Wir setzten uns ans andere Ende der Bar und bestellten uns Kaffee. Der Mixer lächelte verständnisvoll für unsere Ernüchterungsbedürfnisse, die wir gar nicht in dem Maße hatten, wie er glaubte.
Ungefähr eine Stunde lang schlürften wir an unserem ausgezeichneten Mokka, dann hörte ich, wie der Mex zum Mixer rief: »Johnny, gib mir noch einen und dann mach mir die Rechnung. Ich bin müde.«
»Okay, Sir«, erwiderte der Mixer.
Ich brauchte Phil nichts zu erklären. Wir tranken ohne Hast unseren Kaffee aus und zahlten. Schon lange bevor Snyder sein Glas ausgetrunken hatte, standen wir auf der Straße.
Phil blieb in der nächsten dunklen Ecke zwischen zwei Häusern stehen. Ich lief zurück, setzte mich in den Jaguar und fuhr ein Stück näher.
Dann lagen wir schweigend auf der Lauer.
Es dauerte doch noch eine halbe Stunde, bevor unser Mann endlich auf der Bildfläche erschien.
Er blieb vor dem Haus stehen und zündete sich eine Zigarette an. Dann überquerte er die Straße und bog in die nächste Seitengasse ein. Ich sah, wie ihm ein Schatten nachhuschte.
Erst als er in der Gasse verschwunden war, fuhr ich an, umrundete in Höchstgeschwindigkeit den nächsten Block und suchte mir eine Einfahrt. Im Schatten des Nachbarhauses ließ ich den Jaguar stehen und peilte zum Rückfenster hinaus.
Es dauerte keine zwei Minuten, da kam der Mex aus der Gasse heraus. Er konnte mich unmöglich sehen. Trotzdem kam er genau auf mich zu. Ich überlegte fieberhaft, dann zog ich einfach den Kopf ein, nachdem ich den Zündschlüssel abgezogen hatte. Ich duckte mich so tief zusammen, wie es nur ging.
Der Wagen stand jetzt völlig im Dunkeln. Ich hörte die näherkommenden Schritte Snyders. Hinter dem Jaguar blieb er stehen.
Ich wagte mich nicht zu rühren. Was sollte das bedeuten? War ihm der Wagen aufgefallen? Eigentlich konnte das gar nicht sein. Vorsichtshalber tastete ich nach meiner Pistole und nahm sie in die Hand. Mit dem Daumennagel schob ich den Sicherungsflügel nach vorn.
Die Schritte tappten an meinem Wagen vorbei und verloren sich in der Einfahrt. Ich atmete auf, wartete aber sicherheitshalber noch ein paar Sekunden, bevor ich mich mühsam wieder aufrichtete.
Leise öffnete ich die Tür. Urplötzlich war ein Schatten dicht neben mir. Ich riss bereits meine Kanone hoch, als eine leise Stimme sagte: »Jerry!«
Es war Phil, und er hatte meinen Namen mehr gehaucht als geflüstert.
»Okay, Phil«, hauchte ich zurück.
Wir schlichen die Einfahrt hinein. Auf Zehenspitzen und sehr langsam.
Als wir die hintere Hausecke erreicht hatten und ich vorsichtig in die undurchdringliche Finsternis des Hofes hineinpeilte, wurde plötzlich rechts von uns Licht gemacht.
Wir sahen ein kleines Hinterhaus. Die unteren beiden Fenster am linken Haus waren erleuchtet. Und sie waren noch mehr: Sie standen sperrangelweit offen.
Wieder krochen wir weiter wie Indianer auf dem Kriegspfad. Es gelang uns, bis an die Fenster zu kommen, ohne dass wir ein bemerkenswertes Geräusch verursacht hätten.
Unterhalb des Fensters hockten wir geduckt und lauschten. Jemand pfiff einen Schlager vor sich
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