0136 - Falsche Spuren - echte Mörder
schlafen, da sie selten früh ins Bett kommen. Aber allzu lange durften wir unseren Besuch in der 125th Street nicht hinausschieben, wenn wir Muddy antreffen wollten.
»Dauert es lange?«, fragte ich. »Eine dienstliche Angelegenheit muss von uns erledigt werden, die wir nicht lange hinausschieben können.«
»Ich denke, dass wir in zehn Minuten fertig sein können. Vielleicht noch schneller.«
»Okay, das geht. Wollen Sie bitte mit in unser Office kommen?«
»Danke.«
Wir stiegen wieder in den Lift und fuhren nach oben. Im Fahrstuhl fragte Phil: »Wie sieht es eigentlich mit der Mordsache Settskail aus? Seit wir die Akten dem Gericht übergaben, haben wir den Fortgang nicht verfolgen können.«
»Heute beginnt der Prozess gegen Moore. Um halb zehn. Ich möchte anwesend sein.«
»Haben sich bei den gerichtlichen Untersuchungen irgendwelche neuen Anhaltspunkte ergeben?«, erkundigte ich mich.
»Meines Wissens nicht. Die Sache wird dadurch erschwert, dass Moore angeblich sein Gedächtnis verloren haben will.«
»Was sagen die Gerichtsärzte?«
»Sie halten es für möglich, dass Moore tatsächlich unter partiellem Gedächtnisschwund leidet. Aber es wird ihm wenig nützen. Die Indizien und die Zeugenaussagen werden ihn erdrücken.«
Ich nickte. Das hatten wir schon vor einer Woche gewusst. Trotzdem war in meinem Gefühl irgendetwas bei der Entwicklung der Dinge nicht befriedigt. Ich konnte es selbst nicht erklären, ich hatte einfach das unklare Gefühl, dass hier etwas nicht richtig sei.
Der Fahrstuhl hielt. Wir stiegen aus. Phil ging yoran und hielt die Officetür auf. Perkins trat ein und legte Hut und Mantel auf einen Stuhl.
»Sie haben in der Wohnung meines ermordeten Klienten eine Haussuchung vorgenommen?«, fragte Perkins, während wir uns setzten.
Ich nickte zustimmend.
»Das tun wir in Mordfällen immer.«
»Ja, natürlich. Ist es Ihnen möglich, mir den Verlauf dieser Durchsuchung Zu schildern?«
»Ich wüsste nicht, was dem im Wege stehen sollte. Darf ich vorher um Ihre Legitimation bitten? Es ist eine reine Formsache.«
Perkins nickte und reichte mir seine Papiere. Ich überzeugte mich, dass er tatsächlich als Anwalt bei allen New Yorker Gerichten zugelassen war.
»Die Haussuchung fand in Gegenwart eines Vertreters des Staatsanwaltes statt«, erzählte ich dann. »Die Wohnung des Mister Settskail machte einen sauberen, ordentlichen Eindruck. Es konnten keinerlei Anhaltspunkte dafür gefunden werden, dass sie etwa in den letzten Stunden oder Tagen von unbefugten Leuten betreten worden sei. Außer einer Kleinigkeit gab es auch nichts Auffälliges.«
Perkins beugte sich interessiert vor.
»Und was war diese Kleinigkeit?«
»Der Safe im Wohnzimmer stand offen.«
»Das nennen Sie eine Kleinigkeit?«
»In diesem Fall ja. Die Schlüssel steckten im Schloss. Eine Untersuchung der Tür brachte nur Settskails Fingerabdrücke zutage. Spuren irgendeiner Gewaltanwendung wurden von unseren Experten nicht gefunden. - Und man hätte solche Spuren gefunden, wenn ein Unbefugter den Safe mit Gewalt geöffnet hätte, dessen dürfen wir sicher sein. Unsere Experten sind in dieser Hinsicht absolut zuverlässig. Sie finden die kleinsten, mit bloßem Auge schon nicht mehr erkennbaren Kratzer.«
Perkins rieb sich übers Kinn.
»Das bezweifle ich nicht im Mindesten, meine Herren. Aber was haben Sie für eine Erklärung für den merkwürdigen Umstand, dass der Safe offenstand?«
»Es gibt wohl nur eine plausible Erklärung, da wir einen fremden Eingriff ausscheiden müssen. Settskail hatte aus irgendeinem Grund den Safe geöffnet, als er dringend abberufen wurde. Telefonisch oder sonst wie. Er vergaß über den Anruf, dass er seinen Safe noch offenstehen hatte, und verließ die Wohnung. So blieb der Safe offen.«
»Er war natürlich leer?«
»No. Außer zahlreichen persönlichen Papieren, einigen Aktien und einem dicken Briefmarkenalbum befanden sich auch noch einige Gegenstände darin, die vermutlich Andenken an seine verstorbenen Eltern sind. Einige Fotografien älteren Datums, eine alte Bibel und ähnliches.«
»Auch eine goldene Taschenuhr?«
»Ich glaube nicht, aber ich bin nicht sicher. Da müsste ich im Haussuchungsprotokoll nachsehen.«
»Tun Sie das bitte. Es handelt sich um eine goldene, mit Rubinen besetzte Taschenuhr. Der reine Gold- und Edelsteinwert wird auf siebentausend Dollar geschätzt. Hinzu kommt der Wert der Verarbeitung. Es wurde mir glaubhaft versichert, dass Liebhaber und
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