014 - Der Tod über Paris
gleiten - und stieß ein entsetztes Ächzen aus, als er sah, was dort unten vor sich ging.
Das Geräusch war kein Zufall gewesen!
Matts Blick fiel auf den gewaltigen Schutthügel, der inmitten der Ruinen aufgehäuft worden war, und er sah die junge nackte Frau darauf, die aus etlichen Schnittwunden blutete.
Felia!
Rings um den Hügel gewahrte Matt die geifernde Menge der Me'ros, deren bunte Kleider sie wie eine Horde bizarrer Clowns erscheinen ließen - und er sah Aruula, die offenbar ebenfalls geopfert werden sollte! »Verdammt!«, stieß Matt hervor. Was war da unten los? Hatte Schack nicht Wort gehalten? Waren der Oberste Lord und seine Leute Mist zu spät gekommen - oder gar in einen Hinterhalt der Me'ros geraten…?
Matt merkte, wie sich ein mieses Gefühl in seiner Magengegend ausbreitete.
Unabhängig davon, was mit Schack und seinen Leuten geschehen war - er musste die Spitze des Turms erklimmen und seinen Job erledigen.
Gerade wollte er weiter klettern, als das schaurige Signal Wirkung zeigte. In Erwiderung des Rufes gab der Avtar einen schrillen Schrei von sich - und schwang sich in die Lüfte.
Ein Rauschen erhob sich, als die riesige Kreatur mit ihren Flügeln zu schlagen begann, und ein heftiger Stoß ließ die Stahlkonstruktion des Turmes erzittern, als sich der Avtar von ihr abstieß.
Atemlos verfolgte Matt, wie der riesige Vogel davon flog, über das Feld hinweg, der Quelle des schaurigen Lockrufs entgegen, um sich sein Futter zu holen.
Felia…
Matt versuchte sich nicht auszumalen, was mit der jungen Frau passieren würde. Verbissen kletterte er weiter, so schnell er konnte.
Fieberhaft suchte er nach Tritten und Vorsprüngen, auf die er seinen Fuß setzen konnte, klammerte sich an rostigen Streben fest, zog sich weiter empor. Seine Hände waren wund vom rauhen Metall. Ihm war klar, dass ein einziger Fehltritt seinen Tod bedeuten konnte, aber ihm blieb keine Zeit zur Vorsicht.
Es ging um das Leben seiner Freunde…
***
Als der gewaltige Schatten über den Platz fiel, hielten die Me'ros den Atem an. Sie wussten, dass der Avtar ihr Verbündeter war - doch der Anblick der riesenhaften Kreatur erfüllte sie doch jedesmal von neuem mit ehrfürchtigem Schrecken.
Groß und gewaltig erschien der Avtar am Himmel. Sein Flügelschlag brachte die alten Ruinen zum Erzittern. Sein Ruf war schrill und schrecklich. Wie eine Schimäre senkte er sich auf den Platz herab.
»Avtar! Avtar!«, begann Domm Perrs Zeremonienmeister zu rufen, und die Me'ros fielen in den schaurigen Chor mit ein, schrien ihre Angst und ihre Ehrfurcht gleichermaßen hinaus. »Avtar! Avtar! Avtar…!«
Felia kreischte entsetzlich, als sie den riesigen Vogel auf sich zukommen sah.
Verzweifelt riss sie an den Fesseln, die um ihre Fußgelenke geschlungen waren und die sich dadurch nur noch tiefer in ihr Fleisch schnitten. Felia bemerkte es nicht einmal. Sie stand unter Schock; nackte Panik ergriff von ihr Besitz.
Mit weit aufgerissenen Augen stand sie da und starrte zu der fürchterlichen Kreatur empor, die sich träge auf sie herab senkte, den mörderischen Schnabel weit aufgerissen. Felia blickte in den dunklen Schlund, der schon ihren Bruder verschlungen hatte und nun auch ihr Grab werden würde. Sie schrie laut und schrill, bis ihre Stimme versagte. Sie roch den stinkenden Atem des Tieres, blickte in die kalten Echsenaugen, die sie ausdruckslos taxierten.
Im nächsten Moment schnappte der Avtar zu.
Sein Schnabel ruckte vor, schloss sich um Felias Hüften und riss die junge Frau mitsamt dem Pfahl, an den sie gebunden war, hoch in die Luft.
Die junge Parii schrie wie von Sinnen, während die Me'ros in freudiges Gebrüll verfielen. Doch zur Enttäuschung der Freaks biss der Riesenvogel nicht gleich zu, regneten nicht Blut und Eingeweide herab - nur der Pfahl, der ihm aus dem Schnabel rutschte. Mit seiner Beute schwang sich der Avtar erneut in die Lüfte und kehrte zum Nest zurück.
Das Geschrei der Me'ros erstarb in jäher Enttäuschung. Das Grinsen, das eben noch Domm Perrs feiste Züge erhellt hatte, verschwand. »Auch gut«, knurrte er. »Bringt das nächste Opfer…«
***
Matt war total ausgepumpt. Sein Atem ging stoßweise, seine Muskeln zuckten in wilden Krämpfen - aber er hatte das Nest des Avtar fast erreicht.
An der Außenverstrebung des Turms kletterte er weiter, dem Nest des Monstervogels entgegen. Dabei musste er ein Gewirr aus verbogenen Stahlträgern und löchrigen Metallplatten durchdringen, die von der
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