014 - Der Tod über Paris
Blutdurst in ihren Augen sehen.
Felia brach in Tränen aus, wand sich im Griff der Wachen - doch die hünenhaften Me'ros lachten nur. Sie tauschten mehrere Worte in ihrer Sprache, und Aruula konnte fühlen, dass sie hässliche Scherze über die junge Parii machten.
Das Blut der Barbarin geriet in Wallung - am liebsten hätte sie sich mit bloßen Händen auf die Me'ros gestürzt, die sich an unbewaffneten, wehrlosen Opfern vergriffen, doch die Schlinge um ihren Hals hinderte sie daran.
Der kleinwüchsige Zeremonienmeister, der geschäftig auf Perrs Tribüne hin und her huschte, hob seine kurzen Arme, und sofort verstummte die Menge. Er sprach ein paar Worte, dann wandte er sich seinem Herrn zu. Der lachte nur, betrachtete Felia und Aruula mit abschätzigem Blick - und deutete schließlich auf die junge Parii.
»Du!«, sagte er nur - und erneut begannen die Me'ros zu johlen.
Die Wachen packten Felia und führten sie ab, kümmerten sich nicht darum, dass sie schrie und am ganzen Leib zitterte.
»Aruula!«, rief die junge Frau. »Aidem, Aruula! Aidem…!«
Aruula konnte Felias Furcht spüren, ihren verzweifelten Schrei um Hilfe - doch es gab nichts, was sie für sie tun konnte. Tatenlos musste sie mit ansehen, wie die Wachen die junge Frau den steilen Hügel hinauf schleppten, sie mit einem Strick an den Pfahl banden - und ihr mit einem Ruck die Lumpen vom Leib rissen.
Die männlichen Me'ros schrien auf und klatschten begeistert Beifall, als Felias nackte zarte Haut zum Vorschein kam. Die missgestalteten Me'ro-Frauen hingegen brüllten ihren Unmut laut hinaus, als sie den makellosen Körper der jungen Frau erblickten. »Mordee! Mordee!«, riefen sie immerzu - derartige Perfektion hatte nichts anderes als den Tod verdient.
Die Wächter zückten ihre langen Messer und fügten Felia einige Schnitte an Schultern und Oberarmen zu, die sie heftig bluten ließen.
Die junge Frau schrie, nicht so sehr aus Schmerz als vielmehr aus Angst. Sie wusste, warum die Me'ros das taten - der Avtar konnte das Blut wittern…
Erneut gebot der Zeremonienmeister der Menge zu schweigen. Domm Perr gab ein Zeichen, und einer der Me'ros hob ein Instrument an seinen Mund, das wie ein gewaltiger Trichter aussah. Das Gesicht des Mannes lief rot an, als er hinein blies - und einen Sekundenbruchteil später wand sich ein schriller, kreischender Ton aus dem Instrument, der sich über dem Platz ausbreitete, in der Luft lag wie ein schlimmes Vorzeichen.
Die Wachen entfernten sich rasch von dem Hügel, die Menge wich respektvoll zurück. Felia wand sich in ihren Fesseln, schrie aus Leibeskräften - doch ihr Schicksal war besiegelt…
***
Matt hasste den Eiffelturm.
Dabei befand er sich noch auf der einfachen Etappe seines Aufstiegs.
Den schweren Tornister auf dem Rücken, stieg er die endlosen Metalltritte der gewaltigen Stahlkonstruktion hinauf, immer weiter empor zur abgebrochenen Spitze, wo sich das Nest des Monstervogels befand.
Zum Glück hatte der Avtar nicht bemerkt, wie er sich dem Turm genähert und den Aufstieg begonnen hatte.
Die Sonne stand fast im Zenit. Die Zeit zerrann ihm unter den Fingern.
Im Laufschritt hetzte Matt die Stufen hinauf, die sich in engen Kurven zwischen den gewaltigen Stahlträgern empor wanden. Das Metall der Stufen war rostig und an einigen Stellen brüchig - er musste sich vorsehen.
Wehmütig dachte Matt daran, dass es damals bei seinem Paris-Besuch einen Fahrstuhl gegeben hatte, der die Touristen nach oben getragen hatte wie viel hätte er jetzt für einen funktionstüchtigen Lift gegeben!
Keuchend brachte er das unterste Segment des Turmes hinter sich. Je weiter er kam, desto brüchiger wurden die Tritte. Und schließlich endeten sie ganz. Matt blieb nichts übrig, als zwischen den Stahlträgern und dem Gitter des alten Aufzugschachtes empor zuklettern, immer weiter hinauf…
Vorsichtig blickte er nach oben, sah die riesenhaften Umrisse des Vogels über sich, hörte sein rasselndes Atmen. Wenn das Vieh sich nicht vom Fleck bewegte, musste er die Bombe unter dem Nest platzieren und hoffen, dass ihre Sprengkraft groß genug war, das Wirrwarr aus Holz und vertrocknetem Buschwerk zu durchdringen…
Der Zufall kam ihm zur Hilfe - in Form eines schrillen, langgezogenen Geräuschs, das von der Stirnseite des großen Platzes kam und die Aufmerksamkeit des Vogels zu erregen schien.
Matt blickte hinüber, hob den Feldstecher an die Augen.
Hastig ließ er das Blickfeld über die zerstörten Hausruinen
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