014 - Der Tod über Paris
einstigen Spitze des abgeknickten Turms stammten und nun lose herab hingen.
Er wollte die Bombe im Nest platzieren, ehe der Avtar zurückkehrte. Doch als er plötzlich wieder den rauschenden Flügelschlag hörte, wusste er, dass es verdammt eng werden würde.
Matt drehte den Kopf und sah, dass der Avtar bereits auf dem Rückweg war.
Der Vogel hielt etwas im Schnabel. Etwas, das aussah, wie…
... eine junge Frau!
Felia!
Hastig griff Matt nach seinem Feldstecher, vergewisserte sich, dass er sich nicht irrte. Tatsächlich! Der Monstervogel hatte die junge Frau im Schnabel.
Und Felia lebte; sie schrie wie von Sinnen und wand sich. Wahrscheinlich hatte die Bestie vor, ihr Opfer erst im Nest zu verspeisen.
Matt stieß eine Verwünschung aus. Eine weitere Komplikation! Er konnte nicht einfach die scharf gemachte Bombe zurücklassen, wenn er damit Felia in Gefahr brachte!
Fieberhaft überlegte er, was er tun sollte, während das Monster mit seiner Beute immer näher kam. Und zu allem Überfluss wurde ihm auch noch klar, dass er hier an der Außenseite und dicht unter dem Nest einen prächtigen Snack für den Avtar abgab…!
Aruulas Miene verriet keine Regung, als die Me'ro-Wachen auch sie auf die Opferung vorbereiteten. An der Schlinge, die noch immer um ihren Hals lag, zerrten sie die Barbarin den steilen Schrotthügel hinauf, begleitet vom Geschrei der blutrünstigen Menge.
In Ermangelung des Pfahls, den der Avtar ausgerissen hatte, banden die Wachen das Seil an einem verbogenen Stahlträger fest. Dann nahmen sie Aruula den Umhang ab. Die Kriegerin zeigte auch dann keine Gefühlsäußerung, als die rohen Kerle ihr den Lendenschurz aus Taratzenfell vom Leib rissen.
Unbewegt stand sie auf dem Hügel und schirmte ihren Verstand gegen die zahllosen Stimmen ab, die von allen Seiten auf sie einprasselten und voller Hass und Bosheit waren. Aruula bemühte sich, die Angst, die tief in ihrem Inneren brodelte, nicht, zu zeigen, wollte den Me'ros den Triumph nicht gönnen, sie in die Knie gezwungen zu haben.
Die Wachen zückten ihre Messer und versahen Aruulas Schultern und Brustansatz mit Schnitten. Helles Blut sickerte hervor, rann über ihre Brüste. Die Männer lachten rau. Dann wandten sie sich ab und verließen den Hügel, ließen Aruula allein zurück, die ihrem Ende gefasst entgegen blickte, unbewegt wie eine marmorne Statue.
Dann erklang wieder der schaurige Ruf, mit dem die Me'ros die teuflische Kreatur anlockten.
»Komm schon, Krahac«, sagte Aruula leise.
»Ich bin bereit.«
***
Der Avtar hatte sein Nest erreicht. Sein Schnabel öffnete sich, ließ die Beute fallen. Aus mehreren Metern Höhe stürzte Felia ins Nest der Kreatur, noch immer wie von Sinnen schreiend. Dann, plötzlich, brach ihr Geschrei ab, als sie sich beim Aufschlag den Kopf stieß und das Bewusstsein verlor.
Gut, dachte Matt bitter bei sich. Wenn ich versage, wird sie wenigstens nicht mehr mitbekommen, was mit ihr geschieht…
Den Tornister mit der Bombe noch immer auf dem Rücken, hatte er sich in die Mitte der Verstrebungen gehangelt, weg von der Außenseite, bevor der Avtar ihn entdecken konnte. Dann war er im Schutz der Streben bis dicht unter das Nest geklettert. Von hier aus konnte er die mörderischen Fänge des Echsenvogels sehen, der sich am Rand des Nestes festkrallte und wohl jeden Moment damit beginnen würde, seine Beute in kleine Stücke zu zerteilen.
Matt musste das verhindern! Er fasste sich ein Herz, zückte das Kampfmesser, das in seinem Stiefelschaft steckte, bereit, es tief in eine der schuppigen Klauen der Kreatur zu stoßen. Er wusste nicht, was die Konsequenzen sein würden; aber er war auch nicht bereit, tatenlos zuzusehen, wie die junge Frau bei lebendigem Leib gefressen wurde.
Gerade wollte er zustechen - als plötzlich erneut das Signal erklang, mit dem die Me'ros den Avtar lockten. Der Vogel schrak auf, ließ von seiner Beute ab, blickte zu den Häusern hinüber.
Wieder erklang das Signal, schrill und schaurig. Matts Nackenhaare sträubten sich.
Dann, unerwartet, breitete der Avtar seine Flügel aus und erhob sich erneut in die Luft, schwebte in majestätischem Gleitflug hinab zum Hügel, wo die Me'ros das nächste Opfer vorbereitet hatten. Matts Herzschlag wollte aussetzen, als er im Sucher des Feldstechers Aruula erkannte! Eine Faust aus Eis schien sich um sein Herz zu schließen. Rasch kletterte Matt weiter, erklomm das Nest des Vogels, das, wie er jetzt sah, nicht nur aus Holz und Buschwerk, sondern
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