0141 - Die Hexe vom Schädelfelsen
Beeinflussung nicht aufzuheben. Die Affinität zwischen beiden verhinderte, daß das Amulett gegen irgend etwas aktiv wurde, das eng mit Nicole zusammenhing - wie es auch unmöglich war, Zamorra Schaden zuzufügen. Im Laufe der Zeit hatte sich eine derartig enge Verbindung ergeben, wie man sie sich kaum vorzustellen vermochte.
Zamorra beobachtete seine Sekretärin. Sie benahm sich anders als sonst, reagierte irgendwie langsamer, mußte bei allem, was sie tat, überlegen. Wie eine Schlafwandlerin, überlegte Zamorra.
Und das Ungewöhnlichste an allem war, daß sich diese Beeinflussung am hellen Tage abgespielt hatte! Nichts stimmte mehr. Es konnte doch nicht sein, daß die Kräfte der Hölle bei Tage aktiv wurden. Ihre Domäne war die Dunkelheit, ihre Zeit die Nacht.
Und doch war es hier geschehen…
»Uns ist der Himmel auf den Kopf gefallen«, murmelte Zamorra. Er drückte auf die Ruftaste der Sprechanlage. Überall in den Räumen des Châteaus war jetzt der helle, singende Ton zu vernehmen. Zamorra beugte sich halb über den Schreibtisch vor, näherte seinen Mund den Sprechrillen des Gerätes und verlangte: »Raffael, kommen Sie bitte in mein Arbeitszimmer.«
Dann wartete er. Er war allein in dem Zimmer, das schon mehr der Zentrale eines futuristischen Raumschiffs glich. Allein in den Schreib- und Arbeitstisch des Professors war mehr Elektronik und sonstige arbeitserleichtemde Technik eingebaut als in machen Flugzeugcockpit. Zamorra hatte viel zuwenig Zeit, um seinen theoretischen Arbeiten nachgehen zu können, und auf diese Weise versuchte er, mit dem Einsatz aller möglichen technischen Raffinessen, sich eben diese Arbeit zu vereinfachen, soweit es eben möglich war. Das Neueste vom Neuen war hier installiert. Seine Texte brauchte er nicht mehr mit der Hand zu schreiben. Er diktierte sie auf Band, und dieses Band wurde von einem Computer verschlüsselt und schließlich über den Lochstreifen-Umweg lesbar wieder ausgedruckt. Das hatte eine Menge Geld gekostet, entlastete aber andererseits auch wiederum Nicole, die früher nach Diktat getippt hatte. Sie wurde dadurch für andere Aufgaben frei.
Sein abenteuerliches Leben bedingte dies alles förmlich. Sein Kampf gegen die Schwarze Familie ließ ihm höchstens noch an zwei oder drei Tagen in der Woche Zeit, konzentriert zu arbeiten -durchschnittlich gerechnet. Viel zu oft war er fort, unterwegs, um für das Gute zu kämpfen.
Ein dezentes Klopfen ertönte an der Tür. Zamorra schnipste mit den Fingern, und der Akustikschalter öffnete die Tür automatisch. Raffael Bois, der alte Diener, trat ein.
»Monsieur?«
Zamorra deutete auf den Sessel auf der anderen Seite des Schreibtisches, der eher schon eine Schaltzentrale war. »Raffael, ich habe ein Problem und möchte Sie um Ihre Hilfe bitten.«
»Ich stehe stets zu Ihren Dinesten, Monsieur«, sagte Raffael ruhig. Seine grauen Haare lichteten sich immer stärker; heute fiel es Zamorra erstmals wirklich auf.
»Sie wissen, daß ich heute morgen mit Nicole nach Feurs gefahren bin«, sagte er. Raffael nickte nur.
Zamorra berichtete dem guten Geist des Hauses, was sich abgespielt hatte. Raffael, der das gefährliche Leben seines Chefs kannte, furchte die Stirn. »Bei Tageslicht, das ist böse, sehr böse…«
Zamorra nickte.
»Dennoch werde ich die Hütte und diesen verdammten Schädelfelsen noch einmal genauer untersuchen. Und zwar in den Abendstunden und in der Nacht. Ich weiß, daß es gefährlich ist, aber das Amulett hat mich einmal geschützt, es wird mir auch ein zweites Mal helfen. Und jetzt kommt der springende Punkt.«
Raffael sah seinen Chef an. In seinen Augen glomm es verstehend.
»Ich soll auf Mademoiselle Duval achtgeben, nicht wahr?« fragte er leise.
Zamorra nickte kaum merklich.
»Sie steht im Bann des Bösen, Raffael. Sie ist wie eine Schlafwandlerin… oder wie ein kleines Kind. Ich kann sie nicht mitnehmen, aber ich kann auch nicht hierbleiben. Ich muß herausfinden, was mit dem Felsen los ist. Geben Sie auf Nicole acht, behüten Sie sie, Raffael.«
Der alte Diener nickte. »Ich werde es tun, Monsieur«, erwiderte er ruhig wie immer. Da wußte Zamorra, daß er beruhigt fahren konnte. Auf Raffael konnte er sich verlassen. Der alte Mann war zuverlässig wie kein anderer. Wenn er versprach, sich um Nicole zu kümmern, so war sie in besten Händen.
»Ich danke Ihnen, Raffael«, sagte der Parapsychologe leise. Doch der alte Diener war bereits wieder aus dem Arbeitszimmer verschwunden -
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