0141 - Die Hexe vom Schädelfelsen

einen Schädel erinnerte. Vor seiner Brust hing das Amulett, das kein Zeichen von sich gab. Demzufolge mußte der Felsen magisch tot sein, der am Mittag noch hochaktiv gewesen war -oder das, was sich in ihm befand!
    Der Parapsychologe blieb stehen. Er betrachtete den Felsen eingehend, musterte jeden Zentimeter. Doch es war nichts Ungewöhnliches daran zu erkennen. Ein stinknormaler Felsen einfach.
    Vielleicht aber, dachte er, hatte jener Unheimliche, dessen Magie den Felsen belebt und zu einem Schädel geformt hatte, diesen in der Zwischenzeit verlassen? Hatte er Zamorra erkannt und war geflohen, weil der Meister des Übersinnlichen zu stark war?
    Und vor allem: wer war er?
    Tognien?
    »Chraa«, krächzte etwas hinter Zamorra.
    Der Professor wirbelte herum. Der Rabe! durchfuhr es ihm. Heftiger Flügelschlag ertönte. Zamorras Hand fuhr zum Amulett, in einer gleitenden Bewegung warf er sich zur Seite. Also war der Unheimliche doch nicht geflohen, lauerte trotz allem auf ihn! War er in eine Falle gegangen, deren Köder der Schädelfelsen war?
    Zamorra fühlte, wie der Rabe dicht über seinem Kopf hinwegstrich, ihn nur um Haaresbreite verfehlte. Und schon kehrte er wieder um, noch während der Parapsychologe sich bemühte, am Schräghang das Gleichgewicht wiederzufinden. Er stolperte einen Meter hinab, ehe er sich wieder fing. Und schon griff der Rabe wieder an, ließ sich von dem funkelnden Metall des Amuletts nicht blenden.
    Zamorra stieß die geballten Fäuste nach oben, traf den angreifenden, riesigen Raben voll. Kreischend und flügelschlagend drehte das bösartige Tier zur Seite ab.
    Sekundenlang hatte Zamorra Ruhe.
    Blitzschnell nahm er das Amulett ab, ergriff es an der dünnen Silberkette und ließ es kreisen wie einen Morgenstern. Abermals griff der Rabe an, schwarz, unheimlich und drohend, die Klauen vorgestreckt, die Krallen gespreizt.
    Zamorra nahm mit dem Amulett Maß. Er blieb eiskalt und ruhig. Oft genug hatte er sich schon in schwierigen, gefährlicheren Situationen befunden. Mit diesem Federvieh wurde er gleich ganz schnell fertig!
    Das an der Kette kreisende Amulett traf den angreifenden Raben mit hoher Aufprallgeschwindigkeit. Im ersten Moment glaubte der Professor, es würde ihn einfach zerteilen.
    Doch das geschah nicht!
    Es wurde zurückgeschleudert, die Kette riß schmerzhaft an seiner Hand! Gleichzeitig flammte ein gleißender Lichtblitz auf, in dessen Zentrum sich Amulett und Rabe befanden! Zamorra schloß geblendet die Augen, dennoch vermochte er durch die geschlossenen Lider klar und deutlich zu sehen, was sich in diesen Augenblicken abspielte.
    Es durchfuhr ihn wie ein elektrischer Schlag. Seine Finger öffneten sich, die Kette mit dem Amulett schwirrte irgendwohin. Immer noch strahlte das Amulett. Nadelfeine Energiestrahlen gingen von ihm in alle Richtungen aus, vermittelten den Eindruck eines Sonnensymbols. Zamorra sah wie erstarrt, wie die silberne, strahlende Scheibe den Abhang hinunterrollte, ein paarmal hochgeschleudert wurde und sich immer weiter von ihm entfernte.
    Er selbst war wie gelähmt, konnte sich nur in Zeitlupe bewegen. Viel schneller aber war der Rabe, dessen schwarzes Gefieder an jener Stelle, die vom Amulett berührt worden war, aufflammte und lichterloh brannte. Eine flatternde Fackel bewegte sich auf Zamorra zu.
    »Nein«, murmelte er und hob die Arme zur Abwehr. Langsam, viel zu langsam!
    Der Rabe schmetterte gegen seinen Kopf, brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Zamorra stürzte. Auch langsam! Und im Stürzen sah er die unheimliche Veränderung des Felsens!
    Er war in ein geisterhaftes, kaltes Blaulicht gehüllt, und in diesem blauen Leuchten, das die Abenddämmerung überstrahlte und wie ein Fanal wirkte, veränderte sich seine Form.
    Ein Schädel entstand! Augenhöhlen formten sich, in deren Tiefe es düster aufglomm! Eine schwarze Nasenöffnung, die vorspringenden Wangenknochen, der Unterkiefer, die Zahnreihen…
    Zamorra überschlug sich ein paarmal, rollte weiter hinab, hinter dem Amulett her, dessen Strahlen schwächer wurde. Dabei verspürte er keinen Schmerz. Es war, als seien sämtliche Nervenbahnen lahmgelegt worden. Und er konnte seinen Sturz, sein in die Tiefe rollen nicht abfangen, war in seinen Bewegungen zu langsam.
    Endlich blieb er liegen. An dieser Stelle flachte der Berg etwas ab, schuf einen fast horizontalen Vorsprung. Zamorra lag auf dem Rücken, das Gesicht bergan gerichtet. Dicht neben ihm lag das Amulett, das nur noch schwach glühte, doch er